Singularität
haben
und nicht irgendein dahergelaufener Sicherheitsoffizier, der
gleichzeitig die Anklage vertritt.« Sie wandte den Blick von ihm
ab und sah auf die Entlüftung, während sie gleichzeitig in
schnellem Takt auf seinen Handrücken klopfte. Er spannte das
Handgelenk zu einem wohl bekannten Muster: Nachricht
verstanden.
Wenn ich dreimal blinzle, beginn mit Hyperventilation. Wenn ich
zweimal blinzle, halt den Atem an.
Seine Augen weiteten sich leicht. »Die werden sowieso nicht
Zeit haben, vor der Annäherung an den Planeten irgendetwas zu
unternehmen«, fuhr sie verbal fort. »Wir sind noch rund
zwei astronomische Einheiten entfernt und nähern uns schnell an;
das’ Gefecht müsste gegen Mitternacht beginnen, falls es
überhaupt zu einem Feuerwechsel kommt.« Besitze
Rettungsboot, fügte sie mit Morsezeichen hinzu.
»Das ist ja…«, er schluckte. Wie entkommen?, signalisierte er. »Ich vertraue nicht darauf, dass sie alle
Feinheiten beachten werden. Dieses Scheingericht…« Er
zuckte die Achseln.
»Überlass das alles mir«, sagte sie und
drückte bekräftigend seine Hand. »Ich weiß, was
ich tue.« Zum ersten Mal zeichnete sich Hoffnung in seinen
Zügen ab. Sie ließ ihn los und lehnte sich auf dem Stuhl
zurück. »Es ist stickig hier drinnen«, beschwerte sie
sich. »Was ist mit der Belüftungsanlage los?«
Martin blickte an ihrem Kopf vorbei, und sie folgte seinem Blick:
das Gitter in der Decke. Als sie ihre Augen schloss und fest
zudrückte, hefteten sich grüne Raster vor das Innere ihrer
Lider, Gitter, die sie an die albtraumartige Vision einer
Gefängniszelle erinnerten. Hinter den Belüftungsschlitzen
warteten geduldig die Spionagedrohnen, Überbleibsel des
Schwarms, den Wassily losgelassen hatte. Ein wenig aufgeladen, um die
Gerichtsverhandlung interessanter zu machen, waren sie Rachel bis zu
diesem Raum gefolgt. Geschieht dem kleinen Voyeur recht, dachte sie bitter, als ihr Wassily einfiel. »Ich hol dich
hier raus«, versicherte sie Martin, um ihn zu beruhigen.
»Verstehe«, er nickte mit leicht geneigtem Kopf.
»Du weißt ja, äh, dass ich mich im Umgang mit
Menschen schwer tue…«
Sie schüttelte den Kopf. »Das alles geschieht nur, damit
ich mich bloßstelle, es geht hier gar nicht um dich. Ist auch
nicht persönlich gemeint, die wollen mich nur aus dem Weg
haben.«
»Wer?«
Sie zuckte die Achseln. »Die Offiziere der mittleren
Ränge. Diejenigen, die der Meinung sind, ein kurzer, siegreicher
Krieg könnte ihnen auf der Karriereleiter weiterhelfen.
Diejenigen, die sowieso etwas gegen meine Anwesenheit an Bord haben,
ganz zu schweigen davon, dass ich darüber Meldung mache. Vor
allem wegen der ersten Schlacht bei Lamprey. Ich war dort als
örtliche Vertreterin des Roten Kreuzes, weißt du? Hab
Kriegsverbrechen untersucht. Hat niemand von denen gut dastehen
lassen, und ich glaube, das wissen sie auch. Sie wollen den Konflikt
nicht durch Vermittlung beilegen, sondern Schneid zeigen und Ruhm
ernten.«
»Wenn es nur um dich geht, warum ist dann dieses Teiggesicht
vom Büro des Kurators dabei?«
Sie zuckte die Achseln. »Zwei Fliegen mit einer Klappe. Kein
Problem. Wenn sie das hier vermasseln, können sie es immer noch
dem Handlanger des Kurators in die Schuhe schieben und dafür
sorgen, dass der innere Feind schlecht dasteht. Der Geheimdienst der
Marine und die zivile Geheimpolizei haben nichts füreinander
übrig. Und falls es klappt, haben sie uns beide aus dem Verkehr
gezogen. Nach den Vorschriften haben die gar keine Befugnis, eine
solche Farce durchzuziehen, Martin. Außer im Angesicht des
Feindes darf nur ein Oberbefehlshaber ein Todesurteil verhängen.
Wenn sie dich also hinrichten, ist das so gesetzwidrig, dass man sie
alle an den Galgen bringen kann.«
»Das beruhigt mich wirklich sehr.« Er zwang sich zu
einem Lächeln, aber es wirkte eindeutig verängstigt.
»Tue einfach dein… Ach, verdammt, ich vertraue
dir.«
»Und das ist auch gut so.«
Gleich darauf öffneten sich die Türen.
»Es klappt«, bemerkte Sauer. »Sie ist aus der
Reserve gegangen, um ihren Günstling zu verteidigen. Jetzt
müssen wir sie in regelrechten Widerstand
hineinmanövrieren. Sollte nicht allzu schwer sein, wir sind am
Drücker.«
»Widerstand?« Vulpis zog die Augenbraue hoch. »Sie
haben doch gesagt, es sei eine Gerichtsverhandlung.«
»Ein Wettstreit des Geistes, unser gegen ihren. Sie hat sich
darauf eingelassen, ihn zu verteidigen. Das heißt, sie handelt
als ein Offizier, der dem Gericht
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