Silence
Ehrerbietung nehme ich diese junge Werwölfin in meine Familie auf, biete ihr meinen Schutz und meine Fürsorge. Mein Freund Ermano hat auf seiner Reise eine beruhigende Entdeckung gemacht. Die Wölfe sind keineswegs ausgerottet. Wir haben dieses wundervolle Volk also nicht vernichtet, wie wir lange angenommen hatten.«
Während Vinc enzos Ansprache war mir klar geworden, dass seine Bereitschaft, Giovanni und mich zu verheiraten, für ihn nichts weiter als ein politischer Schachzug war. Inwiefern dieser positive oder negative Hintergründe hatte, wusste ich nicht. Aber politisch war ich noch nie bewandert gewesen.
»Wenn du jetzt nicht mehr Giovannis Meister bist, heißt das, du wirst nicht bei uns bleiben? Wir finden sicher auch ein Mädchen für dich. Wir haben doch eine Ewigkeit, um die Welt zu bereisen. Oder wir machen es kurz und holen Kate aus dem Gefängnis«, wandte ich mich an Ermano. Er würde mir fehlen. Es wäre schlimm für mich, wenn es plötzlich nicht mehr heißen würde; wir drei gegen die Wölfe.
»Ich bin Clanoberhaupt und als solches habe ich Pflichten.«
»Oh«, antwortete ich enttäuscht. »Wie groß ist denn dein Clan?«
»Hmm. Lass mich überlegen. Also da wäre Giovanni natürlich und ich … oh und du. Ja, das müssten alle gewesen sein.« Er grinste und hob mich hoch über seinen Kopf, sodass der Stoff meines Rockes sein Gesicht einhüllte.
»Lass mich runter, sonst schreie ich.«
Ermano ließ mich fallen und fing mich auf. Ich landete in seinen Armen und starrte ihn erschrocken an. »Heißt das, du bleibst doch bei uns?«
»Natürlich. Was sollte ich sonst tun? Euch kann man doch nicht unbeaufsichtigt lassen.« Meine Faust landete treffsicher auf seiner harten Brust. Ermano lachte unbeeindruckt von meiner Kraftdemonstration. »Ihr Wölfe seid wirklich nicht die stärksten. Kein Wunder, dass ihr den Krieg verloren habt.«
Er wirbelte mich im Kreis und ich landete weich in den Armen meines Freundes, der mich fest an sich drückte. Mit butterweichen Knien und laut hämmerndem Herzen schmiegte ich mich an ihn. »Habe ich dir schon gesagt, dass ich sehr eifersüchtig sein kann?«, flüsterte er in mein Ohr.
»Du bist eifersüchtig? Ist mir nicht aufgefallen.« Meine Augen verloren sich im tiefen Schwarz seiner Pupillen.
»Oh ja, sehr.«
Ich drückte mich noch fester an ihn. »Dafür gibt es keinen Grund.«
Erschöpft aber glücklich stieg ich wenig später aus der Dusche. Das warme Wasser hatte mich noch schläfriger gemacht. Die Nacht war fast vorbei und draußen dämmerte es schon. Vor einer Stunde hatten wir die letzten Gäste verabschiedet und ich stellte erleichtert fest, dass die Holzpfähle, auf denen die Häuser in Venedig standen, den Besucherandrang überlebt hatten.
Irgendjemand hatte einen Hauch von cremefarbenem Stoff auf mein Bett gelegt, den ich wohl zum Schlafen tragen sollte. Ich betrachtete das Etwas zweifelnd und entschied mich dann für mein T-Shirt, das mir bis knapp unter die Pobacken reichte.
Nervös stand ich in dem kleinen Bad, betrachtete den grünen Marmor an den Wänden und auf dem Boden und wusste nicht, ob ich bereit dafür war, mich Giovanni hinzugeben. Ich wusste nur, dass ich nicht ewig hier drinnen bleiben konnte. Also drehte ich zögernd den Knauf der Tür und schlich auf Zehenspitzen zum Bett.
Meine Zimperlichkeit war ziemlich dumm, denn Giovanni hatte schon die letzte Nacht hier bei mir verbracht – und die davor auch –, aber irgendwie war es jetzt etwas anderes. Ich wusste, dass er irgendwann mehr als nur kuscheln wollte. Und ich wollte es auch. Ich war bereit, aber ich hatte auch angst davor. Meine Erfahrungen mit Jason waren nicht gerade wundervoll gewesen, aber mit Jason war ich auch nicht so weit gegangen.
Mit Giovanni konnte ich es mir vorstellen. Nicht dass Giovanni irgendwelche Andeutungen in dieser Richtung gemacht hatte. Ich hatte heute Abend beschlossen, dass es in dieser Nacht passieren sollte. Ich könnte schon bald sterben, die Wandlung kam näher und näher. Ich konnte spüren, wie das Biest sich in mir regte. Und ich wollte nicht sterben, ohne diese Erfahrung gemacht zu haben. Giovanni war der richtige dafür. Wenn ich mein erstes Mal mit jemanden haben wollte, dann mit ihm, aber ich war schrecklich aufgeregt, schließlich hatte Giovanni mir in der Beziehung einige Jahrhunderte Erfahrung voraus.
Giovanni überbrückte den Abstand zwischen uns und zog mich an sich. Ich legte meinen Kopf auf seine nackte Brust und strich
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