Sind Sie hochsensibel?

macht, rücksichtsvolles Benehmen, seelische und spirituelle Offenheit und ein starkes Bewusstsein gegenüber all diesen Dingen. Diese vier Anzeichen sind für mich ein grundlegender Beweis dafür, dass wir die Klasse der priesterlichen Ratgeber sind, die unsere Gesellschaft mit einer besonderen, unaussprechlichen Art von Nahrung versorgt. Ich kann sie nicht näher bezeichnen, aber ich kann einige Beobachtungen anbieten.
    Einen geheiligten Ort schaffen
    Ich mag die Art, wie Anthropologen von ritueller Führung und rituellen Orten sprechen. 125 Rituelle Führer schaffen für andere solche Erlebnisse, die nur in einem Ritual, an einem geheiligten Ort oder in einem Übergangsstadium stattfinden können – abseits der irdischen Welt. Erfahrungen, die an derartigen Orten gemacht werden, können Leben umgestalten und einen Sinn geben, ohne sie wird das Leben düster und leer. Der rituelle Anführer markiert die Grenzen und schützt den Ort, bereitet die anderen auf den Eintritt vor, leitet sie während ihrer Anwesenheit an und hilft ihnen die richtigen Erkenntnisse aus dieser Erfahrung abzuleiten,wenn sie in die äußere Welt zurückkehren. Solche Erlebnisse waren traditionell feierliche Weihen, die die großen Übergänge im Leben markierten – den Eintritt ins Erwachsenendasein, in die Ehe, die Elternschaft, in das Alter und den Tod. Andere Rituale sollten heilen oder eine wegweisende Vision beziehungsweise Offenbarung bringen oder jemanden in vollkommenere Übereinstimmung mit dem Göttlichen versetzen.
    Heutzutage werden heilige Orte schnell entweiht. Wenn sie bestehen sollen, brauchen sie enorme Pflege und den Schutz der Privatsphäre. Sie können sowohl in den Praxen bestimmter Psychotherapeuten geschaffen werden als auch in Kirchen. Sie können Raum finden bei Zusammenkünften von Frauen und Männern, die mit ihrer Religion unzufrieden sind, genauso wie in einer Gemeinschaft, die ihre Traditionen pflegt. Eine leichte Veränderung des Themas oder des Tons in einem Gespräch kann diese ebenso vermitteln, wie das Tragen eines rituellen Kleides oder das Abzirkeln eines zeremoniellen Kreises. Die Grenzen von heiligen Orten sind heutzutage veränderbar, symbolisch und selten sichtbar.
    Während schlimme Erfahrungen bei einigen HSM dazu geführt haben, alles abzulehnen, was eine irgendwie heilige Atmosphäre ausstrahlt, fühlt sich die Mehrheit an solchen Orten heimisch. Manche erzeugen beinahe spontan solche Orte um sich herum. Daher sehen Sie es auch häufig als ihre Berufung an, solch einen Ort auch für andere zu schaffen. Dass sie in diesen weltlich aggressiv-kriegerischen Zeiten heilige Orte begründen und sich darum kümmern, prädestiniert HSM dazu in unserer Gesellschaft der Klasse der königlichen Ratgeber und Priester anzugehören.
    Prophetie
    In ähnlicher Weise betrachtet die Psychologin Marie-Louise von Franz, die eng mit C. G. Jung zusammengearbeitet hat, HSM als Priester. Sie schreibt über die Menschen, die Jung als introvertierte intuitive Typen bezeichnet, und die die Mehrheit der HSM ausmachen.
    Der introvertierte Intuitive hat die gleiche Fähigkeit wie der extravertierte Intuitive […]. Aber seine Intuition ist nach innen gerichtet, und darum ist er primär der Typus des religiösen Propheten oder Sehers. Auf dem einfachen Niveau ist er der Schamane, der weiß, was die Götter, Gespenster und Geister der Vorfahren planen und der diese Botschaft seinem Volke übermittelt. In der psychologischen Sprache würde man sagen, daß er um den langsamen Wandlungsprozeß weiß, der im kollektiven Unbewußten vor sich geht […]
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    Heutzutage sind viele von uns eher Dichter und Künstler als Propheten und Seher und erschaffen eine Art von „visionärer Kunst“, die laut von Franz „im allgemeinen erst von späteren Generationen verstanden [wird], als eine Darstellung dessen, was zu jener Zeit im kollektiven Unbewußten vor sich ging.“ 127 Dennoch prägen Propheten traditionell die Religion und nicht die Kunst, und wir können alle feststellen, dass heutzutage mit der Religion sehr seltsame Dinge passieren.
    Fragen Sie sich einmal, ob die Sonne im Osten aufgeht und dann beachten Sie, wie Sie sich bei dieser
falschen
Antwort fühlen. Denn selbstverständlich haben Sie unrecht. Die Sonne geht nämlich nicht auf, sondern die Erde dreht sich. So viel