Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Singularität

Singularität

Titel: Singularität Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
Vom Netzwerk:
Bienenstock.«
    Etwas Großes, Dunkles glitt hinter Burija über den Hof.
Als er sich hastig umdrehte, sah er zwei vielgliedrige Beine, die in
Hühnerkrallen endeten und von einer wilden, dunklen
Haarmähne gekrönt wurden. Die Beine knieten nieder, und der
Körper senkte sich, bis eine Öffnung vor der Dachterrasse
auftauchte, die so dunkel und wenig einladend wirkte wie die
eingesunkene Nasenhöhle eines Totenschädels.
    »Komm, begleite mich.« Siebente Schwester der
Kriegslisten stand hinter Burija und verstellte ihm den Rückweg
ins Arbeitszimmer. Es war kein Angebot, sondern ein Befehl. »Du
wirst viel lernen.«
    »Ich… ich«, Burija hörte auf zu protestieren,
streckte stattdessen eine Hand nach seiner Kehle aus, fand den
Lederriemen und zerrte heftig an dessen Ende. »Wachen!«
    Mit der Naturgewalt eines Erdbebens wälzte sich Siebente
Schwester vorwärts und fegte ihn nach hinten in den wandelnden
Unterschlupf, wobei sie wieder das seltsame
Schnüffelgeräusch von sich gab. Hinter ihr brach ein
wütendes Zischen und Schnattern aus, auf das zielloses
Gewehrfeuer folgte, als die erste der Wachgänse durch die
Tür des Arbeitszimmers raste. Mit vier Zentnern Lebendgewicht
über sich, die ihn niederdrückten, landete Rubenstein auf
dem Boden, der schwankte, gleich darauf wie ein Fahrstuhl in die
Höhe stieg, sich wieder senkte und zu beschleunigen begann. Das
Gefühl war ähnlich wie bei einer Karussellfahrt auf dem
Rummelplatz während der Winterkirmes. Rubenstein keuchte und
versuchte, irgendwie Luft zu bekommen, aber ehe er ersticken konnte,
rappelte sich Siebente Schwester hoch und lehnte sich zurück.
Sie saß auf etwas, das wie ein Nest aus trockenen Zweigen
aussah. Während sie ihn auf grässliche Weise angrinste und
dabei ihre Stoßzähne entblößte, zog sie eine
große Wurzel hervor und begann darauf herumzukauen.
    »Wohin bringst du mich? Ich verlange, dass du mich wieder
absetzt…«
    »Nach Plotsk«, erwiderte die Kritikerin. »Damit du
verstehen lernst. Willst du Karotte?«
     
    Sie kamen Martin holen, als er fest schlief. Seine Kabinentür
wurde aufgerissen, zwei stämmige Rekruten traten ein und machten
Licht. »Was ist los?«, fragte Martin verwirrt.
    »Aufstehen!«, befahl ein Maat, der an der Tür
Posten bezogen hatte.
    »Was…«
    »Aufstehen!« Energisch wurde ihm die Bettdecke
weggerissen. Martin fand sich halb aus seinem Bett gezerrt, ehe er
sich überhaupt an das grelle Licht gewöhnt hatte.
    »Schnell, schnell!«
    »Was geht hier vor?«
    »Halts Maul!«, sagte einer der Rekruten und schlug ihn
beiläufig ins Gesicht. Als Martin zurück auf das Bett fiel,
packte der andere Rekrut seinen Arm und legte ihm Handschellen an.
Während Martin versuchte, nach seinem Mund zu tasten – er
war wund, brannte und tat weh, war aber nicht schlimm zugerichtet
–, schnappten sie sich sein anderes Handgelenk.
    »In den Bau, Marsch, Marsch!« Nackt und in Handschellen
wurde Martin durch die Tür geschleppt. Sie trieben ihn zu der
Ebene, die unterhalb der technischen Räume und des Antriebskerns
lag. Alles zog in einem schmerzlichen Nebel aus grellem Licht an ihm
vorbei. Als er ausspuckte, sah er einen Streifen Blut über den
Fußboden sickern.
    Eine Tür ging auf: Sie stießen ihn hindurch, sodass er
vornüberstürzte. Danach schlug die Tür zu.
    Schließlich setzte der Schock ein. Martin kauerte sich
zusammen, wälzte sich auf die Seite und übergab sich auf
den Fußboden, ohne dass viel kam. Von Anfang bis Ende hatte der
Überfall nicht einmal zwei Minuten gedauert.
    Er lag immer noch am Boden, als die Tür sich wieder
öffnete. Ein Paar Stiefel geriet in sein Blickfeld.
    »Wischen Sie diesen Schlamassel auf«, sagte eine
gedämpfte Stimme. Und lauter: »Sie – sofort
aufstehen!«
    Als Martin sich herumwälzte, sah er, dass Sicherheitsoffizier
Sauer auf ihn hinunterstarrte. Hinter ihm stand der junge Beamte aus
dem Büro des Kurators, zusammen mit zwei Rekruten. Martin setzte
sich auf.
    »Raus«, befahl Sauer den Wachen, die sofort den
Rückzug antraten. »Aufstehen!«, wiederholte er.
    Martin rappelte sich auf und lehnte sich dann aufrecht gegen eine
Wand.
    »Sie sind in großen Schwierigkeiten«,
erklärte der Leutnant. »Nein, sagen Sie nichts, Sie sind in
Schwierigkeiten. Sie können sich selbst noch tiefer hineinreiten
oder aber mit uns zusammenarbeiten. Ich möchte, dass Sie eine
Weile darüber nachdenken.« Er hielt eine dünne
schwarze Mikroplatte hoch. »Wir wissen, was das ist. Sie
können

Weitere Kostenlose Bücher