Simsala. Die Geschichte Eines Kleinen Zauberers.
komisch du daherredest !<, lachte der kleine Junge und ließ das arme Kind stehen.
Als der kleine Junge sich aber an diesem Tag an seine Hausaufgaben machte, dachte er plötzlich bei sich: >Es ist vielleicht doch ein wenig wie Reigentanzen.< Und siehe da: die Aufgaben gingen ihm viel leichter von der Hand.
Einmal fasste sich das arme Kind ein Herz und sprach einen Lehrer an, der mit müdem Gesicht aus dem großen Schulhaus kam. Es fragte ihn:
>Bist du gar nicht glücklich, dass du in die Schule gehen darfst ?<
Der Lehrer betrachtete überrascht das arme Kind und brummte dann: >Warum sollte ich denn glücklich sein? Jeden Tag stehe ich vor den Kindern und muss sehen, dass sie tun, was ich sage. Es ist immer wieder dasselbe. < >Und ist das so schlimm?<, fragte das arme Kind, denn es dachte daran, dass die Sonne auch jeden Tag aufs Neue schien, >ist es nicht so, wie wenn die Sonne scheint ?< >Schön wär's ja<, sagte der Lehrer und ließ das arme Kind stehen.
Als er aber am nächsten Morgen vor der Klasse stand, musste er plötzlich an die Worte des armen Kindes denken: >Ist es nicht so, wie wenn die Sonne scheint?< Und siehe da: die Kinder, die vor ihm saßen, erschienen ihm plötzlich wie Blumen: manche wie Gänseblümchen, andere wie Rosen, einige auch wie Kakteen. Aber auch die brauchen die Sonne; die sogar ganz besonders. Da konnte er den Kindern gar nicht mehr böse sein, wie er es manchmal gewesen war, wenn sie schwatzten und ihren kleinen Unfug machten. Er versuchte einfach, wie die Sonne zu scheinen.«
Die Erstklässler lachten. »Du scheinst auch«, riefen sie.
Tatsächlich: auf der Brust von Herrn Martin, da, wo sein Herz pochte, leuchtete sanft eine kleine Sonne, strahlte auf und war wieder verschwunden. »Entschuldigung«, murmelte der kleine Zauberer, »es soll nicht wieder vorkommen.«
Das fand der Lehrer eigentlich schade. Aber er nickte nur. »Lasst mich die Geschichte noch zu Ende erzählen«, bat er dann.
Da wurden die Kinder wieder still. »Das arme Kind stand vor dem großen Schulgebäude und schaute sehnsüchtig zu den Fenstern hinauf, hinter denen die anderen Kinder lernen durften. Wenn aber die Fenster offen standen, lauschte es auf ihre Lieder und sang sie mit. Und wenn sie an schönen Tagen auf dem Schulhof Reigen tanzten, übte es insgeheim ihre Schritte und tanzte für sich allein, was es ihnen abgeguckt hatte. So lernte das Kind auf seine Weise.
Es merkte dabei gar nicht, dass es selbst auch den Schulkindern und sogar den Lehrern etwas beizubringen hatte: die Freude am Schreiben, die Ausdauer fürs Rechnen, die Liebe zum Unterrichten.
Es war ein armes Kind, das um sein tägliches Brot betteln musste. Aber aus seinen leeren Taschen schenkte es reiche Gaben - wie ein kleiner Zauberer -, als wäre es das reichste Kind der Welt.«
Ein Ende, das vielleicht gar keins ist
»Jetzt muss ich gehen«, sagte Simsala, kaum dass Herr Martin die Geschichte beendet hatte. »Mein Vater wartet schon.«
Richtig. Unten auf dem Schulhof stand im blauen Umhang mit den gestickten Zauberzeichen, den spitzen Zaubererhut auf dem Kopf, Abra Kadabra Bim und wartete. Gelassen stand er dort, als könnte ihm der Regen nichts anhaben - was ja auch stimmte.
»Ich darf ihn nicht warten lassen, wissen Sie«, rief der kleine Zauberer und sprang auf.
Herr Martin hatte vorgehabt, noch eine Abschiedsrede zu halten. Die Kinder sollten auch noch einmal für den kleinen Zauberer singen.
Aber Simsala winkte dem Lehrer nur einmal flüchtig zu, warf, als er schon unter der Tür stand, die Hände in die Höhe - und war verschwunden. Nur die Schokoladentaler, die plötzlich auf die Erstklässler herniederregneten, verrieten, dass der kleine Zauberer eben noch ganz wirklich dagewesen war.
Fröhlich balgten sich die Kinder um die Schokolade. In der 12a unter ihnen polterte es, als ob ein Erdbeben im Gange sei.
Herr Martin kümmerte sich nicht darum. Er stand da und schaute zum Fenster hinaus. Eben sah er Simsala auf den alten Zauberer zulaufen. Herr Bim breitete seine Arme aus und fing den Jungen auf. Der weite Umhang verbarg das Kind. Dann war von den beiden Zauberern nichts mehr zu sehen. Sie waren spurlos verschwunden. »Auf die Plätze!«, wandte sich der Lehrer nun wieder seiner Klasse zu.
Die Erstklässler rappelten sich auf. »Ist Simsala für immer fort?«, fragten sie, als sie den leeren Platz neben Ruth bemerkten.
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Herr Martin zögernd, »sein fliegender Teppich liegt ja noch
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