Silver Linings (German Edition)
Pfanne, die er benutzt hat, schwarz verkohlt und steht noch immer auf dem jetzt fettbespritzten Herd. Ein Teller und Besteck sind in der Spüle. Dad guckt den Sportsender auf seinem neuen Fernseher, und seine Surround-Sound-Anlage lässt das Haus förmlich beben. Die Uhr an der Mikrowelle zeigt 8:17 an. Meine Mutter hat schon wieder meine Medikamente vergessen, also hole ich die acht Fläschchen aus dem Schrank, nehme die Deckel ab und suche nach den richtigen Farben. Bald liegt ein halbes Dutzend Tabletten aufgereiht auf der Küchentheke, und ich vergewissere mich, dass es die Farben sind, die ich jeden Morgen nehme. Ich schlucke alle meine Pillen, wobei mir der Gedanke kommt, dass meine Mutter mich vielleicht wieder auf die Probe stellt, und obwohl ich eigentlich böse auf sie bin, mache ich mir jetzt auch große Sorgen um Mom, also gehe ich nach oben in mein Zimmer und sehe, dass sie noch immer schläft.
Wieder unten, stelle ich mich hinter die Couch und sage: «Dad?»
Aber er ignoriert mich, also gehe ich zurück in mein Keller-Fitnessstudio, trainiere weiter und höre dabei den Fernsehkommentatoren zu, die die College-Footballspiele zusammenfassen und Prognosen für die bevorstehenden NFL-Begegnungen wagen. Ihre Stimmen dringen klar durch die Dielen über mir. Ich weiß aus der Zeitung, dass die Eagles im Spiel gegen San Francisco die Favoriten sind, deshalb freue ich mich drauf, mir die Partie zusammen mit meinem Dad anzuschauen. Wenn die Eagles gewinnen, wird er nämlich bester Laune sein und dann auch eher wieder mit mir sprechen.
Am späten Vormittag kommt meine Mom herunter, was eine Erleichterung ist, denn ich habe mir allmählich Sorgen gemacht, dass sie wirklich krank ist. Ich sitze auf dem Spinningrad, und als Mom sagt: «Pat?», trete ich einfach weiter in die Pedale, weil ich doch letzte Nacht die PAT-Kiste gefunden habe. Ich sehe Mom nicht an, aber aus den Augenwinkeln registriere ich, dass sie geduscht und sich gekämmt und Make-up aufgelegt hat und dass sie ein hübsches Sommerkleid trägt. Mom riecht auch gut – Lavendel. «Hast du gestern Abend deine Tabletten genommen?», fragt sie.
Ich nicke einmal.
«Und heute Morgen?»
Ich nicke wieder.
«Dr. Patel hat gesagt, ich hätte dir gleich zu Anfang, als du nach Hause gekommen bist, die Verantwortung für deine Medikamente überlassen sollen, dass das ein Schritt Richtung Unabhängigkeit wäre. Aber ich hab dich bemuttert, obwohl du gar nicht bemuttert werden musstest. Also, Glückwunsch, Pat.»
Es ist seltsam, dass sie mich beglückwünscht, wo ich doch keinen Preis oder so was gewonnen habe, aber ich denke eigentlich nur an gestern Abend, wieso Mom betrunken nach Hause gekommen ist. Also frage ich sie: «Wo warst du gestern Abend? Hast du dich mit Freundinnen getroffen?»
Wieder schiele ich zu ihr rüber und sehe, dass sie zu Boden, auf den alten braunen Teppich blickt. «Danke, dass du mich gestern Abend ins Bett gebracht hast. Das Wasser und die Kopfschmerztabletten haben geholfen. War ein kleiner Rollentausch, hm? Jedenfalls bin ich dir dankbar. Danke, Pat.»
Ich merke, dass sie meine Frage nicht beantwortet hat, aber ich weiß nicht, was ich sagen soll, also sage ich nichts.
«Dein Vater ist in letzter Zeit unerträglich, und ich bin es einfach leid. Also stelle ich ein paar Forderungen; hier wird sich einiges verändern. Meine Männer werden beide anfangen, sich ein bisschen mehr selbst zu versorgen. Du musst dein Leben wieder in den Griff kriegen, und ich hab es gründlich satt, wie dein Vater mich behandelt.»
Plötzlich ist die PAT-Kiste vergessen, und ich sehe meine Mutter an, während ich weiterstrampele. «Bist du böse auf mich? Hab ich irgendwas falsch gemacht?»
«Ich bin nicht böse auf dich, Pat. Aber ich bin böse auf deinen Vater. Er und ich haben uns gestern lange unterhalten, als du laufen warst. Könnte sein, dass die nächsten paar Wochen ein bisschen schwierig werden, aber ich denke, auf Dauer ist es für uns alle besser so.»
Ein wilder, beängstigender Gedanke schießt mir durch den Kopf. «Du wirst uns doch nicht verlassen, Mom, oder?»
«Nein. Das werde ich nicht», sagt Mom und sieht mir dabei in die Augen, sodass ich ihr hundertprozentig glaube. «Ich würde dich niemals verlassen, Pat. Aber ich werde heute aus dem Haus gehen, weil ich die Nase voll habe von Eagles-Football. Ihr müsst beide zusehen, wir ihr was zu essen bekommt.»
«Wo gehst du hin?», frage ich und trete schneller in die
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