Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Singularität

Singularität

Titel: Singularität Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
Vom Netzwerk:
Kilogramm. Die
zusätzliche Masse hatte größtenteils aus dickwandigen
Kapillarröhren aus Borkarbid bestanden – Behälter
für dünne Kristalle von ultrareinem Uran-235-Tetra-Iodid
– und einem großen Vorrat von Kadmium. Der Schrankkoffer
konnte alles und jedes produzieren, sofern man ihm die entsprechenden
Bestandteile eingab. Vor allem brauchte er Kohlenstoff, Wasserstoff
und Sauerstoff, und diese Stoffe waren im Abwassersystem des Schiffes
im Überfluss vorhanden. Doch wenn eine Diplomatin wirklich
schnell die Flucht antreten musste und keine wirksame Energiequelle
bei der Hand hatte… Nun ja, die Kernspaltung, eine alte und aus
der Mode gekommene Technologie, war hervorragend zu speichern, wog
kaum etwas und explodierte normalerweise nicht ohne guten Grund.
Alles, was man dazu brauchte, war die richtige Art von nicht
greifbaren Stoffen, mit denen man hantieren musste, damit es klappte.
Was auch der Grund war, warum Rachel genügend Uran mitgeschleppt
hatte, um zwei oder drei Atombomben stattlicher Größe
herstellen zu können. Oder das Herzstück einer nuklearen
Salzwasserrakete.
    Eine nukleare Salzwasserrakete war in etwa der einfachste
interplanetare Antrieb, der in einen Schiffskoffer passte. Jenseits
der inneren Schutzhülle von Rachels Kabine hatte der
Schiffskoffer inzwischen einen großen Tank errichtet, den
Neutronen absorbierende, von Bor eingefasste Röhren durchzogen.
Dieser Tank füllte sich langsam mit Wasser, das eine Lösung
von fast kritischem Uran-Tetra-Iodid enthielt. Nur ein dünne
Schicht von sorgfältig ausgehöhlten Schiffsverkleidungen
und umgeleitete Kabelführungen sorgten dafür, dass die
gläserne Kugel und ihr zwanzig Tonnen schwerer Treibstofftank
mit Salzwasser auf der anderen Seite des Schotts an Ort und Stelle
verblieben, innerhalb des Schlachtkreuzers. Die hybride Konstruktion
schmiegte sich wie eine Made unter die Schiffshülle. Eine Made,
die sich vom Fleisch ihres Wirts nährte und auf die Brut
vorbereitete.
    An anderen Orten des Schiffes floss die Toilettenspülung
inzwischen nur noch schwach, und der Wasserdruck in den Duschen der
Offiziere war skandalös niedrig. Einige Umwelttechniker kratzten
sich angesichts des unerwartet niedrigen Bodensatzes im Gärtank
Nummer vier die Köpfe. Ein heller Kopf murmelte bereits etwas
von undichten Stellen in der Installation. Aber da ein voller
Kampfeinsatz nur noch Stunden entfernt war, konzentrierte sich die
meiste Aufmerksamkeit auf die Waffensysteme des Schiffes. Und in der
Zwischenzeit produzierte der Schrankkoffer sorgfältig vor sich
hin, stieß Polymere und Komponentenstoffe aus, mit denen er das
Rettungsboot für seine Herrin zusammenzufügen gedachte.
Angesichts der kurzen Spanne bis zum bevorstehenden Gefecht war das
Tempo entscheidend.
     
    »Das Gericht setzt die Verhandlung fort.« Sauer klopfte
mit einem umgestülpten Glas auf den Tisch. »Angeklagter
Martin Springfield, Ihnen wird vorgeworfen, dass Sie am
zweiunddreißigsten Tag des Monats Harmonie im Jahre 211 der
Republik vorsätzlich ein Kommunikationsgerät mit an Bord
der Lord Vanek genommen haben. Genauer gesagt einen
Kausalkanal, und zwar ohne Genehmigung Ihres vorgesetzten Offiziers
oder auch nur irgendeines anderen Schiffsoffiziers. Das
verstößt gegen Artikel sechsundvierzig der Kriegsstatuten.
Außerdem wird Ihnen vorgeworfen, dass Sie das besagte
Gerät dazu verwendet haben, mit Angehörigen fremder
Nationen zu kommunizieren, was gegen Artikel zweiundzwanzig
verstößt. Dadurch, so lautet die Anklage, haben Sie
Einzelheiten der Funktionsweise des Kriegsschiffes Lord Vanek enthüllt – ein Verstoß gegen Abschnitt zwei des
Gesetzes zur Heimatverteidigung aus dem Jahre 127, ebenso ein
Verstoß gegen Abschnitt vier der Kriegsstatuten, Verrat in
Zeiten des Krieges. Die Anklagen gegen Sie umfassen deshalb
Nichtbeachtung der Vorschriften zur Signalkontrolle, Verkehr mit dem
Feind und Verrat in Zeiten des Krieges. Bekennen Sie sich
schuldig?«
    Ehe er den Mund aufmachen konnte, ergriff Rachel das Wort.
»Nicht schuldig in allen Punkten der Anklage. Und ich kann es
beweisen.« In ihren Augen lag ein gefährliches Funkeln. Sie
stand sehr aufrecht da und hatte die Hände hinter dem
Rücken gefaltet.
    »Steht der Angeklagte hinter dieser Erklärung?«,
fragte Vulpis.
    »Der Oberst spricht für mich«, erklärte
Martin.
    »Zum Ersten: Beweismaterial, das diese Anklagen
unterstützt. Beweismittel eins: Am zweiunddreißigsten Tag
des Monats Harmonie im Jahre 211

Weitere Kostenlose Bücher