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Singularität

Singularität

Titel: Singularität Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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seine Pflicht tun wird. Unsere
Sache, so sagte er, wird siegen, weil Gott auf unserer Seite
sei.«
    Bauer machte sich an seinen Unterlagen zu schaffen, während
er versuchte, das letzte Bild vom Admiral loszuwerden:
Niedergestreckt und zusammengeschrumpft hatte der Alte auf seinem
Bett gelegen, während der Arzt und ein Sanitäter sich leise
beraten und auf die Ankunft des Bordpfarrers gewartet hatten.
    »Als Erstes: Bestandsaufnahme. Fregattenkapitän Kurel,
wie steht’s mit der Navigation?«
    Kurel erhob sich von seinem Platz. Der Navigationsexperte des
Stabs war ein kleiner, überaus pedantischer Mann, dessen Augen
hinter der Hornbrille die Welt mit scharfsichtiger Intelligenz
betrachteten. »Die Abweichung ist gravierend, aber nicht
verhängnisvoll«, sagte er und raschelte mit den Dokumenten,
die vor ihm lagen. »Offenbar war die von Seiner Lordschaft
vorgesehene Zeitschleife doch schwieriger zu navigieren als erwartet.
Trotz aller Verbesserungen, die wir an den Zeitkontrollen des
Antriebs vorgenommen haben, hat sich während unserer Reise eine
Diskrepanz von nicht weniger als sechzehn Millionen Sekunden
eingeschlichen. Ich möchte hier anmerken, dass diese
Verschiebung nicht ganz unerklärlich ist, wenn wir
berücksichtigen, dass wir im Laufe von rund
einhundertneununddreißig Tagen insgesamt achtundsechzig
Sprünge durchgeführt haben. Dabei haben wir eine Strecke
von etwas mehr als achttausenddreiundfünfzig Lichtjahren
zurückgelegt. In der Geschichte der Marine ist das immerhin ein
bahnbrechender Rekord.«
    Er hielt kurz inne, um seine Brille zurechtzurücken.
»Leider bedeuten diese sechzehn Megasekunden eine Abweichung in
der ungünstigsten Richtung, denn zeitlich gesehen führen
sie uns in die Domäne, in der unser Feind unser Territorium
bereits besetzt hat. Praktisch hätten wir kaum schlechter
abgeschnitten, wenn wir die Reise einfach auf normale Weise, mit
fünf Sprüngen, hinter uns gebracht hätten. Die
Entfernung hätte dann nur rund vierundvierzig Lichtjahre
betragen. Wenn man eine vollständige Pulsarkarte mit dem
Spin-down korreliert und zur Welt-Linie des Bestimmungsortes in
Beziehung setzt, kommt man zu dem Ergebnis, dass die zeitliche
Verschiebung uns rund drei Millionen Sekunden in die Zukunft unseres
ursprünglichen Startpunkts trägt. Das wird auch durch die
klassischen Gestirnberechnungstafeln bestätigt. Gemäß
der örtlichen Geschichte hat sich der Feind – das Festival
– schon seit dreißig Tagen auf Rochards Welt
verschanzt.«
    Alle im Raum Versammelten holten daraufhin erst einmal tief Luft,
wobei Fassungslosigkeit und stille Wut sich mischten.
Geschwaderführer Bauer registrierte es sehr genau. »Meine Herren!« Gleich darauf legte sich die Unruhe.
»Zwar mag uns dieses nie zuvor gewagte Manöver nicht die
erwarteten taktischen Vorteile eingebracht haben, dennoch sind wir
nicht auf ganzer Linie gescheitert. Nach wie vor befinden wir uns nur
zehn Tage in der Zukunft unseres Ausgangspunktes, und wenn wir einen
konventionellen Weg gewählt hätten, wären wir auch
erst in etwa zehn Tagen angekommen. Da unsere Aufklärung bislang
nichts Auffälliges gemeldet hat, können wir davon ausgehen,
dass der Feind, der sich dort verschanzt hat, nicht mit uns
rechnet.« Er brachte ein verkrampftes Lächeln zustande.
»Den Navigationsfehler werden wir nach der Siegesfeier
untersuchen.« Diese Äußerung brachte ihm kurz das
zustimmende Gemurmel der Versammlung ein. »Leutnant Kossov, der
Bericht zur allgemeinen Lage, wenn ich bitten darf.«
    »Äh, ja, Sir.« Kossov stand auf. »Alle Schiffe
melden Gefechtsbereitschaft. Die Hauptprobleme sind derzeit
technische Pannen auf der Kamchatka – allerdings melden
sie von dort, dass der Druck auf fast allen Decks inzwischen
wiederhergestellt ist – und die Explosion in den Wasserrohren
unseres eigenen Schiffes. Meines Wissens läuft bei uns jetzt
alles wieder normal, mal abgesehen davon, dass einige Kabinen auf dem
grünen Deck zerstört sind und wir Wasserschäden in der
Nähe der Gefängniszelle festgestellt haben. Allerdings
werden mehrere Personen vermisst, und das schließt auch den
Sicherheitsoffizier Sauer ein. Zum Zeitpunkt der Explosion hat er
gerade in irgendeiner Sache ermittelt.«
    »So ist es.« Bauer nickte Kapitän Mirsky zu.
»Kapitän, gibt es irgendetwas zu berichten?«
    »Derzeit noch nicht, Sir. Die Rettungsmannschaften versuchen
gegenwärtig, die Leute zu bergen, die während des
Druckabfalls über Bord gegangen sind.

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