Silent Control | Thriller
dieses Chaos? Konnte es sein, dass die CIA es geknackt hatte und Teile sogar dafür verwendete, das Netz zu zensieren? Nein! Unmöglich. Da war er sich sicher!
Missmutig stand Jackson auf, ging zu einem verbeulten Kühlschrank und holte zwei Bierdosen heraus. Er öffnete sie und hielt Torben eine hin. Chui bediente sich selbst. Er schien hier wie zu Hause zu sein.
»Wie kommst du darauf, dass die mit meinem Programm arbeiten?«, fragte Torben vorsichtig.
Jackson setzte die Bierdose ab. »Sobald bestimmte Schlüsselsätze, also nicht nur einzelne Wörter vorkommen, ist Schluss mit lustig. Wir haben rausgefunden, dass es auch nur bestimmte Rechner betrifft. Man kann also nicht von totaler Zensur sprechen, aber es ist zu dem Zeitpunkt losgegangen, als du deinen Wurm abgesetzt hast.«
Torben trat wütend ein paar Kabel beiseite, die den Boden bedeckten.
»Jetzt reicht’s mir! Ihr seid ja alle paranoid, Anonymous, die CIA, einfach alle. Das Programm dient der Transparenz, du Irrer. Es kann unmöglich zur Spionage verwendet werden. Ich bin nicht hier, um mich anpöbeln zu lassen. Ich will nur wissen, wie ich sicher nach Washington komme. Meine Nerven liegen blank, okay?«
Jackson drehte sich zu Chui um und hob gleichgültig die Schultern. Dann wandte er sich wieder Torben zu.
»Weißt du, was merkwürdig ist? Sie sabotieren längst nicht alle kritischen Sites.«
Torben verdrehte die Augen. »Das ist doch klar. Würden sie das tun, und das auch noch global, würde es zu einem weltweiten Aufschrei kommen. Das, was du hier erlebst, ist bestenfalls ein Test für das, was dem Netz noch bevorsteht. Mein Programm wird zeigen, wer das gerade zensiert hat, sofern es denn überhaupt noch startet!«
Er drängte Jackson zur Seite und setzte sich an den Rechner. Chui war aufgestanden und stellte sich neben Jackson, der erregt sein grünes Haar verzwirbelte. Mit rasanter Geschwindigkeit öffnete Torben ein Hackertool von Anonymous.
»Hey, was machst du?«, protestierte Jackson. »Ich will hier keine Bullen anlocken!«
»Lass dich überraschen.« Er tippte unbeirrt weiter.
Chui hechtete an Jackson vorbei und entriss Torben die Tastatur. »Ist saugefährlich. Wir machen das besser mobil, im Auto.« Jackson nickte und klemmte sich einen Laptop unter den Arm.
»Wir machen eine Spritztour nach Washington. Wir sind an etwas dran, was extrem wichtig für uns alle ist. Regierungsdokumente, du weißt schon. Aber dazu müssen wir sicher sein, dass uns dein Programm nicht verrät. Wenn du es eliminiert
hast, setzen wir dich sicher vor der schwedischen Botschaft ab, ist das ein Deal?«
Das war ein Deal, wenn auch ein zweifelhafter. Er hatte etwas Luft zum Durchatmen bekommen. Wie paralysiert war er von dem Gedanken gewesen, dass er nur noch die Wahl zwischen einem Gefängnis in Schweden und der Hinrichtung in den Staaten hatte. Er stand zwischen zwei Fronten, die unbedingt den digitalen Krieg führen wollten. Immer deutlicher zeichnete sich Torbens Situation ab. Seine Bemühung, den Cyberwar zu beenden, hatte vielleicht genau das Gegenteil bewirkt. Es war, als würde sich jetzt der ganze Wahnsinn auf seine Person fixieren. Er hatte nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Wie ein verdammter Gutmensch hatte er alles erdacht und angepackt. Für ihn blieb nur diese kleine Hoffnung, jetzt fliehen zu können. Wenn auch sein Verstand ihm sagte, dass diese beiden Freaks sehr wahrscheinlich im Gefängnis landen würden oder gar auf dem elektrischen Stuhl.
Jetzt spürte er, wie angespannt er war. Seine Glieder schmerzten ihm wie bei einer schweren Grippe.
»Mann, Alter, du bist ja voll durch den Wind.« Jackson hielt Torben ein halb vertrocknetes Muffin hin, das neben dem Rechner gelegen hatte. »Bestimmt Unterzuckerung.«
Torben stopfte sich den Muffin in den Mund. Wahrscheinlich war er wirklich unterzuckert. Die letzte Mahlzeit war lange her.
Jackson sah ihm grinsend zu, dann fuhr er den Rechner herunter. »Nichts wie weg hier!«
Draußen vor der Tür war es stockdunkel. Die Straße war menschenleer, bis auf einen alten Mann, der mit seinem struppigen Hund den Gehsteig entlangschlurfte. Torben setzte sich auf den Rücksitz des Cadillacs, öffnete den Laptop und regulierte die Helligkeit des Bildschirms auf ein Minimum.
In mäßigem Tempo fuhr Chui los. Nur vereinzelt sah man noch Lichter in den Fenstern, so weit nach Mitternacht war hier kaum noch eine Seele wach. Jackson hatte sich zu Torben gesetzt und legte seine Hand auf die
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