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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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Lichtkegel einer Lampe passierte, sah George, dass es Colette war.
    Er wartete nicht auf sie. Er stand auf und ging zu seinem Zimmer. Dort zog er seinen Koffer hervor, klappte ihn auf und fing an, seine Kleidung hineinzuwerfen.
    Gleich darauf hörte er sie an der Zimmertür. »George?«, sagte sie. »Was machst du da?«
    »Wonach sieht es denn aus?«, gab er zurück. »Ich packe.«
    »Du packst? Was denn, willst du uns verlassen?«
    »Ja. Ja, Colette, ich will euch verlassen. Ich verlasse euch genau jetzt.«
    »Aber warum?«
    »Weil«, sagte er, während er einen seiner vielen Mäntel in den Koffer stopfte, »es nichts gibt, was mich hier noch halten könnte. Weil diese ganze Geschichte sich zu einer weiteren Enttäuschung entwickelt hat. Eine Enttäuschung folgt auf die andere, nicht wahr? Nur ist diese auch noch mit erheblich mehr Gefahr verbunden als all die anderen.«
    »Was ist so enttäuschend?«, fragte sie.
    »Suchen Sie sich doch etwas aus!«, brüllte er. »Irgendetwas! Ich meine, ich … ich verdiene wenigstens ein bisschen Respekt, oder nicht? Nur ein kleines bisschen. Ganz gleich, was ich bin oder was ich trage. Ich meine, würde es ihn denn umbringen, mir ein klein wenig entgegenzukommen?«
    »Aha«, entgegnete sie. »Du sprichst von Harry.«
    »Ja, ich spreche von Harry. Genau das ist es, worüber ich … Scheiße auch … spreche.« Er lachte irrsinnig. Zwar hatten die Monate beim Vaudeville seinen Wortschatz vergrößert, doch machte es ihm seine Erziehung nach wie vor schwer, einen der neu erlernten Kraftausdrücke zu benutzen.
    »Hör zu, George«, sagte sie. »Harry ist oft ziemlich ruppig, das musst du mir nicht sagen. Ich weiß das vermutlich besser als jeder andere. Aber das bedeutet nicht, dass du nicht auf ihn hören solltest.«
    George lachte dumpf und fing an, seine Socken einzusammeln.
    »Für alles, was er tut, gibt es gewöhnlich einen Grund«, fuhr sie fort. »Und er hat dich gebeten zu bleiben. Das zumindest habe ich gehört. Also denke ich, du solltest dir erst anhören, was er zu sagen hat, ehe du etwas Unbesonnenes tust.«
    »Ich glaube, ich habe ihn lange genug angehört.«
    »Aber es würde dir nicht schaden, noch etwas mehr hinzuhören.«
    Wütend wirbelte George herum, bereit, ihr seinen leidenschaftlichen Zorn zu präsentieren. Doch bisher hatte er es vermieden, Colette anzusehen; nun, da er es tat, verschlug ihm der Anblick der Frau, die in ihrem Nachthemd in seinem Zimmer stand (und deren glänzende Schultern entblößt waren), die Sprache.
    »Ja?«, sagte sie.
    Er nahm sich zusammen. »Ich muss nicht hier sein. Nicht, wo selbst ich in so großer Gefahr bin.«
    Colette seufzte. »Er hat dir die Bildvorführung gezeigt, richtig?«
    »Ja.«
    »Das gibt nicht genau wieder, wie diese Truppe ist, George. Es ist beeindruckend und beängstigend, sicher, aber unser Alltag ist nicht halb so gefährlich.«
    »Das ist mir gleich. Ich könnte … ich könnte anderswo hundert die Woche einstreichen. Mehr sogar. Im Circuit oder in einem seriösen Haus«, sagte er. »Ich könnte einfach abhauen, nicht wahr? Ich meine, was sollte mich hindern?«
    »Fragst du mich gerade, ob du gut bist, George?«
    Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, wurde ihm klar, dass es genau das war, was er wissen wollte, und dass dieser Wunsch fürchterlich trivial war. »Na ja, ich schätze schon«, gestand er.
    »Du bist gut, George«, sagte sie. »Du bist ein sehr guter Pianist. Vermutlich der beste, mit dem ich je zusammengearbeitet habe.«
    »Wirklich?«
    »Wirklich. Und wir sind besser geworden, weil du bei uns bist. Und Harry weiß das. Er weiß, dass du etwas Kostbares zu geben hast. Anderenfalls hätte er dich nicht gebeten zu bleiben.«
    »Aber es gibt auf der ganzen Welt nichts Entmutigenderes als den Umgang mit ihm! Alles wird hinausgezögert, alles ist geheim, und man bekommt rein gar nichts von ihm. Ich habe schon so lange nichts von ihm bekommen! Ich will doch nur ein kleines bisschen . Wissen Sie, wie das ist, wenn man so wenig hat?«
    »Ja«, antwortete Colette leise. »Ich weiß, wie das ist.«
     George wusste nicht, was er sagen sollte. Etwas an der Art, wie sie die Worte ausgesprochen hatte, deutete an, dass sie dieses Gefühl viel besser kannte als er.
    »Was hat er eigentlich angestellt, dass du so wütend bist?«, fragte sie. »Ich meine, die Bildvorführung ist schon ganz ordentlich, aber so schlimm nun auch nicht. Was hat er zu dir gesagt?«
    »Oh«, stotterte George. »Ich … ich

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