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Sind wir bald da

Sind wir bald da

Titel: Sind wir bald da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Haipl
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Zeiten, da TV-Sendungen Die größten Hits der 80er, Die besten Lovesongs, Die schnellsten und ärgsten überhaupt usw. heißen, ist es vielleicht nicht ganz uninteressant zu wissen, dass St. Jakob in Villach 1526 die erste protestantische Kirche Österreichs war. (Später wurde sie freilich wieder katholisch.) Ob es für den Staatsheiligen des gar nicht mal so protestantischen Spanien und Vorzeigemaurenmeuchler ein Renommee ist, wenn nicht eine, sondern gleich die erste protestantische Kirche des Landes unter seiner Patronanz werkt, wage ich zu bezweifeln.
    Die Gottesdienste sind: jeden Sonntag um 9.00,10.00 und 18.30 Uhr; wochentags 9.00 Uhr; samstags 9.00 und 18.30 Uhr. Zumindest im Sommer. Für die Winterzeiten googeln Sie bitte selbst.
    Ich hatte trotzdem den Eindruck, dass der Kirtag, der zufällig gerade abgehalten wurde, in Villach mehr Menschen in seinen Bann zieht als die Fresken und die Kanzel in der ehemals protestantischen Kirche. Bier, Brezen, Musik und erwachsene Männer in kurzen Lederhosen, wer hat das nicht gern?
    Alleine auf dem Weg vom Parkplatz zur Fußgängerzone habe ich drei Statuen gezählt. Allesamt gestiftet von der Stadt Villach. Irgendein Bildhauer muss verdammt gute Beziehungen zum Rathaus haben, zumal eine der Statuen einen Harlekin darstellt und der Villacher Faschingsgilde zu Ruhm und Ehre gereichen soll. Was die Villacher Faschingsgilde ist, wie ihr Massen von verblendeten Kärntnern folgen, was der von ihr ausgelöste Villacher Fasching in Österreich bewirkt hat ( Narrisch guat , wer einen Fernseher hat), und dass man nicht müde werden darf, davor zu warnen, will ich hier nicht näher erläutern.
    Heute wehen jedenfalls sehr viele rot-weiß-gelbe Kärntner Fähnchen in der Innenstadt. Das Wetter (es ist etwas bewölkt) tut das Seine, dass schätzungsweise halb Amsterdam und Köln samt Vororten in Villach ist, und ich trinke ein (eine?) Cola. Das tue ich immer, wenn ich Angst habe, ich könnte Magenschmerzen bekommen. Und das ist hier angesichts der Menschenmassen der Fall. Kann die Sonne bitte wieder scheinen und diese vielen, privat sicherlich sehr netten Menschen ins Freibad locken? Nein? Gut. Schade.
    Am Ende der Fußgängerzone entdecke ich eine echte, originale und wahrhaftige BZÖ-Zweigstelle (für die zahlreichen Leser aus dem Ausland: Bündnis Zukunft Österreich, ein auf Kärnten beschränktes politisches Phänomen, ins Leben gerufen vom verstorbenen Landeshauptmann Dr. Jörg Haider). Ich sehe mir neugierig alles an. Nicht dass irgendetwas anders wäre als in einem lieblos gestalteten Schaufenster einer durchschnittlichen Versicherungsgesellschaft. Aber man glaubt ja nie, dass es so etwas in echt gibt, bis man es dann tatsächlich sieht. BZÖ... die gibt es also wirklich. Wow!
    Als wir zum Parkplatz zurückkommen, warten bereits einige Menschen vor dem Automaten, um zu bezahlen. Vielleicht sollte ich hier der Einfachheit halber das E-Mail einfügen, das ich später geschrieben habe:

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    auf dem von Ihnen betreuten Parkplatz vor der Brauerei trug sich heute Folgendes zu: Nach einem halbstündigen Spaziergang durch die Fußgängerzone wollten ich und meine Frau unser Auto holen, um weiterzufahren. Vor dem Automaten stehen bereits einige Menschen, der Automat defekt. Die Schlange der wartenden Menschen wird länger, es heißt, bald komme jemand. Nach 10 Minuten werde ich unruhig, rufe selbst unter der angegebenen Nummer an. Beim dritten Mal hebt auch jemand ab und meint, die Firma XY sei zuständig, jemand von denen lasse uns und die anderen Personen (mittlerweile rund 20) vom Parkplatz. Ich gehe zu dem Büro der genannten Firma, Zettel an der Tür: »Sind in der Brauerei«. Ich gehe zur Brauerei, niemand zuständig. Ich wähle noch einmal die angegebene Nummer, niemand hebt ab. Meine Freundin ruft mich an, ein Herr von der Brauerei sei mittlerweile beim Automaten und hantiere daran. Ich gehe zurück zum Automaten, frage: »Wer zahlt denn jetzt die Stunde extra ?« Mittlerweile bin ich wegen der Warterei natürlich über die erste Stunde drüber und unwirsch. Um mich entnervte Gäste, Familien, kleine, quengelnde Kinder, eine unübersehbar schwangere Frau. Antwort: »Weiß ich nicht, bin nicht zuständig .« Ich frage noch einmal: »Die Dame am Telefon hat gemeint, Sie würden den Schlagbaum hochfahren und uns alle rauslassen. Wir sind hier nämlich mitsamt unseren Autos mitten in Villach gefangen, wissen Sie ?« Antwort: »Bin nicht befugt .«

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