Silent Control | Thriller
Eliten hegten seit jeher den Traum, den menschlichen Geist zu beherrschen. Dass sie das bereits mit aller Gewalt tun, siehst du ja an der Konzentration gewinnorientierter Medien. Vor vierzig Jahren gab es zweihundertfünfzig verschiedene Verlage und Medienkonzerne in unserem Land. Heute sind es gerade mal eine Hand voll. Praktisch halten sie das Monopol der öffentlichen Meinung.«
Die junge Frau servierte den Kaffee. Smiths’ Hände zitterten deutlich stärker, als er die Tasse zum Mund führte.
»Bringen Sie mir auch noch einen doppelten Whisky.«
»Muss das sein?«, fragte Kilian. Er nestelte am Kragen seines Polohemds herum.
»Ja, muss es«, insistierte sein alter Freund. »So, weiter im Text. Das alleine dürfte bestimmten Interessengruppen nicht gereicht haben, und hier kommt das Tavistock Institute in London ins Spiel. Von dem Laden gingen schon einige Strategien zur Manipulation der öffentlichen Meinung aus. Sie wurden von der Mehrheit unserer intellektuellen Eliten dankbar übernommen. Dazu gehörte die Taktik, Probleme in den Nachrichten immer so zu gestalten, als könnten nur bestimmte Politiker sie lösen. Das Ziel ist es, Angst zu erzeugen, eine ständige Schockstarre. Das ist bis heute die wichtigste Aufgabe der Medien.«
In Kilians Kopf flammte ein migräneartiger Schmerz auf. »Du meinst die sogenannte Konsensfabrik? Torben hat sich da ziemlich reingesteigert …«
»Ja, genau. Das Geschäft mit der Manipulation der Meinung beherrschen die Machthaber schon lange.« Smith wurde lebhafter. »Viel wichtiger – oder sagen wir: effektiver – ist es jedoch, wenn du gleich die Führer beeinflussen kannst. Deshalb wurden Filterstrukturen geschaffen, um ausschließlich loyales Personal an die politische Macht zu bringen. Gekaufte Politiker, um genau zu sein. Gezielte Wahlkampfspenden, frisierte Meinungsumfragen und inszenierte Skandale taten ihr Übriges.«
Kilian rieb sich seinen hämmernden Kopf. Das waren Erklärungen, die er bisher als weltfremde Gerüchte abgetan hatte. Aus dem Mund von Smith klangen sie alles andere als weltfremd, eher beängstigend real.
Gierig nahm sich der alte Journalist das Glas, das die Barfrau vor ihm hingestellt hatte. Bevor er weitersprach, trank er einen Schluck. »Schaffst du es, die Führer zu lenken, und zwar mit oder ohne ihre bewusste Kooperation, beeinflusst du automatisch die Gruppe, die sie führen. So die Theorie.« Wieder nahm er einen Schluck. »Ah, tut das gut.« Er schüttelte sich wie ein nasser Hund. »Kurz: Die Wähler werden mit Angst regiert. Resignation ist eine tolle Waffe, um Menschen zu führen. Man darf es nur nicht übertreiben, wie die Finanzkrise gezeigt hat. So, und nun ist dein Internet dran.«
Kilian verstand den Zusammenhang sofort. »Klar, ein unzensiertes Internet ist gleichbedeutend mit unabhängiger Meinungsbildung – Einsturzgefahr fürs alte System …«
Betroffen hielt er inne. Als hätte sich ein Nebel in seinem Hirn gelichtet, begriff er jetzt, dass Torben mit seinem Programm wohl die Strategie der Geheimdienste und ihrer Auftraggeber durchkreuzte. Und sich damit ebenso mächtige wie gefährliche Gegner eingehandelt hatte.
Smith registrierte, wie blass Kilian geworden war. »Dein Freund ist in großer Gefahr, mein Junge. Das fürchte ich jedenfalls.«
Kilian spürte, wie seine Schuldgefühle ihn überwältigten. Sein Puls beschleunigte sich. Am liebsten hätte er sich selbst geohrfeigt. In den Nachrichten hatte er erfahren, dass jeder Hacker von nun an als Terrorist galt. Und er hatte Torben seinen schlimmsten Feinden ausgeliefert.
Rogan Smith trank seinen Whisky aus und wischte sich über den Mund. »Gutes Zeug. Also, was hat dein Freund eigentlich genau angestellt?«
»Er hat ein hocheffektives Sabotageprogramm ins Netz gesetzt. Außerdem hat er sich wegen Norris in die CIA gehackt, um rauszubekommen, wie die Zensur im Internet umgesetzt werden soll.«
Smith hob zwei Finger seiner rechten Hand, um seinen Wunsch nach zwei weiteren Drinks zu signalisieren. Es war ihm anzusehen, wie sehr ihn dieses Gespräch anstrengte. Er hatte wohl schon vorher einige Gläser gekippt. Doch Kilian ließ nicht locker. Er ahnte, dass dies vielleicht die letzte Gelegenheit war, mit dem ausgebrannten Mann zu reden.
»Jetzt nicht schwächeln, Rogan. Was wird passieren?«
Rogan Smith riss sich zusammen.
»Jeder weitere Versuch, die Realität umzudeuten, vergrößert den Widerstand der Menschen. Bis sich der Druck so gewaltig entlädt,
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