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Singularität

Singularität

Titel: Singularität Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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petto
hat, geht es darum?«
    »Ja.« Admiral Kurtz deutete auf eine rote Ledermappe auf
seinem Schreibtisch. »Der Fall Omega. Ich ha… habe vor zehn
Jahren am ersten Entwurf mitgearbeitet, fürchte allerdings, dass
jüngere Köpfe ihn so verfeinern müssen, dass ein
regelrechter Angriffsplan daraus wird.«
    »Der Fall Omega.« Bauer schwieg einen Augenblick.
»Wurde er nicht zu den Akten gelegt, wegen… äh…
rechtlicher Bedenken?«
    »Ja.« Kurtz nickte. »Aber nur als A…
Angriffsplan. Wir dürfen keine geschlossenen zeitartigen Kurven
nehmen – schneller als das Licht reisen, um anzukommen, ehe der
Krieg ausbricht. Führt zu allen… allen möglichen Arten
von Problemen. Die Nachbarn sagen, dass Gott so etwas nicht
gefällt. Verdammter Unsinn, wenn Sie mich fragen. Aber wir sind
ja schon angegriffen worden, sie sind zu uns gekommen. Also
dürfen wir auch in unserer eigenen Vergangenheit ankommen,
allerdings erst, nachdem der Angriff bereits begonnen hat. Ich muss
bekennen, dass diese Entschuldigung ein bisschen dürftig ist,
aber so ist es nun mal. Der Fall Omega wird eintreten.«
    »Oh.« Bauer griff zur roten Mappe. »Darf
ich?«
    »Ge… gewiss doch.«
    Der Geschwaderführer vertiefte sich in den Text.
     
    Bis zu Überlichtgeschwindigkeiten zu beschleunigen war
natürlich unmöglich, das hatte die Allgemeine
Relativitätstheorie bereits im zwanzigsten Jahrhundert deutlich
genug bewiesen.
    Allerdings waren seitdem zahlreiche Möglichkeiten
aufgetaucht, die Geschwindigkeitsgrenze zu umgehen. Inzwischen waren
bereits sechs verschiedene Methoden bekannt, Masse oder Information
von A nach B zu bewegen, ohne dass sie C, die Lichtgeschwindigkeit,
durchlaufen mussten.
    Einige dieser Methoden beruhten auf Kniffen der Quantenmechanik,
auf seltsamen Tricks, die auf der Grundlage des
Bose-Einstein-Kondensats das Umklappen von Quantenbits über
Lichtjahre hinweg bewirken konnten. [i] Genau wie beim Kausalkanal mussten die miteinander verschränkten
Quantenbits mit Geschwindigkeiten, die langsamer als das Licht waren,
wieder voneinander getrennt werden, sodass man diese Methode zwar zur
Kommunikation nutzen konnte, nicht aber, um Körper von einem
Punkt zum anderen zu befördern. Manche Methoden – wie die
Wurmlöcher des Eschaton – waren unerklärlich, denn sie
stützten sich auf Prinzipien, die kein menschlicher Physiker je
entdeckt hatte. Aber zwei davon lieferten tragfähige
Antriebssysteme für Raumschiffe: die reziproke Expansion nach
Linde-Alcubierre und der Sprung-Antrieb.
    Der Expansionsantrieb löste eine Welle aus, die sich hinter
dem Raumschiff ausdehnte und am Bug zusammenzog. Das war zwar
überaus elegant, aber keineswegs ungefährlich. Ein
Raumschiff, das versuchte, durch das verdichtete Gemenge von Raumzeit
zu navigieren, ging das Risiko ein, von einem umherstreunenden
Staubkorn in Stücke gerissen zu werden.
    Der Sprung-Antrieb war, um das Mindeste zu sagen, bis auf ein paar
Macken verlässlicher. Ein Raumschiff, das damit ausgestattet
war, beschleunigte von der Schwerkraftquelle des nächsten Sterns
aus. Nachdem es einen Punkt von gleichpotenzieller flacher Raumzeit
in der Umgebung des Zielsterns ausfindig gemacht hatte, zündete
das Schiff den Antriebsgenerator. Danach konnte das ganze Raumschiff
zwischen den beiden Punkten hin und her tunneln, ohne sich je
tatsächlich zwischen ihnen zu befinden. (Natürlich stets
vorausgesetzt, dass sich der Zielstern mehr oder weniger am selben
Platz und im selben Zustand befand, wie er beim Zünden des
Antriebs erschienen war; falls das nicht der Fall war, würde
niemand das Schiff je wieder sehen.)
    Dennoch stellte der Sprung-Antrieb die Armee vor riesige Probleme.
Zum einen funktionierte er nur in flacher Raumzeit, weit
außerhalb aller Sterne oder Planeten, was bedeutete, dass man
zwangsläufig irgendwo weit draußen ankam. Das wiederum
hieß, dass jeder, den man angreifen wollte, einen kommen sehen
konnte. Zum anderen war dabei die Reichweite begrenzt. Je weiter man
zu springen versuchte, desto größer die
Wahrscheinlichkeit, dass die Bedingungen am Zielort anders waren als
erwartet, sodass zusätzliche Arbeit auf die Ausgleichsregler
zukam. Am heikelsten war, dass auf diese Weise ein Tunnel zwischen
Punkten gleichen Potenzials in der Raumzeit entstand. Falls man einen
Sprung falsch kalkulierte, konnte es passieren, dass man sich –
bezogen auf den Startpunkt, aber auch aufs Ziel – in der
absoluten Vergangenheit wiederfand. Vielleicht merkte man es

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