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Sind wir bald da

Sind wir bald da

Titel: Sind wir bald da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Haipl
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sexuellen Neigungen üblich. Warten, bis die Bestie mich sticht, hätte in Ermangelung meiner Notfallspritze einen sehr unwürdigen Tod zur Folge: »Autor und Kabarettist mit heruntergelassener Hose auf dem Klo daheim tot aufgefunden. Kopf rot und geschwollen. Aus dem Anus ragte ein Stachel .« Nein, ich will mein Ableben nicht mit so einer Zeitungsmeldung in Verbindung gebracht wissen.
    Ich sitze also wie gelähmt da, mein Unterleib ist per Stachel mit dem Porzellan verbunden, und ich starre mit Schweift auf der Stirn dem Feind nach. Große Angst. Panik.
    Ich habe das Tier schließlich unter Zuhilfenahme eines bereitliegenden Seitenblicke Magazins mit einer eleganten Bewegung aus dem Handgelenk zu seinem Schöpfer geschickt. Ich weiß, kein besonders tolles Ende, aber ein unvermeidliches.
    Selbst über ein Jahr nach diesem Erlebnis rege ich mich darüber noch so auf, dass ich nicht vermag, alle Details in der ihnen zustehenden Ausführlichkeit zu schildern.

Montag, 15. Juni
    Es ist nicht zu fassen, was ich letzte Woche getan habe. Man muss dazu sagen, dass Xaver seine üblichen Quengeleien zu einer ausgewachsenen Depression hat ausreifen lassen (wie ich als Laie diagnostizieren würde) und sich etwas zurückgezogen hat. Ich war also tagelang auf mich alleine gestellt. Abgesehen davon, dass ich arbeiten musste und frustriert in Lokalen herumgesessen bin, in denen man die Angst vor der Zukunft im Allgemeinen und vor der großen Krise im Speziellen wegtrinkt. Was macht man also, wenn man etwas zu viel Zeit hat und seinem Neffen eine Freude machen will? Richtig, die Fischkarte für das Land Niederösterreich.
    Kein Scherz, genau das habe ich getan. Zur Erklärung vorweg: Vor einem Jahr wollte mein Neffe F am großelterlichen Schotterteich fischen. »Fischen« ist vielleicht das falsche Wort, denn im Wesentlichen hat er Brotstücke an eine Schnur gebunden und die Schnur ins Wasser gehalten. Gefangen hat er natürlich nichts. Ein Siebenjähriger ist kein Sportfischer. (Gilt umgekehrt übrigens auch. Also, ein Sportfischer ist kein Siebenjähriger. Siebenjährige und Sportfischer unterliegen dem Kommutativgesetz aus der Mathematik.) Mein Neffe F hat also Fische gefüttert, indem er ihnen Futter an eine Feine gebunden und diese Leine mittels einer alten Angelrute ins Wasser gehalten hat. Dazu hat er allerlei Schwimmer an die Schnur gebunden und war insgesamt sehr aufgeregt. Nichts weiter dran. Sollte man glauben. Natürlich ist prompt der Blockwart dahergekommen und hat gemeint, dass das aus diesen und jenen Gründen nicht statthaft sei. Man brauche nämlich eine Fischkarte und eine Revierlizenz und überhaupt. Eine rundherum sympathische Erscheinung also. Aber was soll man von jemandem erwarten, der freiwillig und ehrenamtlich Fischereiaufseher ist? Ich hätte antworten können, dass er sein Fischmaul nicht so weit aufreißen soll, weil sein Sündenregister in Sachen Verletzung des niederösterreichischen Fischereigesetzes auch nicht eben kurz ist:
    - Auslegen von mehr Angeln pro Person als erlaubt
    - Angeln unbeaufsichtigt über Nacht liegen lassen
    - Eine ganze Menge mehr Fische pro Tag fischen als erlaubt usw.
    Ich war allerdings froh, dass er uns in seinem Wahn nicht auch noch eine Strafe aufgebrummt hat. Mein Neffe F hat bitterlich geweint und nicht verstanden, warum er da nicht »angeln« darf (was ich bis heute nicht verstehe), und wir haben das »Angelwerkzeug« einholen müssen. In einer Mischung aus »Rache für Wanda« und »Jetzt erst recht« habe ich dem Knaben versprochen, im folgenden Jahr die Fischkarte zu erwerben und dann mit ihm richtig angeln zu gehen.
    So weit die Vorgeschichte. Und also habe ich vergangene Woche die Fischkarte gemacht.
    Bevor es hier weitergeht, muss ich eine kurze Pause machen und ein Erfrischungsgetränk zu mir nehmen. Es fällt mir nicht leicht, das Folgende zu beschreiben.

    Pause

    So. Es kann weitergehen.
    Vor zirka zwei Monaten habe ich ergoogelt , dass ich mich dazu für einen vierstündigen Kurs anzumelden habe und eine Prüfung bestehen muss. Außerdem hätte ich rund hundert Euro (100 €) zu berappen, und erst dann würde ich eine Fischkarte bekommen. Für Niederösterreich. Das schließt meinen Wohnort Wien aus, aber man will ja nicht kleinlich sein. Diese Fischkarte gilt immerhin für ein Jahr und kann danach wieder mit dreiundzwanzig Euro (23 €) nachbefüllt werden. Sie berechtigt freilich mitnichten zum Füttern von Karpfen, wie es mein Neffe F gerne tut. Man

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