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Sinnliche Maskerade

Titel: Sinnliche Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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um etwas zu sagen, einen Gedanken mitzuteilen, nur um festzustellen, dass niemand dort war. Wenn sie doch nur hin und wieder eine Stunde mit Sylvia hätte verbringen können, würde ihr die Einsamkeit der übrigen Zeit gar nichts ausmachen. Aber ihre Schwester wohnte eine Tagesreise entfernt in der benachbarten Grafschaft, und es gab keinen Weg, wie Alex sich mit dieser Abwesenheit arrangieren konnte, geschweige denn zu ihrer Schwester gelangen.
    Briefe waren die einzige Möglichkeit, mit ihr in Verbindung zu bleiben. Sylvia war eine treue Briefschreiberin. Aber sie waren beide übereingekommen, dass es zu gefährlich wäre, in ihren Briefen nach Combe Abbey mehr anzuschneiden als nur die unverfänglichsten Themen. Wie gern hätte Alex den Rat ihrer geliebten Schwester eingeholt, sich ihrem mitfühlenden Ohr anvertraut, ihrem zarten Sinn für Humor gelauscht, womit die ständigen Prüfungen und Mühseligkeiten ihrer Scharade ein wenig erträglicher würden. Aber auch Sylvia gestattete sich nur verdeckte und vollkommen nichtssagende Kommentare. Ihre eigenen Briefe brachte Alex auch selbst zur Post, sodass sie mehr Freiheiten im Ausdruck besaß. Niemand im Haus wusste, an wen ihre Briefe adressiert waren. Briefe, die ins Haus gelangten, wurden für alle sichtbar auf einem Tisch in der großen Halle platziert, um von dem jeweiligen Empfänger persönlich abgeholt zu werden. Wenn es auch kaum denkbar war, dass irgendjemand das Siegel einer an die Bibliothekarin gerichteten Sendung erbrach, wollte sie dennoch keinerlei Risiko eingehen.
    Unruhig stand Alex auf, sie konnte sich nicht auf ihre Arbeit konzentrieren. Ein schneller Spaziergang an den Klippen würde ihren Geist erfrischen und ihr helfen, ihre Gedanken wieder zu sammeln. Über die rückwärtige Treppe zur Küche stieg sie in ihr Zimmer hinauf, um den Umhang mit Kapuze sowie die Handschuhe zu holen. Die Vorbereitungen für das Dinner waren in vollem Gange, sodass niemand die ohnehin beinahe unsichtbare Bibliothekarin bemerkte. Sie war so zurückhaltend, zog die Aufmerksamkeit anderer so zögerlich auf sich, dass sie es im Verlauf mehrerer Monate erreicht hatte, sich im Haus zu bewegen, als sei sie tatsächlich unsichtbar. Jetzt schlich sie zur Hintertür hinaus und nahm den Weg zum Tor in der Steinmauer, das zum Seitenweg führte.
    Der Wind war ziemlich scharf, und sie war froh über ihren Umhang, als sie den schmalen Weg zwischen den Obstbäumen einschlug und von dort aus zu den Klippen weiterging.
    Eine halbe Stunde dauerte ihr Spaziergang. Sie genoss die frische Luft, den böigen Wind, die mit weißen Schaumkronen bedeckten Wellen über dem hufeisenförmigen Eingang zu dem ruhigeren Gewässer in der Bucht. Im Sommer war sie in der Bucht oft geschwommen. Selbst noch an den heißesten Tagen war das Wasser kühl gewesen, und Sylvia hatte sich am Strand in eine Decke gehüllt und ihre Schwester neidisch beobachtet. Baden im Meer war ihr wegen ihrer schwächlichen Konstitution verboten, wie auch jede Anstrengung, die über eine beschauliche Ausfahrt in einem Ponygespann hinausging. Alex liebte den Galopp, musste sich aber zwingen, ihr Pony nur im Schritt neben dem Wagen gehen zu lassen, wenn Sylvia ebenfalls draußen war. Dabei wusste niemand genau, woran Sylvia eigentlich litt, aber es wurde beschlossen, dass sie eine schwache Brust hatte und dass auch ihr Herz nicht besonders robust war. Es stimmte, dass sie leicht ermüdete und häufiger einen Husten entwickelte, der den ganzen Winter über andauern konnte. Trotzdem fragte Alex sich oft, ob diese strikten Vorsichtsmaßnahmen wirklich notwendig waren. Sylvia störte sich ganz gewiss an ihnen.
    Nach einer Weile wandte Alex sich wieder zum Haus zurück. Diesmal nahm sie den Hauptweg über das Grundstück. Gerade kam sie am Witwenhaus vorbei, als ihr Stiefbruder und dessen Gast auf ihrem Weg zum Witwenhaus in die Kurve der Auffahrt einbogen.
    »Guten Morgen, Mistress Hathaway.« Schwungvoll lupfte Marcus seinen Hut, als er sich verbeugte. »Gut abgepasst. Haben Sie ein wenig frische Luft geschnappt?«
    »Nur ein kleiner Spaziergang oben auf den Klippen, Sir«, erwiderte sie mit einem Knicks.
    »Ich mache Ihnen keinen Vorwurf. All die staubigen Bücher, da müssen Sie ja geradezu Kopfschmerzen bekommen«, bemerkte er fröhlich.
    »Oh, ich habe meine Zweifel, dass Mistress Hathaway die Bücher auch nur im Geringsten staubig findet. Am meisten sollte mich es jedoch überraschen, wenn sie ihr Kopfschmerzen bereiten«,

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