Sind wir bald da
falsche Testantworten zu verlesen. Ich bin fassungslos. Haben die sonst wirklich so wenig zu lachen? Ein Jammer.
Egal, auch das geht vorüber. Sie teilen die neuen Fischkarten aus, schütteln jedem Absolventen die Hand und sagen: »Petri Heil !« Beinhart. Ich habe jetzt schon handfesten Ausschlag, da zeigt einer der älteren Kursteilnehmer auf und sagt: »Nachdem ich hier der Älteste bin, möchte ich mich im Namen aller für die interessanten und unterhaltsamen vier Stunden bedanken .«
Szenenapplaus. Wie im Charterflugzeug nach der Landung. Wahn-Sinn!
Jetzt aber: Die Karte habe ich. Bevor jemand auf die Idee kommt vorzuschlagen, dass wir alle miteinander auf die bestandene Prüfung anstoßen, suche ich das Weite. Schnell den Motor starten und nichts wie weg. Korneuburg sieht mich so bald nicht wieder.
Mittwoch, 24. Juni
Ich weiß nicht, wie lange ich mich jetzt schon mit St. Jakob und dem Jakobsweg beschäftige, aber es geht nichts weiter (diesen Satz darf der geschätzte Rezensent gerne als Motto für das ganze Buch verstehen). Ich hätte gerne ein wenig mehr innere Ruhe, Vertrauen in die Welt und in mich selbst. Aber nichts von all dem spüre ich. Mache ich etwas falsch? Immerhin habe ich Fotos aus dem Jahr 1974 gefunden. (Gefunden hat sie mein Vater, und er hat sie mir gegeben.) Sie zeigen mich samt Eltern und Geschwistern in... tadaaa : St. Jakob. Ich glaube, es ist eines der St. Jakobs in Kärnten. Die haben dort mehrere. Ich werde anhand der Bilder versuchen herauszufinden, um welches St. Jakob es sich handelt. Ich werde mit den Bildern in der Hand zum Bürgermeister gehen und sagen: »Grüß Gott! Das fünfjährige wohlgenährte Kind auf dem Foto hier bin ich, und das ist der Beweis: Ich war hier schon vor fünfunddreißig Jahren. Bekomme ich jetzt etwas gratis? Ein kleines Gedicht, einen Warenkorb, eine Wandernadel oder gar einen symbolischen Quadratmeter Grund?«
Über den Grund würde ich mich am meisten freuen. Ich würde mir eine kleine Jauchegrube ausheben lassen und sie im Sommer an Touristen vermieten. Ferienwohnungen werden doch auch weitervermietet, und meistens sind es Substandardwohnungen, die man der zahlenden Kundschaft als besonders landestypisch und rustikal verkauft. Was gibt es Landestypischeres und Rustikaleres als eine Jauchegrube? Ich werde Prospekte von meiner Jauchegrube drucken lassen und eine Website machen. Eventuell noch einen Satellitenanschluss, für anspruchsvollere Gäste.
Noch ist es aber nicht so weit. Ich muss erst den Bürgermeister oder sonst jemanden in St. Jakob dazu bringen, mir den Grund für meine Jauchegrube zu schenken. Geld habe ich nämlich keines. Ob da ein paar Fotos aus den siebziger Jahren reichen, weiß ich nicht. Aber ich werde es herausfinden.
Für meine Suche nach Frieden und Glück darf es letztlich keine Rolle spielen, ob ich nach Santiago de Compostela latsche oder durch Kärnten fahre. Die Gebeine des Apostels Jakob liegen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht in der Kathedrale von Compostela. Und wenn, auch wurscht. Dass die Menschen gerade dorthin wandern und sich hernach bereichert fühlen, muss einen anderen Grund haben. Die rein körperliche Verausgabung kann es auch nicht sein, sonst würden Marathonläufer und Iron-Man-Teilnehmer auch pausenlos von ihrem Weg zum Glück faseln. Es gibt also keinen wirklichen Grund, etwas vom spanischen Jakobsweg zu erwarten. Und genau das hat er mit dem österreichischen Jakobsweg gemein: Es ist egal. Und wenn es schon egal ist, kann man auch mit dem Auto fahren. Wenn der liebe Gott gerne hätte, dass wir es unbequem haben, hätte er keine Schuhsohlen erfunden. Und keine Sesseln. Und in letzter Konsequenz natürlich auch nicht mein Cabrio. Es ist also von Gott gewollt, dass ich mit dem Cabrio durch die alpinen St. Jakobs fahre.
Ich würde mir neben einem Grundstück für meine private Jauchegrube auch noch wünschen, dass die jeweiligen Tourismusvereine von diesem Buch so erbaut wären, dass ich fortan mit meinem mich liebend Weib und der Kinder Schar mindestens einmal im Jahr in mindestens einem St. Jakob Urlauben darf. Zumindest stark verbilligt. Was weiß ich... all inclusive , und ich zahle die Getränke. Kann doch nicht so schwer sein. Ich meine, was kostet das im Vergleich zu dieser unentgeltlichen Dauerwerbesendung, die Sie gerade in Händen halten? Ganz zu schweigen von Internet, Zeitungen, Funk und TV, wo ich das Thema St. Jakob natürlich auch noch ausgiebigst behandeln
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