Sind wir bald da
Haare aus, was — so nehmen wir hier einmal an — ein evolutionärer Vorteil sein muss, weil sonst auch Tiere Haarausfall hätten, und dann lässt er sich Haare implantieren... Da stimmt doch etwas nicht!
Montag, 20. Juli
Was bewegt Menschen, Gastronomiebetrieben Namen wie »Pension Lustig Grün«, »Gasthaus Wia z’Haus « oder »Hotel Sunshine« zu geben? Wie kann es im Freibad von Hermagor zu einer »Reggae Nacht« kommen? Und warum hat keiner aufgepasst, als man das »Love Vegas« und die »Bar Maxim« in die Welt gesetzt hat? Mitten im Drautal, an der Landstraße zwischen Campingplätzen und Lokalen mit den eingangs erwähnten Namen? Ich weiß das alles nicht, aber ich will jetzt darüber nachdenken.
Bei Waldemar war es herrlich. Ich habe die spirituelle Nähe zu Armin Assinger genossen und verstehe jetzt besser, warum Bauern Förderungen brauchen. Es ist nicht leicht, vierundzwanzig Stunden am Tag für deutsche, holländische UND österreichische Touristen so zu tun, als würde man sie mögen. Das gelingt vielen, und ich habe großen Respekt vor diesen Menschen. Trotzdem mussten wir aufbrechen und uns in Richtung St. Jakob im Defereggental aufmachen. Aus irgendeinem Grund hatte ich mir erwartet, dass die Wäsche weniger wird, wenn ich sie mal getragen habe. Also analog zu einer Flasche Wasser: Wenn man daraus trinkt, wird sie leichter und trägt sich auch immer leichter. Ich habe jetzt den halben Kofferraum voller verschwitzter Unterhosen, Socken, T-Shirts usw., aber er geht deswegen überhaupt nicht leichter zu. Intellektuell kann ich das fassen und nachvollziehen, ganz trauen möchte ich dem Ganzen aber doch nicht, rein gefühlsmäßig. Vielleicht lege ich mich des Nachts auf die Lauer, um mit eigenen Augen zu überprüfen, was die Schmutzwäsche macht, wenn sie denkt, dass wir Menschen schlafen.
Zurück zu dem Problem mit den Namen: Ich sehe ein, dass in Tourismusgebieten ein großer Konkurrenzdruck herrscht und dass man kreativ sein muss, um aus der Menge hervorzustechen. Vielleicht schickt man dann den ältesten Sohn aufs Gymnasium, damit etwas Ordentliches aus ihm wird. Vielleicht hat man auch einen Neffen, den man an sich schon immer für schwul gehalten hat, weil er sich weniger für Traktoren interessiert als für Kunst. Bilder, Gedichte und so. Den fragt man dann: »Du, wir brauchen einen Namen für die Pension. Was meinst du, wie klingt »Pension gut schlafen und Frühstück, aber auch biologisch vom Essen her und die Giftstoffe, weil es das ist, was denen aus der Stadt gut gefällt — aber auch mit Unterhaltung (Erlebnisbad, Kinderspielplatz und ein volkstümlicher Abend jeden ersten Freitag im Monat)« als Name? Ja, ist recht lange. Aber es gehört alles rein in den Namen, und von mir aus könnte man das mit dem Schlafen und dem Frühstück weglassen, weil das der Name »Pension« an sich schon sagt .« Der schwule Neffe mit Kunstneigung (er hört vielleicht nur FM4 statt Ö3 oder trinkt lieber Wein statt Bier) legt dann den Kopf zur Seite und spricht: »Da muss ich ein bisschen nachdenken .« Der Onkel: »Haha, drum legst den Kopf zur Seit’n , damit des bissl Hirn zamrinnt , ha? Na, Spaß beiseite. Denk ruhig nach .« Nach einigen Tagen kommt der Neffe dann mit dem Ergebnis — »Pension Fustig Grün« (beinhaltet alles Geforderte, inklusive Bio-Touch und Unterhaltungsangebot). Der Onkel schaut ungläubig, muss aber zugeben, dass die Jungen heute in der Schule schon Sachen lernen und dass das Internet was ist, was sie früher nicht gehabt haben. Na ja, und darum heißt eine Pension eben »Pension Lustig Grün«.
Habe ich nicht definitiv überprüft, halte ich aber für sehr wahrscheinlich. Was es mit »Hotel Sunshine« auf sich hat, weiß ich nicht. Klingt halt international — und wer will nicht international sein? »Gasthaus wia z’Haus «... mein Gott, was soll man von Menschen erwarten, die mit ORF und RTF sozialisiert worden sind und das, was ihnen da vorgesetzt wird, für originell halten? Ist kein Vorwurf, aber man darf sich nicht wundern, dass der Filius kein Haubenkoch wird, wenn man ihn mit Steckrüben und Küchenabfällen hochzieht. Jahrhundert-Koch schon gar nicht. Insofern kann man davon ausgehen, dass Eckart Witzigmann als Kind mehr als Wurstsemmeln mit Dreh und Trink vorgesetzt bekommen hat. Ich habe danach gegoogelt und nichts gefunden. Also habe ich den Meisterkoch einfach angemailt. (Ob ein Koch ein Schnitzel auch » anmehlt «, bevor Ei und Brösel drankommen? Das
Weitere Kostenlose Bücher