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Silence

Silence

Titel: Silence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Savannah Davis
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möglich verschweigen, was sie sind.
    Warum , fragte ich. Ich wollte es wissen. Wenn ich es endlich hinter mich brachte, würde ich in den schmerzhaften Prozess der Verarbeitung eintreten können und dann hoffentlich bald wieder ein weitestgehend normales Leben führen können.
    Meine Mutter leckte sich über die Unterlippe.
    »Es liegt an ihnen. Sie haben uns fast vollkommen ausgerottet. Wir verstecken uns vor ihnen in abgelegenen Gegenden. Solange die Wandlung noch nicht eingesetzt hat, sind wir Menschen und für sie uninteressant. Nicht jeder Nachkomme trägt das Gen zur Wandlung in sich. Deswegen warten wir, bis die ersten Anzeichen sichtbar sind. Es hätte wenig Sinn, auch die Kinder in die Schulen zu schicken, die das Gen nicht besitzen.« Der Hass, der in ihrer Stimme mitschwang, schwebte fast greifbar in der Luft. Und obwohl diese Emotionen in ihr hoch zu kochen schienen, wirkte sie nach außen immer noch wie eine Statue. »Sie sind schuld, dass nur wenige von uns ihre eigenen Kinder aufwachsen sehen können. Fast alle Nachkommen wachsen bei menschlichen Adoptiveltern auf. Es wäre zu gefährlich, sie bei ihren leiblichen Eltern zu lassen. Jeder von uns, der in eurer Nähe lebt, könnte den Vampiren verraten, was ihr seid. Deswegen leben in jeder unserer Kolonien nur etwa eine Handvoll unserer Art. Das verringert die Chancen der Entdeckung und doch sind wir im Notfall da, um euren menschlichen Eltern zu helfen.«
    Die Liste im Buch, fiel es mir ein. Jeder, der darin stand, war ein … was auch immer – Gestaltwandler.
    Dann geschah etwas Sonderbares. Die Augen meiner Mutter glühten in einem dunklen Gelb. Sie sahen genauso aus, wie meine in dem Bild, welches Michelle mir am Vormittag gezeigt hatte. Drohte ihre künstliche Fassade etwa doch zu bröckeln? Erschrocken wich ich ein Stück vor ihr zurück.
    »Du sprichst von den Vampiren«, sagte ich schwach.
    Mein Feind, hatte Ermano gesagt. Ich wollte die Angst hinunterschlucken. Kämpfte verzweifelt gegen das Gefühl an. Niemals konnten Ermano und Giovanni meine Feinde sein. Das durfte nicht sein. In diesem Moment wäre ich tausendmal lieber bei ihnen gewesen, als hier bei meinen Eltern.
    Mein Vater saß regungslos in seinem Sessel. Seine Augen wechselten von meiner Mutter zu mir und wieder z urück.
    Er kann keine Gedanken lesen? Du hast sie ihm vorhin in den Kopf projiziert.
    Dein Vater ist ein Mensch, aber er lebt nach unseren Regeln.
    Aber du schaltest es an und aus. Wie machst du das?
    Das gehört zu den Dingen, die du auf der Schule lernen wirst.
    Meine Mutter legte eine Hand auf den Unterarm meines Vaters. Er blickte mich mit Tränen in den Augen an.
    »Warum muss ich auf dieses Internat?«, murmelte ich in Richtung Boden. Meinen Vater so gebrochen zu sehen, tat mir weh.
    »All unsere Nachkommen müssen dort hin. Auf den Schulen lernen wir, mit dem zu leben, was wir sind, und die Gefahr, die von uns für andere ausgeht, einzudämmen. Leider ist es so, dass jedes vierte Kind die erste Wandlung nicht überlebt. Ohne das Wissen der Familie nmitglieder, die diese Schulen führen, wäre die Zahl der Toten noch viel höher.«
    »Ihr verheimlicht uns also, was wir sind, bis es nicht länger geht und dann schickt ihr uns fort. Weißt du eigentlich, was ich in den letzten Wochen durchgestanden habe?«, schrie ich sie an und trat wieder ein Stück in den Raum hinein.
    All diese Angst, die Probleme, die Fragen, sie hätten nicht sein müssen, wenn meine Eltern irgendetwas gesagt hätten. Meine Hände und Knie zitterten vor Anspannung und Wut. Ich konnte spüren, wie dieses mächtige Gefühl langsam wieder von mir Besitz ergriff.
    »Warte!«, rief ich, als mir etwas auffiel, in dem, was meine Mutter gerade gesagt hatte. »Sagtest du: jedes vierte Kind?«
    Das hatte ich heute doch schon einmal gehört. Plötzlich fiel mir wieder ein, was Michelles Vater zu seiner Frau gesagt hatte; »Glaubst du, die Kinder könnten eine so unbeschwerte Jugend erleben, wenn sie wüssten, dass jedes Vierte von ihnen schon morgen tot sein könnte?«
    Er hatte das im Zusammenhang mit Kellys Tod gesagt. Ich starrte meine Mutter fassungslos an. Nein. Das konnte nicht wahr sein. Das hatten meine Eltern unmöglich gemacht. »Ihr habt es gewusst«, sagte ich, während in meinem Kopf noch einmal ablief, was Michelle mir heute gezeigt hatte. »Ihr habt es die ganze Zeit gewusst.« Jetzt schrie ich und meine Stimme war nur noch ein lautes Quieken. Mein Körper begann unkontrolliert zu zittern.

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