Silent Control | Thriller
der Londoner City erreichte. Es lag in der Tabernacle Street, ein mächtiger rot geklinkerter Bau im viktorianischen Stil. Die vergitterten Fenster im Sockelgeschoss und die hoch aufragenden weißen Säulen gaben dem Gebäude etwas Wehrhaftes. Davor unterstrich ein Brunnen mit vier Marmorskulpturen den imposanten Eindruck.
Zögernd verharrte Clark vor dem roten Gebäude und schaute auf das Messingschild neben der Eingangstür. Unter dem Schriftzug Tavistock Institute hing ein zweites Schild, das den Sitz der British Psychological Society anzeigte. Noch wusste er nicht, was ihn wirklich erwartete. Das Treffen war angesetzt, um in einem ausgewählten Kreis von Bankern, Managern, Politikern und Lobbyisten Maßnahmen zu erörtern, wie die weltweiten Aufstände eingedämmt werden könnten.
Der CIA-Boss begegnete diesem Kreis mit gemischten Gefühlen. Was an diesem Tag entschieden werden musste, glich einer Operation am offenen Herzen. Es waren keine Präventivmaßnahmen mehr, um die es hier ging, sondern konkrete Gegenschläge. Das barg die Gefahr, übereilt zu agieren. Andererseits war er Kämpfer genug, um die Konsequenzen nicht zu scheuen.
Während er die Treppen zum Konferenzsaal hinaufstieg, musste er in sich hineinlachen. Was hier passierte, war nichts weniger, als dass eine gut abgeschirmte Elite die Hosen runterließ. Der Zirkel, der ihn eingeladen hatte, versammelte ausnahmslos einflussreiche Giganten der Weltwirtschaft, die sonst ein ebenso verborgenes Dasein führten wie die Heerschar von Clarks Agenten. Mit dem Unterschied, dass sie für Clark unberechenbarer waren.
Manchmal beneidete er diese Leute. Er selbst musste sich permanent vor dem Kongress rechtfertigen und kleine Brötchen backen, wenn er etwas durchsetzen wollte. Diese mächtigen Typen hingegen stellten sich weder Reportern noch irgendwelchen Politikern. Hartnäckig schwiegen sie in der Öffentlichkeit, während sie am Fortbestand ihrer Trusts, Corporates und Dynastien arbeiteten.
Die unsichtbare Weltherrschaft der Aktiengesellschaften hatte einen immensen Vorteil, dessen war sich Clark bewusst: Man konnte sie weder verklagen noch ein konkretes Feindbild entwickeln. Einen Index an der Börse konnte man nicht hassen.
Schon hörte er das Stimmengewirr hinter der gepolsterten Tür. Es wirkte so, als sei die Diskussion bereits im vollen Gange. Klar seid ihr aufgescheucht, ihr feinen Pinkel, dachte er grimmig. Bisher hattet ihr ja nichts zu befürchten. Ihr beherrscht die Märkte, die Medien und die Politik. Nur mit den Menschen habt ihr nicht gerechnet.
Einige Sicherheitsleute fingen ihn ab, verlangten seinen Ausweis und durchsuchten ihn sogar nach Waffen, was einigermaßen ungewöhnlich war. Clark ließ es mit stoischer Miene über sich ergehen. Ihn wunderten die strengen Sicherheitsvorkehrungen nicht. Hier galt die höchste Geheimhaltungsstufe. Nur noch ein Bruchteil des erlauchten Kreises zeigte sich bei offiziellen Tagungen, wie dem Weltwirtschaftsforum oder einem G20-Treffen. Das war zu riskant, denn solche Konferenzen lockten mittlerweile Tausende von Gegnern an, die nur darauf warteten, die Gesichter des verhassten Systems zu entlarven.
Bevor er die Tür zum Konferenzsaal durchschritt, griff sich Clark an die Stirn. Die letzten Tage waren nicht spurlos an ihm vorübergegangen. Er, der alte Kämpfer, hatte plötzlich Zweifel, ob es noch Gewinner in diesem Kampf geben würde. Andererseits bot sich ihm keine Alternative. Er wollte dazugehören, ein Teil der elitären Schicht sein, ein Angehöriger dieser privilegierten Machtmenschen.
Clark straffte seine Schultern und ging zielstrebig durch die Tür. Er platzte mitten in eine hitzige Debatte.
Etwa dreißig Männer saßen auf schwarzen Ledersesseln rund um einen ovalen Konferenztisch aus hellem Tropenholz. An der Längswand standen ein Buffet sowie Getränke bereit, von der Decke hing ein Beamer, der sich auf eine Leinwand an der Stirnwand des Raums richtete. Ein klassischer Konferenzraum, kühl und sachlich.
Am unteren Ende des Tisches stand ein Mann mit markanten Gesichtszügen. Er trug einen grauen Flanellanzug und eine rote Seidenkrawatte. Das Gesicht unter dem grau melierten Haar war gerötet. Mit beiden Fäusten stützte er sich auf der Tischplatte ab, während er in höchster Erregung zu den Anwesenden sprach.
»Verdammt, es war euer Job, zu verhindern, dass wir nicht noch einmal in eine solche Lage kommen. Ihr habt euch nicht abgesichert und schlicht verspekuliert. Den Kollaps
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