Simsala. Die Geschichte Eines Kleinen Zauberers.
Salat. Was Simsala sich wünschte, lässt sich nicht sagen, denn er kam diesmal mit dem Zaubern vor Aufregung arg durcheinander. Jedenfalls erschien auf seinem Teller ein Bratapfel mit Tomatensoße.
Sein Vater verzog keine Miene. »Aufessen«, brummte er bloß.
So war die Verabredung auf Feste Hokuspokus: Was auf den Tisch kam, auch wenn es herbeigezaubert worden war, das wurde gegessen und durfte nicht weggeworfen werden. Gesegnete Mahlzeit also, Simsala!
Ein waches Auge des Gesetzes
Nach dem Essen saß Abra Kadabra Bim allein bei einer Tasse Kaffee und überlegte. Er hatte sich vorgenommen, eine der schwersten Fragen zu beantworten, die Frage: »Bin ich nun ein Esel, oder bin ich es nicht?« Während er genüsslich an dem heißen Kaffee nippte und nach der richtigen Antwort forschte, ließ er seinen Blick zum Fenster hinauswandern. Es war dort viel Himmel zu sehen, sehr viel Himmel sogar. In der Ferne ragten einige Bergspitzen steil empor, und dazwischen kreiste gelegentlich ein einsamer Adler. Das war alles. Endlich schüttelte der Zauberer den Kopf. »Es ist wirklich einsam hier«, brummte er, »da kann es nicht verwundern, wenn einen die Sehnsucht nach Gesellschaft packt.«
Ihr müsst wissen, dass Herr Bim gar nicht die Absicht gehabt hatte, Simsala in die Schule zu schicken. Die ganze Geschichte hatte vielmehr damit begonnen, dass den Zauberer wieder einmal die Einsamkeit plagte. Wie üblich suchte er in solchen Zuständen einen Kirmesplatz auf und gab dort Zaubervorstellungen. Was hätte er sonst auch tun sollen? Er hatte nichts anderes gelernt; im Zaubern aber war er Meister. Wenn er auftrat, strömten die Leute in hellen Scharen in das blaue Zelt mit den goldenen Sternen - und der Zauberer konnte sich auf diese Weise auch ein bisschen ganz gewöhnliches Geld verdienen. Aber etwas war anders an diesem besonderen Tag als sonst: Herr Bim hatte seinen kleinen Sohn Simsala mitgenommen, der eben sieben Jahre alt geworden war. Der hatte keine Lust verspürt, allein daheim auf die Rückkehr des Vaters zu warten.
Weil Simsala nun schon einmal dabei war, konnte der alte Zauberer es nicht lassen, ihn auch auf der Bühne zu zeigen. Bei seiner letzten Nummer, wenn er gewöhnlich einige Kaninchen aus dem Hut zog, zauberte er diesmal das Kind herbei, machte ein paar Tricks und ließ Simsala dann in einer rosa Nebelwolke wieder verschwinden. Das Publikum klatschte Beifall wie noch nie. Nach der Vorführung hätte Abra Kadabra Bim mit Simsala einfach schnell nach Hause fahren können, wie er es sonst auch tat; dann wäre alles ohne besondere Überraschungen für ihn abgelaufen. Aber Simsala hatte noch nie in seinem Leben eine Kirmes gesehen und plagte seinen Vater, ihn nur ganz kurz einmal zwischen den Ständen und Karussels herumlaufen zu lassen. (Ihr wisst ja sicher selbst ganz gut, wie Kinder das machen.) Der Zauberer hatte nichts dagegen einzuwenden. Er fand es sogar eine nette Idee, und so spazierte er, immer noch in seinem dunkelblauen Umhang und mit dem spitzen Hut auf dem Kopf, mit Simsala an der Hand durch die Gassen der Stände. Der kleine Zauberer wusste nicht, was er zuerst bestaunen sollte. Am meisten aber hatte es ihm ein Karussel an-getan, auf dem sich kleine Holzpferde zu Musik im Kreis drehten. Ob er ganz geschwind mal auf einem reiten dürfte? Er durfte.
Der alte Zauberer sah die Freude in den Augen des Kindes leuchten und ging eben mit sich zu Rate, ob er seinen Sohn nicht öfter mitnehmen sollte. Da klopfte ihm jemand auf die Schulter, räusperte sich und sagte: »Entschuldigen Sie, Herr Zauberer. Aber darf ich Sie etwas fragen?«
Herr Bim wandte sich um und sah sich einem Polizisten gegenüberstehen.
»Bitte sehr, mein Herr«, erwiderte er höflich, »stehe zu Diensten.«
Der Polizist räusperte sich noch einmal. Er hatte sein Lebtag noch nicht mit einem echten Zauberer gesprochen und war etwas aufgeregt. Dann stellte er sich vor: »Ich bin Wachtmeister Hurtig und habe Ihre Kunststücke gesehen. Wunderbar, Herr Zauberer, ganz wunderbar. Aber dieser Junge, den Sie da spazierenführen, ist er - hm -echt?«
»Ganz echt«, erklärte Herr Bim stolz. »So, so«, brummte Wachtmeister Hurtig, »also kein Zaubertrick. Habe ich mir beinahe gedacht. Entschuldigen Sie, wenn ich noch weiterfragen muss. Dieses Kind, geht es in die Schule?«
»Ach nein«, lächelte Herr Bim, »das ist in unserer Familie nicht üblich, wissen Sie. Keiner seiner Vorfahren ist je in die Schule gegangen.«
Wachtmeister Hurtig
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