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Singularität

Singularität

Titel: Singularität Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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uns alles darüber erzählen – auch, von wem
Sie das Ding haben –, oder aber uns unsere eigenen Schlüsse
daraus ziehen lassen. Das hier ist kein Zivilgericht, es handelt sich
auch nicht um eine Ermittlung der Staatsanwaltschaft. Hier handelt es
sich, falls Sie es noch nicht erraten haben, um eine
militärische Angelegenheit der Spionageabwehr. Ihr Verhalten uns
gegenüber wird darüber entscheiden, wie wir mit Ihnen
verfahren, kapiert?«
    Martin blinzelte. »Ich hab das Ding noch nie zuvor
gesehen«, beteuerte er mit rasendem Puls.
    Sauer sah angewidert aus. »Tun Sie nicht so, als wüssten
Sie nicht genau, worum es hier geht. Das Ding hat sich in Ihrem
Gerät befunden. Und die Vorschriften der Marine besagen
ausdrücklich, dass es ein Vergehen darstellt, nicht genehmigte
Kommunikationsmittel an Bord eines Kriegsschiffes zu bringen. Was
also hat das Ding hier zu suchen gehabt? Haben Sie vergessen, es
herauszunehmen? Wem gehört es überhaupt?«
    Martin zögerte. »Die von der Werft haben mir
aufgetragen, es mitzunehmen«, sagte er. »Als ich an Bord
kam, war mir ja nicht klar, dass ich mehr als jeweils eine Schicht
dort bleiben würde. Oder dass es ein Problem
darstellt.«
    »Die Werft hat Ihnen aufgetragen, es mitzunehmen.« Sauer
wirkte skeptisch. »Es ist ein toter Kausalkanal, Mann! Haben Sie
irgendeine Vorstellung davon, was eines dieser Dinger wert
ist?«
    Martin nickte unsicher. »Haben Sie irgendeine Vorstellung
davon, was dieses Schiff wertist?«, hielt er dagegen.
»MiG hat es gebaut. Und MiG hat vor, eine Menge Geld mit
Nachbauten dieses Prototyps zu verdienen. Und noch mehr, wenn sich
dieses Schiff in der Schlacht bewährt. Ist Ihnen schon mal in
den Sinn gekommen, dass meine ursprünglichen Arbeitgeber –
die Leute, von denen Sie mich entliehen haben – ein legitimes
Interesse daran haben zu erfahren, welche Veränderungen Sie an
dem Schiff vorgenommen haben, das sie Ihnen geliefert
haben?«
    Sauer warf die Kassette auf Martins Koje. »Plausibel. Bis
jetzt halten Sie sich ganz gut, aber lassen Sie sich das nicht zu
Kopf steigen.« Er drehte sich um und klopfte an die Tür.
»Wenn das alles ist, was Sie uns zu sagen haben, werde ich es so
an den Kapitän weiterleiten. Falls Sie mir noch mehr zu sagen
haben, lassen Sie’s den Aufseher wissen, wenn er Ihr Mittagessen
bringt.«
    »Ist das alles?«, fragte Martin, als sich die Tür
öffnete.
    »Ob das alles ist?« Sauer schüttelte den Kopf.
»Sie gestehen ein Kapitalverbrechen ein und fragen, ob das alles ist?« Er blieb im Eingang stehen und starrte Martin
ausdruckslos an. »Ja, das ist alles. Aufzeichnung
beenden.«
    Gleich darauf war er verschwunden.
     
    Unmittelbar nach der vorzeitig abgebrochenen Durchsuchung von
Rachels Gepäck war Wassily sehr erschrocken zu Leutnant Sauer
geeilt, um dessen Rat einzuholen. In Sauers Anwesenheit sprudelte
schließlich alles aus ihm heraus, woraufhin der Leutnant
bestätigend nickte und ihn beruhigte, ehe er ihm erklärte,
was sie unternehmen würden.
    »Die machen gemeinsame Sache, Sohn, so viel ist mal klar.
Aber Sie hätten zuerst mit mir reden sollen. Wollen uns diese
Kassette mal ansehen, die Sie ihm weggenommen haben, wie?«
    Wassily reichte ihm die Kassette, die er aus Martins Notebook
geklaut hatte. Nachdem Sauer einen Blick darauf geworfen hatte,
nickte er vor sich hin. »Hab so ein Ding noch nie gesehen, Sie
etwa? Na ja, machen Sie sich keine Sorgen; das ist genau der Hebel,
mit dem wir ansetzen können.« Er klopfte viel sagend auf
den toten Kausalkanal. »Ich weiß ja nicht, warum er das
mit an Bord genommen hat, aber es war verdammt dumm von ihm, ein
klarer Verstoß gegen die Vorschriften Seiner Majestät. Sie
hätten damit sofort zu mir kommen können – ich
hätte keine Fragen gestellt –, anstatt im Gepäck der
Frau herumzustöbern. Was Sie selbstverständlich gar nicht
getan haben, oder?«
    »Ah… Nein, Sir.«
    »Na, wunderbar.« Sauer nickte wieder vor sich hin.
»Denn wenn Sie’s getan hätten, müsste ich Sie
natürlich festnehmen. Aber ich gehe davon aus, dass sie die
Tür aufgelassen und irgendein Rekrut versucht hat, sich an ihrer
Garderobe zu bedienen. Nun ja, in diesem Fall können wir ja die
Ermittlungen aufnehmen…« Er ließ den Satz
gedankenvoll im Raum schweben.
    »Warum können wir die Frau nicht festnehmen, Sir?
Wegen… ähm… Besitz eines illegalen
Geräts?«
    »Weil…«, Sauer sah an seiner Nase vorbei auf
Wassily herunter, »sie einen Diplomatenpass besitzt. Sie hat

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