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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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immer noch ein paar Angehörige, aber das ist verdammt weit entfernte Verwandtschaft.«
    George antwortete nicht. Er senkte den Kopf und stellte langsam die Teetasse neben seinem Stuhl ab. Silenus zählte noch eine Weile Verwandte auf, ohne tatsächlich mit einer Antwort zu rechnen, bis er endlich aufblickte und Georges Miene bemerkte.
    »Was bedrückt dich, Junge?«, fragte er.
    George blinzelte und setzte sich etwas aufrechter auf seinen Stuhl. Er empfand einen wilden Zorn, der irgendwo in seinem Inneren grollte, und ihm wurde klar, dass der Grund, warum er es so lange hinausgezögert hatte, Silenus zu erklären, wer er war, nicht Furcht war, sondern die Tatsache, dass er ihm böse war. Er war wütend, weil er diesen weiten Weg gekommen war, um dann doch nicht mehr zu sein als eine Störung im Leben dieses Mannes. Die ganze Zeit hatte er nach einem Grund gesucht, ihm zu vergeben, doch bis jetzt hatte er keinen finden können.
    »Wenn du was zu sagen hast, dann sprich«, forderte Silenus ihn auf. »Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.«
    »Sie erinnern sich wirklich nicht«, stieß George hervor. »Sie erinnern sich an überhaupt nichts, oder?«
    »Erinnern?«, fragte Silenus. »Wovon zum Teufel redest du?«
    »Ihr Name war Alice Carole«, brachte George mit zusammengebissenen Zähnen hervor. »Kommt Ihnen das irgendwie bekannt vor?«
    Stanley richtete sich auf seinem Platz am Erkerfenster auf und blickte verwirrt zwischen Silenus und George hin und her. »Nein«, gab Silenus zurück. »Nein, das tut es nicht. Und sei doch so nett und liefere mir erst ein paar Informationen, ehe du mir gegenüber so einen beschissenen Ton anschlägst.«
    »Sie war meine Mutter. Sie war achtzehn Jahre alt, als sie Sie kennengelernt hat, damals, als Sie das erste Mal in Rinton waren, woran Sie sich offenbar wegen der Weise erinnern, nicht aber wegen ihr«, klärte George ihn auf. »Sie hat Ihre Vorstellung gesehen, und sie ist dem wie auch immer gearteten Zauber, den Sie dabei verbreiten, verfallen. Und dann hat sie angefangen zu verschwinden. Ist davongelaufen, um Sie zu treffen, Harry. Jede Nacht. Ich weiß es. Meine Großmutter hat mir alles darüber erzählt. Und als Sie mit ihr fertig waren, haben Sie sie einfach zurückgelassen und vergessen. Sie haben nie wieder einen Gedanken an sie verschwendet, nicht wahr? Nicht wahr?«
    Silenus antwortete nicht, und seine Miene war vollkommen ruhig und undurchschaubar.
    »Sie haben all diese Nachforschungen angestellt, ohne ein einziges Mal an sie zu denken«, sagte George. »Nicht ein Gedanke an meine Mutter, die gestorben ist, als sie mich bekam. Nicht ein Gedanke an Rinton und das, was Sie dort zurückgelassen haben. Ich schätze, sie hat sich Ihnen wohl nicht so eingeprägt. Manchmal wünschte ich, ich hätte nie versucht, Sie aufzuspüren. Ich wünschte, ich hätte Sie nie wegen des Hotels gewarnt. Ich weiß nicht, was ich mir davon versprochen habe, Sie zu finden, aber das war es nicht. Das war es ganz und gar nicht.«
    Nun endlich, so dachte George, musste Silenus zusammenbrechen. Die Offenbarung, dass er einen unbekannten Sohn hatte, reichte bestimmt, um jeden Mann zu erschüttern, und George freute sich schon auf die Reaktion. Aber Silenus wirkte keineswegs erschüttert; er starrte George nur mit einem starren Ausdruck unerfreuten Erstaunens an. Dann knurrte er leise: »Raus.«
    »Was?«, fragte George.
    »Ich sagte: Raus«, wiederholte Silenus, stand auf, durchquerte den Raum und packte George am Oberarm. »Ich will, dass du dieses Büro verlässt. Raus. Sofort!« Er zog George hoch, zerrte ihn zur Tür, beförderte ihn gewaltsam hinaus und schloss die Tür mit einem Knall.
    George saß in dem dunklen Korridor auf dem Boden und war vollkommen perplex. Mit dieser Reaktion hatte er ganz und gar nicht gerechnet.
    Die Tür flog noch einmal auf. Silenus stand auf der Schwelle und starrte finster zu ihm herab. »Und denk nicht einmal daran, abzuhauen! Hast du mich verstanden?«
    »Ich habe verstanden«, stammelte George.
    »Gut!« Dann knallte er die Tür wieder zu.
    Eine ganze Weile blieb George einfach auf dem Boden hocken. Mehrere Leute aus nahe gelegenen Hotelzimmern steckten ihre Köpfe zur Tür heraus, um nachzusehen, was all die Aufregung zu bedeuten hatte. Die meisten schauten George recht schräg an, stuften ihn offenbar als trunkenen Halbwüchsigen ein und kehrten in ihre Zimmer zurück. Bis auf eine Person, die stattdessen über den Korridor auf ihn zukam. Als sie den

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