Sind wir bald da
Altersdrittel — das überrascht mich. Es gibt also eine Menge junger Männer (und Frauen!), die bestimmt nicht nur wegen ihrer Neffen diesen Wahnsinn freiwillig mitmachen. Die Türen werden geschlossen, die Show kann beginnen.
Er eröffnet mit einem ersten »Ich kann Ihnen nur einen schmalen Weg vermitteln«. Es folgt eine hochinteressante Aufarbeitung des Fischereirechtes in Niederösterreich und der diffizilen Unterschiede zu den Fischereirechten der anderen Bundesländer, worauf er elegant überleitet zu einem herzhaften und publikumswirksamen EU- Bashing (der Mann ist ein Profi, ein Alfons Haider der Petri-Szene). »Vielleicht schaffen wir es ja doch noch, sechzig Jahre nach dem Krieg ein einheitliches Fischereirecht einzuführen .« Da bin ich ganz bei ihm. Letztlich schwimmen ja auch die Fische von einem Geltungsbereich zum anderen und umgehen so die ihnen angemessenen Schonzeiten. Scheinasylanten unter Wasser, man muss es so drastisch sagen. Ich erfahre noch, welche Fische heimisch sind und welche nicht, dann falle ich in eine Art Wachkoma. Offenbar starre ich den Vortragenden aufmerksam an, in Wahrheit schlafe ich, mit hysterisch aufgerissenen Augen. Ich werde sanft geweckt von einem Kollegen des Kursleiters, der die Runde macht und die mitgebrachten Erlagscheine daraufhin überprüft, ob auch jeder die Gebühren artig bezahlt hat. Wenn nicht — ich weift nicht, rufen die dann die Security und verweisen den Übeltäter des Saales? Der Kontrollator ist deutlich älter als der EU-Fachmann und hat sehr legeres graues Haar. Fast möchte ich sagen »locker«. Sein Haupt wird von einem eleganten Scheitel beatlesque umschmeichelt, und er blickt unentwegt besorgt. Das verstehe ich, die Kursteilnehmer, nein, Menschen generell sind mehrheitlich Vollidioten, und als Fischereiprofi muss man an der Dummheit der Menschheit verzweifeln. Wissen die meisten dieser bildungsresistenten Kretins doch nicht einmal, ob ein Huchen zu den Salmoniden oder zu den Barschartigen gehört. Ich meine, da hört sich aber wirklich alles auf.
Don Fischotte und sein Sancho Panza befinden sich in einem Dilemma. Einerseits würden sie alle diese Mittelmaßbeckenrandschwimmer im Seminarraum der Bezirksbauernkammer gerne (und natürlich völlig zu Recht) mit Bomben und Granaten durchfliegen lassen, auf dass sie sich einem offiziellen Fischereifunktionär für alle Zeiten nur mehr in gebückter Haltung nähern und ihn ausschließlich im Majestätsplural ansprechen. Andererseits müssen sie vermutlich vor irgendeinem Amt rechtfertigen, warum es diese verpflichtenden Kurse überhaupt gibt (was in Wien zum Beispiel nicht der Fall ist), und da macht es ein ganz schlechtes Bild, wenn nach eingehendem Studium der Unterrichtsunterlagen und einem vierstündigen Kurs kein Teilnehmer durchkommt. Also hie der gerechte Zorn gegen die Dummen dieser Welt, also all die anderen, da die Quote. Wie sieht das denn aus, wenn die nichts bei uns gelernt haben? Dieser innere Konflikt bringt recht interessante Formulierungen hervor. »Prägen Sie sich dieses Bild genau ein, es könnte zur Prüfung kommen. Ich sage nicht, dass es kommt, aber es könnte kommen .« Oder: »Eine klassische Prüfungsfrage wäre zum Beispiel... Ich sage nicht, dass sie es ist, aber es könnte eine Prüfungsfrage sein .« Man muss also schon ein besonders einfältiger Mensch sein, wenn man diese Prüfung nicht schafft. Das ist folgerichtig, denn nur Inhaber einer Fischkarte können die Wucherpreise für eine Fischlizenz bezahlen, und irgendwo müssen die ja richtig Kohle machen, nicht nur so bisschen. Es gibt dann noch ein paar Schmankerln (zum Thema Laich zum Beispiel: »Was passiert bei der Befruchtung? Das werden die Damen wissen (geht auf die Damen in der Klasse zu, starrt sie an). Na, was passiert bei der Befruchtung von Eiern ?« ), dann werden die Prüfungsfragen ausgeteilt, in zwei Gruppen.
Ich würde den beiden Stars der volkstümlichen Fischereiszene gerne die Freude machen durchzufallen, aber zum einen sind die Fragen wirklich einfach und zum anderen ist meine Lebenszeit zu begrenzt, um solche Kindereien ein zweites Mal mitzumachen. Ich kreuze also fast alles richtig an, gebe ab und warte.
Eine halbe Stunde später.
Die beiden Herren der Fischer geben eine Doppelconference , in der sie die »lustigsten« Fehler vorlesen. Wie soll ich sagen: Am Anfang war es hier ja recht lustig, aber jetzt will ich weg. Nach Hause. Schnell. Die beiden scheinen sich gut damit zu unterhalten,
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