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Singularität

Singularität

Titel: Singularität Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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gegen die Platte stieß
und eine auffällig hervorragende Fläche berührte,
blinkten Schriftzeichen auf: ZUGANG VERWEIGERT. UNBEKANNTER
GENETISCHER FINGERABDRUCK.
    Verdammt.
    Während er die verschiedenen Möglichkeiten durchging,
tropfte ihm Schweiß vom Hals. Gleich darauf wandten sich seine
Augen dem Kofferinhalt zu, den er an der Seite aufgestapelt hatte.
Das Ding wollte eine Hautprobe, die es identifizieren konnte? Hm.
Handschuhe. Er streckte sie hoch. Lange Damenhandschuhe, die schwach
nach irgendetwas rochen. Genau! Wassily stülpte einen davon um,
rollte ihn über die rechte Hand und den Arm und berührte
nochmals die Erhebung in der Platte: ZUGANG… GEWÄHRT. Der
menschliche Körper stieß fünf Millionen Hautpartikel
pro Stunde ab. Und diese Handschuhe hatte Rachel Mansour getragen,
deshalb…
    Als ein Menü auftauchte, berührte Wassily es wahllos mit
dem Finger. Die erste Option besagte: DESIGN-KATALOG DER SEARS
FOUNDATION, was immer das bedeuten mochte. Darunter stand FREE
HARDWARE FOUNDATION GNU-COUTURIER 15.6, noch weiter unten DIORS
HISTORISCHER KATALOG. Er kratzte sich am Kopf. Keine Handbücher
für Geheimcodes, keine verborgenen Waffen, keine versteckten
Kameras. Nur unverständliche Betriebsanleitungen. Frustriert
hämmerte er auf die Platte ein.
    Als ein tiefes Summen durch den Raum drang, fuhr er so erschrocken
zurück, dass er den Stuhl umwarf. Am Deckel der Hutschachtel
öffnete sich ein Schlitz. Während das Ding wie
verrückt zu scheppern und rasseln begann, warf es etwas aus:
Irgendetwas Rotes landete auf seinem Kopf – ein Hauch von Spitze
mit zwei Beinlöchern. Skandalös! Knirschend und kreischend
spuckte die Hutschachtel in schneller Folge weitere
Kleidungsstücke aus: ein Ballkleid aus glänzendem
Tüll, gefolgt von Stiefeletten mit Eisenabsätzen und blauen
Kniehosen aus grobem Gewebe. Er fasste die Sachen an: Sie waren warm
und rochen schwach nach Chemie.
    »Hör auf damit!«, zischte er.
»Aufhören!« Als Antwort darauf quollen mehrere
Strümpfe aus dem Koffer, danach Hosen und ein Korsett, das
seiner Trägerin die Luft abschnüren würde. Frustriert
schlug er auf das Menü ein, was glücklicherweise den Erfolg
zeitigte, dass der Koffer seine Kleiderproduktion einstellte. Als er
das Wunderding verwirrt betrachtete, schoss ihm eine Erkenntnis durch
den Kopf: Warum sollte sie auch einen Koffer voller Kleidung mit an
Bord nehmen, wenn sie einen mitbringen kann, der jedes
gewünschte Kleidungsstück auf Knopfdruck herstellt?
Während der Koffer ein seltsames, mahlendes Geräusch von
sich gab, starrte Wassily ihn zutiefst entsetzt an. Es war ein
Füllhorn! Eines dieser geächteten, von Mythen umwobenen
Schreckgespenster aus der Vergangenheit – die Maschine, die
sozialen Abstieg, Arbeitslosigkeit und wirtschaftlichen Niedergang
über seine Vorfahren gebracht hatte, ehe sie vor der
Singularität geflüchtet waren, um sich anderswo anzusiedeln
und auf die Gründung der Neuen Republik hinzuarbeiten!
    Das Füllhorn grunzte und summte. Völlig entgeistert
blickte Wassily zur Tür. Falls Rachel Mansour bereits auf dem
Rückweg war…
    Plötzlich öffnete sich die Hutschachtel, und etwas
Schwarzes, Glänzendes lugte hervor. Summende Antennen fuhren aus
und scannten den Raum, während sich an der Seite der
Hutschachtel, deutlich erkennbar, Klauen ausstreckten, um nach ihm zu
schnappen.
    Wassily musste nur einen Blick auf das Monstrum werfen, um
völlig auszurasten. So kopflos, dass er die Kabinentür
offen ließ, flüchtete er sich mit wirrem Haar und wildem
Blick auf den Gang. Und immer noch steckte seine Hand in dem
umgestülpten Damenhandschuh.
    In der Kabine schloss der nagelneue Spionageroboter die
Erforschung seiner unmittelbaren Umgebung ab. Primitive Programme
vernetzten sich in dem Hirn voller Mikroprozessoren. Da kein Einsatz
drängte, der Vorrang vor allem anderen hatte, entschloss sich
das Hirn zur Fehlersuche und bereitete weitere
Aufklärungsaktionen vor. Der Roboter grapschte sich das
nächstliegende mobile Objekt, das ihm zur Tarnung dienen konnte,
breitete es schützend über seinen krebsartigen Panzer und
machte sich auf den Weg zum Lüftungsschacht. Als er es gerade
geschafft hatte, das Gitter über dem Schacht zu entfernen,
schepperte es in der Hutschachtel: Der zweite kleine Spionageroboter
erwachte gerade rechtzeitig zum Leben, um zu beobachten, wie das
gelbe Gewand im Schacht der Klimaanlage verschwand. Erneutes
Scheppern: Gleich würde ein weiterer Roboter zum

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