Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
Vom Netzwerk:
durch sein Pianospiel zu beeindrucken? Wie sehr er auch von sich überzeugt sein mochte, ihm war wieder mulmig und beinahe übel.
    Dann, das zweite Mal in dieser Nacht, blieb er wie angewurzelt stehen. Sein Blick richtete sich starr auf das Hotel, während all die Aufregung ihn plötzlich verließ.
    George legte den Kopf schief, lauschte und hielt eine Hand wie einen Trichter an sein Ohr. Während er lauschte, erblühte tiefe Furcht in seinem Inneren. »Nein«, flüsterte er vor sich hin. »Nein, nein, nein. Das ist nicht möglich. Nicht hier.«
    Er ging auf der Straße ein wenig zurück und lauschte erneut. Dann tat er ein paar langsame Schritte voran. Die ganze Zeit hatte er den Kopf in Richtung Hotel geneigt. Schließlich blieb er mitten auf der Straße stehen, sah sich um und schüttelte den Kopf.
    Irgendwo vor ihm verstummten sämtliche Geräusche. Jeder Laut erstarb, bis er nur noch ein hohles Echo seiner selbst war, und auch die Farben jenseits dieses Punktes wirkten trist und gedämpft, als wäre das Licht aus ihnen herausgesogen worden. George musterte die anderen Leute auf der Straße. Sie schienen von alldem nichts zu bemerken, doch wenn sie sich dem Hotel näherten, wickelten sie sich fester in ihre Mäntel, so als umfinge sie eine bittere Kälte.
    Auch dieses Gefühl war George vertraut. Aber er fürchtete es weit mehr als die surreale Finsternis überall in Parma. Denn es konnte nur eines bedeuten: Er war nicht der Einzige, der Silenus hierher gefolgt war.
    George näherte sich dem Ende der Straße, und die wunderliche Stille nahm mit jedem Schritt zu. Unterwegs behielt er das Hotel im Auge und achtete darauf, sich Türen und Fenster genau einzuprägen. Erst, als er direkt vor dem Gebäude stand, sah er aus dem Augenwinkel, wie ein Vorhang im zweiten Stock zur Seite gezogen wurde, und bemerkte eine Hand in einem schwarzen Handschuh, die aus einem grauen Ärmel ragte, sowie ein ausdrucksloses Gesicht, das die Straße beäugte.
    George suchte hastig hinter einem Gebüsch vor einem Bürogebäude Deckung. Dort kauerte er sich nieder, um das Hotel zu beobachten und nachzudenken. »Die sind hier ?«, murmelte er vor sich hin. »Wie ist das möglich?«
    Während des letzten halben Jahres, in dem George nach Silenus gesucht hatte, war ihm allmählich aufgefallen, dass er damit nicht der Einzige war. Es gab noch andere Interessenten von weitaus merkwürdigerer Sorte, die annähernd die gleichen Fragen stellten wie er selbst.
    Zum ersten Mal war ihm das zu Beginn des Herbstes aufgefallen, als er quer durch Freightly zu einem anderen Theater gegangen war, um sich nach Silenus zu erkundigen. Wie stets hatte er keine Neuigkeiten erhalten und das Theater enttäuscht verlassen. Doch als George eine kleine Gasse neben dem Theater passierte, fiel ihm auf, dass etwas nicht stimmte: Was er hörte, war ungewohnt. Aber nein, es schien, als würde er ein Geräusch zu wenig hören. Und nach einer Weile wurde ihm klar, dass er überhaupt nichts mehr hören konnte.
    Erst dachte George, er wäre taub geworden, doch als er dann Kutschen durch die Straßen rattern hörte, wurde ihm klar, dass es an etwas anderem lag: Auf merkwürdige Weise war die Welt für ihn still geworden. Aber hierbei handelte es sich für George, der über scharfe Sinne verfügte, um eine neue Art von Stille. Wenn Stille eine Frequenz haben und die eine Stille sanft, die andere herb sein konnte, dann war diese überwältigend und bitter, und er konnte sie hören , als bohre sich eine Nadel in sein Ohr. Sie machte die Geräusche auf den Straßen hohl und leblos, so, als gäbe es sie gar nicht. Und doch hielt keine der anderen Personen auf der Straße auch nur inne oder blickte kurz auf; es schien, als könne nur George sie wahrnehmen.
    Dann sagte eine muntere Stimme: »Ich nehme an, Sie sind auch ein Verehrer von Silenus?«
    George drehte sich um. Ein gutes Stück entfernt stand ein Mann unter einer der Straßenlaternen. Aber irgendwie kam er ihm zu perfekt vor: Sein Kragen war zu steif, zu scharfkantig, sein Bowler zu schwarz und zu sauber, der Knoten seiner Krawatte zu ordentlich, und selbst auf seinen Schuhen, die hungrig im Lampenschein glänzten, war nicht eine Spur von Schmutz zu sehen. George fragte sich, ob er vielleicht nur das Bild eines Mannes sah, so, als hätte jemand ein Gemälde von einem Gentleman gemalt und mitten auf der Straße aufgestellt.
    »Wie bitte?«, fragte George.
    »Sie sind auch ein Anhänger von Silenus«, rief ihm der Mann mit

Weitere Kostenlose Bücher