Sind Sie hochsensibel?
haben.
Wenn Sie jedoch nicht vorwärts kommen und niemand auf sie zukommt und ihnen ein Angebot macht, dann liegt es vielleicht daran, dass Sie einfach nicht gewieft genug sind.
Betty trifft auf Machiavelli
Betty, ein HSM, nahm meine psychotherapeutische Beratung in Anspruch. Eine Angelegenheit, die sie oft vorbrachte, war ihre Unzufriedenheit am Arbeitsplatz. Therapeuten können nie genau wissen, wie solche Situationen tatsächlich aussehen, denn wir kennen ja nur die eine Seite. Es hörte sich aber so an, als mache Betty ihre Arbeit sehr gut, ohne je befördert zu werden.
Dann, während einer Besprechung, wurde sie für ein Verhalten kritisiert, das nach unserer Ansicht eigentlich von den meisten Vorgesetzten geschätzt werden müsste. Sehr widerstrebend fing Betty an zu überlegen, ob ihre Vorgesetzte sie wohl auf dem Kieker habe. Diese hatte ein unglückliches Privatleben und Betty war von einem Kollegen gewarnt worden, dass sie aufpassen solle, dass ihre Vorgesetzte ihr nicht in den Rücken falle.
Die meisten anderen Angestellten kamen augenscheinlich gut mit der neuen Chefin aus. Bettys Intuition sagte ihr aber, dass die meisten ihr nur aus dem Weg gingen, um sie versöhnlich zu stimmen und weil sie im Grunde Angst vor ihr hatten. Betty dagegen, die viel älter war, hielt die neue Vorgesetzte lediglich für unreif, nicht aber für eine Bedrohung. Betty war aber auch gewissenhaft und loyal, obwohl sie von Kunden oft sehr lobend bedacht wurde, und man sie wissen lieÃ, dass man sie für die kompetenteste Kraft der Abteilung hielt. Betty dachte, sie habe nichts zu befürchten, aber sie hatte den Neid ihrer Vorgesetzten übersehen. Sie mochte einfach nicht gerne negativ über jemanden anders denken.
SchlieÃlich fasste Betty sich ein Herz und bat darum, ihre Akte einsehen zu dürfen. So fand sie heraus, dass ihre Vorgesetzte Bemerkungen über sie notiert hatte, die einfach nicht stimmten, während positive Informationen, um deren Eintrag Betty gebeten hatte, fehlten. Betty musste also einsehen, dass sie sich im Machtkampf mit ihrer Chefin befand, aber nicht wusste, was sie tun sollte. Sie machte immer und immer wieder deutlich, dass sie sich nicht dazu herablassen wolle, so zu denken und zu handeln wie ihre Vorgesetzte.
Die wichtigste Aufgabe für mich bestand jetzt darin, Betty die Einsicht zu verschaffen, warum sie zur Zielscheibe geworden war. Tatsächlich musste sie zugeben, dass ihr das nicht zum ersten Mal in ihrem Arbeitsleben passiert war. Ich nahm an, dass der Grund in diesem Fall darin lag, dass Betty zurückhaltend und überlegen wirkte (ohne es tatsächlich zu sein) und daher für eine jüngere und noch unsichere Person eine Bedrohung darstellte. Dazu kam Bettys Unvermögen, ja ihre Weigerung, dem Konflikt ins Auge zu sehen.
Es wurde klar, dass Betty sich zur leichten Beute gemacht hatte, weil sie es vorzog sich stets ein bisschen von den anderen abzusondern. Wie viele introvertierte HSM pflegte sie zur Arbeit zu gehen, ihre Sache dort gut zu machen und wieder nach Hausezu gehen, ohne sich unter die anderen zu mischen und so einer Flut von zusätzlichen Reizen ausgesetzt zu sein. Oft sagte sie mir: âIch mag keinen Klatsch wie die anderen.â Das führte aber dazu, dass Betty nicht gut informiert war über das, was jenseits der offiziellen Betriebsangelegenheiten vor sich ging. Sie hätte selbst etwas von sich preisgeben oder einfach etwas plaudern sollen, um sich zu schützen, um über die Vorgänge Bescheid zu wissen und um ein paar wohlgesonnene Freunde zu gewinnen. Die Konsequenz Ihres Verhaltens war, dass Betty die anderen irgendwie ablehnte oder diese es zumindest so empfanden. Auf jeden Fall sahen sie es nicht als Notwendigkeit an Betty zu helfen, und so konnte ihre Vorgesetzte sicher sein, dass sie auf keinerlei Widerstand bei Ihren Attacken stoÃen würde.
Ein anderer Fehler, den Betty machte, ist typisch für HSM: Sie war sich der Schattenseite ihrer Vorgesetzten überhaupt nicht bewusst. Betty neigte tatsächlich dazu, Autoritätspersonen zu idealisieren und glaubte, nur Freundlichkeit und Schutz von Personen in leitender Position erwarten zu können. Erfüllte sich diese Erwartung nicht, so wandte sie sich, wie in diesem Fall, an den Vorgesetzen ihrer Chefin. Dabei empfand sie es als anständig, ihre Vorgesetzte über ihr Vorhaben zu unterrichten. Diese kam ihr natürlich
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