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Sind wir bald da

Sind wir bald da

Titel: Sind wir bald da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Haipl
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schon die längste Zeit überfällig ist, weil die eine Fliege genau an der Stelle zerkletscht ist, durch die ich besonders gerne nach draußen schaue. Ich erzähle Verena von meinem überaus wagemutigen Vorhaben, will schon den Blinker raus tun — da fährt der LKW vor mir rechts ran und winkt mich vorbei. Wird nun doch nichts aus meinem nassforschen Plan! Ich werde die Windschutzscheibe ein anderes Mal putzen und bin für den Moment sehr begeistert von der Freundlichkeit des LKW-Fahrers. Es gibt ja doch nette Menschen, wie schön. Vielleicht hat er auch bemerkt, dass wir Pilger sind. Man sieht uns das bestimmt an: ein graubärtiger Vierzigjähriger in Fred-Perry-Polo am Volant eines Ersatzporsches, daneben eine junge blonde Dame mit Christian-Dior-Sonnenbrille, Evian schlürfend und Downbeat hörend. Die Suche nach uns selbst und der Wille zum Einfachen, Wesentlichen springt uns geradezu aus dem Antlitz.
    Das Drautal (unaufdringlicher Tourismus, schöne Pensionsnamen und verruchte Lokale) habe ich ja vorhin schon lobend erwähnt. Irgendwann sind wir dann in Lienz angekommen. Lienz habe ich sehr gerne, da war ich als Teenager einige Male Schifahren. Wann und wo weiß ich nicht mehr genau (doch, mittlerweile habe ich herausgefunden, dass es Zettersfeld war). Ich kann mich nur erinnern, dass Der ganz normale Wahnsinn mit Towje Kleiner gerade im Fernsehen lief, und kurz davor muss Falco den Kommissar herausgebracht haben. Besonders gefinkelte Erwachsene, die vermitteln wollten, dass sie genauso jung und verrückt sind wie wir Zwölfjährigen, haben nämlich geradebrecht (radegebrochen? radegebrecht? geradegebrochen?) »Da didel dum , der Kommissar geht um«. Geht natürlich gar nicht. Nahezu peinlich. Na ja, das war jedenfalls Lienz.
    Wenig später kann man dann schon ins Defereggental abbiegen, und ich muss sagen, es gilt nicht umsonst als die beliebteste Tourismusregion Osttirols. Die Landschaft ist einfach Weltklasse (muss hier auch einmal gesagt werden). Jawohl, ich behaupte, dass reißende Wildbäche, sattgrüne Wiesen, schneebedeckte Bergspitzen und wohlriechende Tannenwälder bei den meisten Menschen gut ankommen. Sogar bei strahlendem Sonnenschein und blitzblauem Himmel. Im Ernst, das ist gar nicht so schlecht. Probieren Sie das ruhig einmal aus.
    Um genau zu sein haben das schon zirka achtzig Millionen Menschen vor uns ausprobiert. Es gibt hier nämlich nicht viele von Menschenhand erschaffene Gebäude, die nicht der Unterbringung von Feriengästen dienen. Ich meine, mich eines Marterls und einer Futterkrippe entsinnen zu können. Wobei man Letztere zu Stoßzeiten bestimmt auch als Notbett an den holländischen Mann bringt.
    Zitat Wikipedia: Mit einer Bevölkerung von knapp 1.000 Einwohnern ist St. Jakob heute der Hauptort des Defereggentals . Die flächenmäßig zweitgrößte Gemeinde des Bezirks ist mit nur 5 Einwohnern pro km 2 das am dünnsten besiedelte Gebiet Osttirols. Wirtschaftlich ist der Tourismus die wichtigste Einkommensquelle der Bevölkerung. Die Gemeinde zählt nach Matrei in Osttirol die meisten Nächtigungen in Osttirol und ist im Wintertourismus führend.

    Nachdem wir das gesamte Tal von Hopfgarten über St. Veit bis St. Jakob (zirka zehn Kilometer) gewissenhaft durchmessen hatten, beschlossen wir, weil es so schön war, noch einmal zurückzufahren, um sicherzustellen, dass wir auch bestimmt nichts versäumt haben, und sind dann, nachdem wir das überaus sehenswerte Defereggental ein zweites Mal begutachtet hatten, noch einmal an seinen Anfang zurückgekehrt.
    Die leider sehr unrustikal aussehende Dame von der Touristeninformation (sie wirkte eher wie eine holländische Hausfrauenprogrammmoderatorin, sprach aber ganz eindeutig einen Tiroler Akzent) meinte auf unsere Frage, wo denn noch etwas frei sei, nicht ganz unrichtig, wir sollten am besten überall vorbeifahren, nachsehen und selber fragen. Nicht die falsche Auskunft, aber da wäre noch mehr drinnen gewesen. Dann hätte sie sich aber nicht so gut mit ihrem Kollegen hinter dem Schalter unterhalten können. Dabei hatten wir sie nämlich ganz augenscheinlich gestört, und ich möchte mich an dieser Stelle in aller Form dafür entschuldigen.
    Immerhin hat sie uns einen Prospekt mit zirka fünfhundert Pensionen, Hotels und Gasthäusern mitgegeben. Das hatte den nicht unwesentlichen Vorteil, dass wir nicht überall aussteigen mussten, um persönlich nachzufragen, wie das jetzt sei mit Zimmern und Verfügbarkeit. Nein, wir haben uns vor der

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