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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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er kurz nach und nickte. Und zuckte wieder mit den Schultern. Und schüttelte den Kopf.
    Silenus stierte ihn unheilvoll an. »Eine sehr eindeutige Antwort. Wie es scheint, hast du gerade die ganze Skala der möglichen Ausdrucksformen abgedeckt. Aber das bringt mich zu dem verzwicktesten Problem von allen.«
    »Und was ist das?«, fragte George.
    Silenus streckte einen Finger aus und zeigte auf ihn. »Du«, sagte er.
    »Ich?«
    »Ja, du.«
    »Warum bin ich verzwickt?«, fragte George.
    »Komm schon, Junge, du bist doch nicht dumm. Du kannst zwei und zwei zusammenzählen. Du hast die Bilder gesehen und die Geschichte gehört. Inzwischen muss dir doch aufgegangen sein, was in dir ist.«
    »In mir?«, fragte George. Die Luft schien wieder so kalt zu sein wie auf den Klippen. »W-was meinen Sie damit?«
    »Wir haben dir erzählt, dass wir Teile der Weise gefunden haben – an tiefen Orten, in Eis gefroren, unter Bergen oder im Inneren uralter Hügel – hört sich das für dich nicht irgendwie vertraut an?«
    Tatsächlich hatte es das bis zu diesem Moment nicht getan. George war von all diesen Neuigkeiten so überwältigt gewesen, dass er sich bisher nicht hatte vorstellen können, diese Geschichte und die bewegten Bilder könnten irgendetwas mit ihm zu tun haben. Als ihm aber bewusst wurde, worauf Silenus anspielte, huschten seine Hände zu seinem Bauch, ganz so, als könnte er die Ecken von etwas in seinem Inneren spüren, das sich durch seine Haut drückte.
    »Wir haben Mittel, um die Fragmente der Ersten Weise aufzuspüren«, sagte Silenus. »Die Fragmente weiten die Welt um sich herum gewissermaßen auf, und wir haben eine Möglichkeit gefunden, diesen Effekt zu erkennen. Du hattest recht: Wir waren schon einmal vor unserem letzten Besuch in deiner Heimatstadt, denn unsere Hilfsmittel haben uns verraten, dass es in der Gegend ein extrem beachtliches Stück der Weise geben muss. Als wir das erste Mal dort waren, wurden wir von den Wölfen überrascht und mussten aufgeben. Aber als wir endlich zurückkamen, um es zu holen – das war Jahre später, ist aber erst ungefähr ein halbes Jahr her –, mussten wir feststellen, dass es fort war. Jemand war vorbeigekommen und hatte es einfach mitgenommen.« Er schenkte sich die letzten Tropfen Wein ein. »Wie es scheint, warst du dieser Jemand.«
    »Ich?«, fragte George wieder, und seine Stimme klang unendlich schwach.
    »Ja«, sagte Silenus. »Hast du dich nie gefragt, wie du am Klavier so gut werden konntest, George? Noch dazu, ohne dass es dir jemand beigebracht hat? Oder wieso du Zeuge der Wirkung der Ersten Weise werden und dabei wach bleiben kannst? Oder warum gerade du so empfindlich auf die Wölfe reagierst und hörst, wenn sie die Welt aller Laute berauben, obwohl niemand außer dir etwas davon merkt?«
    George presste nur weiter die Hände auf den Bauch, antwortete aber nicht.
    »Ja«, fuhr Silenus fort. »Es scheint, als wäre dieses Fragment noch größer und machtvoller, als wir ursprünglich dachten. Tatsächlich«, sagte er, lehnte sich mit schweren Lidern auf seinem Stuhl zurück und balancierte das Weinglas auf seinem Bauch, »sieht es so aus, als wäre dies das größte Fragment, das mir je begegnet ist. Ein Fragment, so groß wie das, das sie in der ersten Zeit gefunden haben.«
    »Aber ich wollte nicht … ich wollte nicht …«
    »Du wolltest es nicht«, erwiderte Silenus. »Ja, das ist mir klar. Aber nun ist es in dir. Vielleicht hat es dich erwählt. So etwas kommt vor. Bestimmte Teile der Weise agieren anders als andere, weil, nun ja, weil sie anders sind . Darum kannst du die Wölfe hören, ein Effekt, den ich noch nie vorher erlebt habe. Aber das ist eigentlich nicht so wichtig.« Er griff zu einem langen, schmalen Messer, das auf seinem Schreibtisch lag. »Es ist in dir, und es ist wertvoll, und manche Leute – ich eingeschlossen – sehnen sich zutiefst danach, es in ihren Besitz zu bringen.«
    George hatte das Gefühl, krank zu sein, und überlegte fieberhaft, ob er so vielleicht das Ding abschütteln konnte, das in ihm verborgen war. Er würgte, warf sich nach vorn, doch noch ehe er einen Gedanken fassen konnte, richtete Silenus sich auf und rammte das Heft des Messers auf die Tischoberfläche. George erschrak so sehr, dass er ganz vergaß, wie schlecht er sich fühlte.
    »Du allerdings hast das unfassbare Glück, dass ich Gelegenheit hatte, dich kennenzulernen, ehe ich erfahren habe, was in dir steckt«, sagte Silenus. »Hätte ich das

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