Sind Sie hochsensibel?
groÃen Menschheitsfragen nicht mit gröÃter Bedachtsamkeit angegangen werden, weil das zu diesem Zeitpunkt nicht praktisch erscheint.
Ihre Beiträge werden auf diesem Gebiet sehr gebraucht.
Benennen Sie die Gebote Ihrer Religion
Ob Ihre Religion nun organisiert ist oder nicht â sie besitzt eigene Gebote. Ich schlage vor, dass Sie diese, wenn möglich gleich, aufschreiben. Was akzeptieren, glauben oder wissen Sie aus Erfahrung? Sie sollten dies mit Ihren eigenen Worten ausdrücken. Wenn Sie dann das Gefühl haben, dass jemand davon profitieren könnte, wenn er diese Gebote hört, können Sie sie benennen. Falls Sie diese Verbindlichkeit nicht möchten oder nicht dogmatisch sein wollen, drücken Sie zumindest das erste und wichtigste Gebot aus. Glaubensgrundsätze zu haben bedeutet nicht, dass sie unveränderlich und starr sind oder dass man sie anderen aufdrängen muss.
Wie wir andere bei der Suche nach dem Sinn inspirieren
Falls Sie sich in der Rolle des Propheten unwohl fühlen, kann ich Ihnen das nicht verübeln. Dennoch werden Sie sich in einer existentiellen Krise vielleicht auf einer Rednerbühne oder sogar auf einer Kanzel wiederfinden. So geschah es Viktor E. Frankl, einem jüdischen Psychiater, der in einem Konzentrationslager der Nationalsozialisten interniert war.
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⦠trotzdem ja zum Leben sagen
beschreibt Frankl (offensichtlich ein HSM), wie er sich oft dazu aufgerufen fühlte, seine Mitgefangenen zu inspirieren, wie er intuitiv verstand, was sie benötigten, und wie sehr sie es brauchten. Er stellte auch fest, dass Gefangene, die unter jenen grausamen Bedingungen an einer Art Sinn ihres Leben festhalten konnten, psychologisch und somit auch körperlich besser überlebten als andere:
Empfindsame Menschen, die von Haus aus gewohnt sind, in einem geistig regen Dasein zu stehen, werden daher unter Umständen trotz ihrer verhältnismäÃig weichen Gemütsveranlagung die so schwierige äuÃere Situation des Lagerlebens zwar schmerzlich, aber doch irgendwie weniger destruktiv in bezug auf ihrgeistiges Sein erleben. Denn gerade ihnen steht der Rückzug aus der schrecklichen Umwelt und die Einkehr in ein Reich geistiger Freiheit und inneren Reichtums offen. So und nur so ist die Paradoxie zu verstehen, dass manchmal die zarter Konstituierten das Lagerleben besser überstehen konnten als die robusteren Naturen.
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Für Frankl ist der Sinn des Daseins nicht immer rein religiöser Natur. Im Lager hat er manchmal seinen Grund zu leben darin gefunden, anderen zu helfen. Zu anderen Zeiten war es das Buch, das er auf Papierfetzen schrieb, oder die tiefe Liebe zu seiner Frau.
Etty Hillesum ist ein weiteres Beispiel für eine hochsensible Frau, die einen Sinn im Leben fand und ihn mit anderen in den gleichen schwierigen Zeiten teilte. Aus ihren Aufzeichnungen 129 , die sie in Amsterdam zwischen 1941 und 1942 schrieb, kann man herauslesen, wie sie sich bemüht hat, ihre Erfahrungen zu verstehen und zu übertragen â historisch, geistig und immer auch auf ihr inneres Empfinden bezogen. Ihre Angst und Zweifel mündeten schlieÃlich in den sanften, stillen und persönlichen Sieg des Geistes. Aus den von ihr beschriebenen Erlebnissen kann man heraushören, wie mit ihrer Hilfe auch andere Menschen Trost fanden. Ihre letzten Worte, geschrieben auf einen Papierfetzen und aus einem Viehwagon geworfen, der nach Auschwitz fuhr, haben mich immer sehr berührt: âWir haben das Lager singend verlassen.â
Etty Hillesum identifizierte sich stark mit der Psychologie von C. G. Jung und der Dichtung Rainer Maria Rilkes (beide HSM). Ãber Rilke schrieb sie:
Es ist sonderbar, er [Rilke] war ein empfindsamer Mensch [â¦] und er wäre möglicherweise zugrunde gegangen unter den Umständen, unter denen wir heute leben müssen. Aber zeugt es nicht von einerguten Ãkonomie, dass sensitive Künstler in ruhigen Zeiten und unter günstigen Umständen ungestört nach der schönsten und passendsten Form für ihre tiefsten Erkenntnisse suchen können, an denen sich Menschen, die in bewegteren und kräftezehrenden Zeiten leben, aufrichten können und in denen sie ein fertiges Gehäuse vorfinden für ihre Verwirrung und ihre Fragen, die noch zu keiner eigenen Form und Lösung gelangt sind, weil die tägliche Energie für die täglichen Nöte aufgebraucht wird? In schweren Zeiten
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