Sind wir bald da
erwirbt bloß das Recht, eine sogenannte Lizenz für genau den Tümpel zu erwerben, in dem man seine Angel zu tauchen gedenkt. Das kostet durchschnittlich dreihundertundfünfzig Euro (350 €) pro Jahr, und die Lizenz ist im Nachbartümpel selbstverständlich nicht gültig. (Zum Vergleich: In Spanien kostet eine Angelkarte siebzehn Euro (17 €), gilt für fünf Jahre und sämtliche Gewässer.)
Gut, die Fischerei ist in Österreich also nicht unteradministriert. Das hat auch sein Gutes, so werden Arbeitsplätze geschaffen. Und man hilft sicherlich auch ein paar Fünfundfünfzigjährigen über den Frühpensionsschock hinweg, indem man ihnen eine Aufgabe im Fischereiverband zuschanzt. Besser, als sie würden Drogen nehmen und auf der Straße herumlungern.
Ich habe also vor zwei Monaten bei einem der zahlreichen Funktionäre angerufen und versucht, mich für einen der erforderlichen Kurse anzumelden. Dreisterweise in Wien (wie gesagt, mein Wohnort — und für die, die ihn nicht kennen: kein kleines Dorf in dem Sinn). Dass ich mich entblödet habe, fünf (!!!) Wochen vor dem veranschlagten Kurstermin um Teilnahme anzusuchen, hat den Funktionär wahrscheinlich recht böse gemacht. Er hat seinen gerechten Zorn über die Dummheit der Menschheit aber mit einem abfälligen Lachen geschluckt (Humor ist halt doch die beste Waffe) und mich gefragt, ob ich nicht lesen könne. Auf der Website des Verbands stehe klar und deutlich, dass man sich gefälligst sechs Wochen vor Kursbeginn anzumelden habe. Sechs Wochen, nicht fünf Wochen. Was das im Detail für einen Unterschied macht, ist mir bis dato nicht klar, weil es an sich vollkommen wurscht ist, ob in einem Seminarraum der Bauernkammer zwanzig oder einundzwanzig Masochisten sitzen und sich von einem Teilnehmer des Pensionistenbeschäftigungdurchfischereifunktionärseinprogramms vier Stunden lang anöden lassen.
Gut, ich habe mich also nicht für den meiner Ansicht nach günstigeren Termin im Mai anmelden dürfen, hätte aber einen Mitte August wahrnehmen können, was ein wenig blöd ist, weil Mitte August der Sommer bald vorbei ist und Neffe F ob dieser Umstände nicht sehr froh gewesen wäre. Das war dem Herrn über Karpfen und Hechte am anderen Ende der Leitung aber egal, und so habe ich mich eben für den nächstbesten Termin innerhalb der Sechswochenfrist angemeldet. Nein, ich wollte mich anmelden. Erst musste ich sechzig Euro (60 €) überweisen, ein Formular aus dem Internet ausdrucken, ausfüllen und per Post retournieren (Online-Formulare sind in Fischerkreisen nicht sehr populär). Dann erst und unter Vorlage der Einzahlungsbestätigung habe ich mich für den heiß ersehnten Kurs und zur Prüfung für den Erhalt der Fischkarte des Landes Niederösterreich anmelden können. In... Korneuburg. Zirka eine halbe Stunde Autofahrt von Wien. Na ja, besser als nichts.
Nach nicht einmal fünf Wochen bekam ich die Bestätigung über meine Anmeldung zur Teilnahme an dem Kurs zugeschickt und gegen eine Gebühr von weiteren fünf Euro (5 €) die Kurs-DVD, die ich geordert hatte. Aha, ein interaktives Lernerlebnis mit vielen Filmen, Animationen, anschaulich dargebracht und unterhaltsam zu lernen, dachte ich noch, als ich mich zu deren Erwerb entschlossen hatte, und ich war durchaus bewegt, als ich sie ins DVD-Laufwerk meines Computers schob und feststellte: Die Schuppenwächter haben ein PDF-File auf eine CD gebrannt und mir die CD als »interaktive Lern-DVD« verkauft. Auch nicht schlecht. Ein PDF-File ist zirka so interaktiv wie die Postwurfsendung einer Supermarktkette, aber das muss ja nicht jeder wissen. Schon gar nicht, wenn er dafür im Schlaf aufzählen kann, wann die Schonzeiten für Zander, Huchen und Elritze sind, mit welcher der siebzehntausend Fliegen man sie am besten erlegt und was ihre Hobbys sind. Insofern kann ich den Fischfunktionären keinen Vorwurf machen. Sie würden auf jeden Vorwurf ohnehin nur bockig reagieren und eine Verweigerungshaltung einnehmen, die es für mich und selbst noch für meine Nachkommen in dritter Generation unmöglich machen würde, im Laden um die Ecke legal Fischstäbchen zu erwerben. Die Herren der Fische sind streng, und ihr starker Arm reicht weit.
Ich habe die achtzig Seiten des PDF also sehr interaktiv ausgedruckt, während ich laut »Laichzeit« von Rammstein gesungen, ferngesehen und gleichzeitig E-Mails gecheckt habe. Flugs die achtzig Seiten gelocht, eingeheftet, und schon hatte ich die richtige Lektüre für die nächsten
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