Silver Linings (German Edition)
Kino gehen, shoppen gehen, im Garten Basketball spielen usw.
Falls Du weder Option 1 noch 2 akzeptierst bzw. einhältst, sehe ich mich gezwungen, in Streik zu treten. Ich werde nicht mehr saubermachen, einkaufen, Essen kochen, Deine Wäsche waschen oder mit Dir das Bett teilen. Ich werde diesen Streik so lange fortsetzen, bis Du erklärst, für welche Option Du Dich entscheidest.
In bester Absicht
Jeanie
Es sieht Mom gar nicht ähnlich, Dad gegenüber so entschieden zu sein, und ich frage mich wirklich, ob die «neue Bekanntschaft» bei der Abfassung dieses zweiseitigen Briefes nicht mehr oder weniger die Feder geführt hat. Es fällt mir sehr schwer, mir vorzustellen, dass Dad seinen neuen Fernseher zurückgibt. Bestimmt betrachtet er die Neuanschaffung als Glücksbringer, und er wird das Spiel nächste Woche in demselben Fernseher verfolgen wollen, um den Eagles kein Pech zu bringen, was ja verständlich ist. Aber die Forderungen, die Mom gestellt hat – vor allem die, dass Dad jeden Tag mit mir reden soll –, kommen mir auch extrem unrealistisch vor, obwohl ich finde, dass es nett wäre, gemeinsam zu Abend zu essen oder sogar in ein Restaurant zu gehen, aber nicht ins Kino, weil ich derzeit nur bereit bin, mir den Film meines eigenen Lebens anzuschauen.
Plötzlich habe ich das Bedürfnis, mit meinem Bruder zu sprechen, aber ich weiß seine Telefonnummer nicht. Ich finde das Adressbuch in dem Schrank über dem Herd und rufe in Jakes Wohnung an. Beim dritten Klingeln meldet sich eine Frau. Sie hat eine schöne Stimme.
«Hallo?», sagt sie.
Ich weiß, dass am anderen Ende nicht mein Bruder ist, aber ich sage trotzdem: «Jake?»
«Wer ist denn da?»
«Hier ist Pat Peoples. Ich möchte meinen Bruder Jake sprechen. Wer sind Sie?»
Ich höre, dass die Frau die Hand auf die Sprechmuschel legt, und dann dringt laut und deutlich die Stimme meines Bruders durchs Telefon: «Hast du diesen Achtundneunzig-Yard-Lauf gesehen? Hast du gesehen, wie Patterson gerannt ist?»
Ich möchte mich nach der Frau erkundigen, die sich am Telefon meines Bruders gemeldet hat, aber ich habe ein bisschen Angst davor zu erfahren, wer sie ist. Vielleicht sollte ich es längst wissen, hab’s aber irgendwie vergessen. Also sage ich bloß: «Ja klar.»
«Der absolute Wahnsinn, Alter. Ich wusste gar nicht, dass ein Defensive Tackle so weit laufen kann.»
«Wieso bist du nicht rübergekommen und hast dir das Spiel mit Dad und mir zusammen angesehen?»
«Ehrlich?»
«Ja.»
«Ich kann meinen Bruder nicht anlügen. Mom hat mich heute Morgen angerufen und gesagt, ich soll nicht kommen, also bin ich mit Scott in eine Kneipe gegangen. Sie hat auch Ronnie angerufen. Und das weiß ich, weil Ronnie mich angerufen hat und gefragt hat, ob alles in Ordnung ist. Ich hab ihm gesagt, er soll sich keine Sorgen machen.»
«Warum?»
«Warum er sich keine Sorgen machen soll?»
«Nein, warum hat Mom dir und Ronnie gesagt, ihr sollt nicht rüberkommen?»
«Sie meinte, du hättest dann Gelegenheit, mit Dad allein zu sein. Sie sagte, Dad wäre dann gezwungen, mit dir zu reden. Hat er?»
«Ein bisschen.»
«Na, dann ist doch gut, oder?»
«Ich hab einen Brief von Mom an Dad gefunden.»
«Okay. Was stand drin?»
«Ich les ihn dir am besten vor.»
«Schieß los.»
Ich lese den Brief laut.
«Ach du Schande. Nicht schlecht, Mom.»
«Dir ist doch klar, dass er den Fernseher nicht zurückgibt, oder?»
«Nicht, nachdem die Eagles heute gewonnen haben.»
«Genau, und ich bezweifle stark, dass Dad ihre Forderungen erfüllen wird.»
«Tja, wahrscheinlich nicht, aber vielleicht versucht er es wenigstens, oder? Und der Versuch würde ihm guttun – und Mom auch.»
Jake wechselt das Thema, indem er Basketts erfolgreiche Passannahme im zweiten Viertel erwähnt, was auch seine einzige während des gesamten Spiels war. Mein Bruder will offenbar nicht mehr über unsere Eltern reden. Er sagt: «Baskett entwickelt sich. Er ist neu in der Mannschaft, und er fängt erste Pässe. Das ist toll.» Mir kommt es aber gar nicht toll vor. Jake sagt, dass er sich darauf freut, mich nächsten Montagabend zu sehen, wenn die Eagles gegen die Green Bay Packers spielen. Er lädt mich vorher zum Lunch in der Stadt ein, ehe wir uns mit Scott und den dicken Männern auf dem Parkplatz treffen, und dann legen wir auf.
Es wird spät, und Mom ist noch immer nicht zu Hause.
Ich fange an, mir Sorgen um sie zu machen, deshalb spüle ich das ganze Geschirr per Hand. Die Pfanne, die
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