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Silence

Silence

Titel: Silence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Savannah Davis
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Ich fühlte mich, als würde ich in einen endlosen Strudel gesogen.
    »Beruhige dich. Was haben wir gewusst?«, fragte meine Mutter kühl.
    Vor meinen Augen begann alles zu flimmern und ich spürte deutlich, dass meine Wut den Punkt überschritt, den sie heute bei Michelle erreicht hatte.
    »Ich kann es nicht glauben«, sagte ich tonlos. »Ihr wusstet, dass ich nicht schuld an Kellys Tod bin, und habt nichts gesagt.«
    Ich verlor die Kontrolle. Es war wie ein Reißen in mir drin. Etwas Fremdes übernahm meinen Körper. Eine wütende aggressive Macht. Das Knurren aus meiner Brust nahm ich nur noch verschwommen wahr.
    »Ich weiß, dass das nicht einfach zu verstehen ist. Und ich kann mir vorstellen, was du durchgemacht hast. Besonders hinsichtlich Kellys Tod. Es gab keine Möglichkeit, dir zu sagen, dass sie die Wandlung nicht überlebt hat. Aber niemals hat irgendjemand behauptet, dass du schuld warst.«
    Niemand hat das behauptet? Wo waren meine Eltern im letzten Schuljahr?
    »Du musst dich beruhigen.« Mein Vater sprang vom Sessel auf und schlang die Arme um mich. »Ruhig«, flüsterte er in mein Ohr.
    Ruhig? Wie sollte ich mich wieder beruhigen? Meine Gefühle waren vollkommen außer Kontrolle. Etwas Wildes hatte mein Ich verdrängt und mich übernommen. Es fühlte sich an, als steckte ein Raubtier in mir. Und dieses Raubtier wollte raus. Es wollte zerstören, verletzen. Es wollte töten.

17. Kapitel

    Konzentriere dich auf mich, hallte es in meinem Kopf. Ich bin hier. Hörst du mich? Die Bibliothek begann zu verschwimmen. Und immer mehr und mehr grün und rot tauchte in meinem Kopf auf. Dann stand ich wieder auf der Blumenwiese. Giovannis Blumenwiese. Giovanni stand vor mir, seine Hand strich über meine Wange.
    »Ich bin da, cara mia«, flüsterte er.
    Ich konnte spüren, wie das Tier in mir ruhiger wurde. Wie mein Geist es langsam verdrängte und an die Oberfläche drang.
    Giovanni lächelte mich sanft an. In seinen Augen schwammen Tränen. Ein dicker Kloß versperrte mir die Atemwege.
    »Giovanni«, sagte ich über die Tränen hinweg. »Was tun sie uns an?«
    »Ich weiß. Es ist nicht richtig.«
    »Stephan! Sie hat sich nicht unter Kontrolle.« Die Stimme meiner Mutter durchschnitt die Vision und holte mich ins Hier und Jetzt zurück. Meine Mutter konnte doch noch Gefühle empfinden, denn jetzt zitterte ihre Stimme. »Stephan, bitte.«
    »Sie ist meine Tochter. Ich werde sie nicht im Stich lassen. Ich habe keine Angst vor meinem Kind«, sagte mein Vater aufgebracht, während ich weiter in seinen Armen zitterte.
    Wütend befreite ich mich aus den Armen meines Vaters. Noch viel länger hielt ich es nicht aus, meine Mutter in meiner Nähe zu ertragen. Ich rannte auf mein Zimmer und verschloss die Tür hinter mir. In meinem Kopf wirbelten Bilder und Worte durcheinander. Es war mir unmöglich, einen klaren Gedanken zu fassen. Zitternd und geschwächt ließ ich mich auf den Stuhl vor meinem Schreibtisch fallen. Ich nahm das Foto von Kate und betrachtete es. Kate lächelte mich freundlich wie immer an. Ich wusste nicht, ob ich ihr gegenüber noch freundlich sein konnte. Warum hatte sie mir all das verschwiegen? Sie hätte mir doch vertrauen sollen. Ich war ihre Freundin. Ich legte das Bild zurück und griff nach dem Foto der Frau, das ich aus Mariana Album genommen hatte. Auch diese Fremde lächelte mich an.
    Dieses Lächeln war auch damals auf ihrem Gesicht, als sie unten in der Küche saß, einen Teller mit Nudeln vor sich. Sie schob mir einen Löffel in den Mund und die Tomatensoße tropfte von meinem Kinn auf das geblümte Sommerkleid, das ich trug.
    »Lissianna ist ein schöner Name. Findest du nicht auch?«, hatte sie zu mir gesagt. Sie putzte mir die Soße vom Gesicht und fütterte mich weiter. »Wie geschaffen für so eine kleine Prinzessin.«
    Ich hatte gestrahlt vor Freude. »Bist du auch eine Prinzessin?«
    »Ja, in gewisser Weise bin ich das.«
    Diese Szene war der Auftakt zu meiner Prinzessinnenphase. Damals liebte ich den Namen noch. Irgendwo war diese Erinnerung immer in mir gewesen, doch sie war gut versteckt in einer Ecke meines Gehirns, bis ich sie eines Tages wieder hervor graben würde. Dieser Tag war heute gekommen. Und jetzt wusste ich auch, der Name hinten auf dem Foto, damit war nicht ich gemeint, sondern meine Mutter. Meine leibliche Mutter. Das Ehepaar aus meinen Kindheitserinnerungen war nicht nur königlich behandelt worden, es war königlich. Sie waren meine Eltern. Meine richtigen

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