Silent Control | Thriller
kenne ich jemanden, der uns vielleicht weiterhelfen kann. Ich war mit Torben vor drei Jahren zu Besuch bei ihm. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Torben mit seinem Programm irgendwelche Strategien der CIA oder des Pentagons durchkreuzt hat. Das ist ganz großes Kino, verstehst du? Nicht ein kleiner Hack, sondern Sabotage auf höchster Ebene! Ich muss sofort zu einer Telefonzelle.«
Er sprang auf, doch Nova hielt ihn am Arm fest.
»Moment, Moment, ich verstehe gar nichts. Was hat dieser Typ, dieser Lippmann, mit dem Pentagon zu tun?«
Ungeduldig befreite Kilian seinen Arm. »Okay, die Kurzfassung. Lippmann hat in seinen inoffiziellen Memoiren geschrieben, dass die Manipulation der Massen in einer demokratischen Gesellschaft legitim sei. Auch in einem freiheitlichen Staat habe die Freiheit demnach Grenzen, damit nichts aus dem Ruder läuft. Das alles hat Torben in einem Seminar bei Peter Norris in Hamburg erfahren.«
»Ja, und?«, fragte Nova wenig beeindruckt. »Ist doch alles nur graue Theorie.«
»Aber nur so lange, wie keiner auf die Idee kommt, diese Theorie anzuwenden. Schon vergessen? Occupy? Anonymous? Für die Mächtigen geht es jetzt um alles. Lippmann ist der ideale Stichwortgeber. Torben hat immer wieder einen Schlüsselsatz zitiert: ›Wir müssen die Ignoranz und Dummheit der Massen erkennen und dürfen nicht demokratischen Dogmatismen erliegen.‹«
»Komm auf den Punkt«, sagte Nova fordernd.
»Du kennst doch Torben. Der wittert immer irgendeine Verschwörung. Na, und dann hat er wohl eins und eins zusammengezählt. Lippmanns radikale Vision für die Manipulation der öffentlichen Meinung ist heute besser machbar denn je. Wenn du das Internet kontrollierst und nur noch manipulierte Informationen in Umlauf setzt, hast du faktisch die Macht. Ich fand das immer lächerlich, aber Torben war wie besessen davon.«
»Stimmt«, sagte Nova leise.
»Für Ideologen, die so denken wie Lippmann, ist das Internet die Büchse der Pandora. Wer weiß, vielleicht hat Torben sie geöffnet und sitzt nun zwischen den Fronten. Den Rest kennt man ja.«
Nova wurde blass. »Wer die Büchse der Pandora öffnet, bezahlt mit seinem Leben.«
Ohne weitere Erklärung ging sie zu einem mit Messingbeschlägen verzierten Eichenschrank. Darin lagerten immer ein paar Klamotten, damit sie sich im Winter nach dem Langlauf umziehen konnte. Sie holte einige Kleidungsstücke heraus und zog eine dunkle Ledertasche unter dem Schrank hervor. Dann warf sie alles wild durcheinander hinein.
Kilian hatte ihr stumm zugesehen.
»Heißt das, du kommst mit?«
Sie hielt inne. »Denkst du etwa, ich sitze hier vor dem Kamin rum, während Torben irgendwo in Amerika festgehalten wird?«
Aus ihrer Jackentasche holte sie ihr altes Handy. Ein mittelalterlicher Knochen, wie Kilian immer lästerte, aber es funktionierte, konnte Mails senden und empfangen, war aber nicht so leicht zu orten wie Geräte der neuen Generation.
»So, fertig! Können wir?«
Kilian spürte, wie aufgewühlt sie war.
»Liebst du ihn?«
Sie ließ die Tasche fallen. »Was?«
»Du und Torben, warum seid ihr eigentlich nie ein Paar geworden?«
Nova schien peinlich berührt zu sein und wich seinem Blick aus.
»Es gibt viele Formen von Liebe«, murmelte sie fast unhörbar. »Sicher liebe ich ihn, aber vielleicht nicht so, wie du denkst.«
»Tut mir leid, ich wollte dir nicht zu nahe treten.«
Nova griff nach der Tasche und ging auf den Flur. Ein letztes Mal betrachtete Kilian den Raum, in dem sie so oft zu dritt gesessen und diskutiert hatten. Es schien Jahrzehnte her zu sein. Er schwor sich, dass er Torben hierher zurückbringen würde. Koste es, was es wolle.
Nova steckte gerade den Schlüssel in die Haustür, als er zu ihr ging.
»Und wie hast du dir das genau gedacht?«, fragte sie. »Einfach so ab nach Amerika?«
Galant nahm Kilian ihr die Tasche ab. »Ich werde den Piloten meines Vaters um Hilfe bitten.«
Nova verzog den Mund. »Wie es aussieht, stehen wir doch längst auf irgendwelchen schwarzen Listen. Was ist mit der Passkontrolle?«
»Wird es nicht geben. Mein Vater genießt Diplomatenstatus. Wir werden auf einer separaten Rollbahn für Privatjets landen und ohne Kontrolle einreisen.«
Leise pfiff Nova durch die Zähne. »So läuft das also bei den Reichen und Schönen.«
»Reich – ja, schön – lassen wir das«, grinste Kilian.
Auch Nova grinste, doch dann wurde sie wieder ernst. »Du bist fest entschlossen?«
»Ich würde es mir niemals verzeihen,
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