Sinnliche Naechte in Paris
lügen. Ihr Vater. Mein Vater. Verdammt noch mal, sehen Sie nicht, dass ich dazu gezwungen werde?“
Khalil blinzelte. Jetzt fand sie ihr Gleichgewicht wieder, stand mit gesenktem Kopf da und protestierte nicht, als Omar vortrat, sie am Ellbogen fasste und fortführte. Es war beinahe so, als wäre nichts passiert.
Doch ganz eindeutig war etwas geschehen.
Ihre gewisperten Worte hatte sie nicht auf Arabisch gesprochen.
Sie hatte sie in lupenreinem amerikanischem Englisch geäußert.
3. KAPITEL
Laylas Bewacher – anders konnte man sie nicht nennen – führten sie fort. Der Riese zuerst, dann folgte Layla mit jeweils einer Frau an ihrer Seite und schließlich Omar, der die Nachhut bildete.
Khalil starrte der kleinen Prozession hinterher.
Hatte er richtig gehört?
„Khalil?“
Lügen? Lügen, die ihm von seinem Vater aufgetischt wurden? Dass Omar lügen würde, war keine Überraschung. Dem Mann haftete der Ruf an, äußerst gerissen zu sein. Aber sein eigener Vater …?
„Khalil? Ich rede mit dir!“
Die Erkenntnis, dass man ihn hier womöglich ganz vorsätzlich belog, war bitter.
Ja, aber es war möglich. Sein Vater würde das tun, was er für das Wohl von Al Ankhara für notwendig hielt. Oder die Lügen – wenn es sich denn um Lügen handelte – waren von seinen Ministern ausgegangen. Khalil traute es Jal und seinen Verbündeten durchaus zu, die Wahrheit zu verdrehen, solange es ihren Zwecken diente.
Schon vor über einem Jahr hatte er versucht, seinem Vater das deutlich zu machen, doch der hatte nichts davon hören wollen.
Seinen Ministern liege allein der Schutz des Thrones am Herzen, versicherte er immer wieder. Khalil dagegen sah ihr Handeln als Bemühen, den Status quo aufrechtzuerhalten. Genau aus diesem Grund hatte er mehrfach ihren sogenannten gut gemeinten Rat missachtet.
So entschied er sich zum Beispiel für Harvard, anstatt an einer der kleineren Universitäten zu studieren, wie sie empfohlen hatten. Er studierte BWL statt Außenpolitik, und nach Abschluss des Studiums entschied er sich, in den USA zu bleiben und das große Investment-Imperium seiner Familie zu leiten, anstatt nach Al Ankhara zurückzukehren.
„Khalil!“ Sein Vater fasste ihn an der Schulter. „Hör zu, wenn ich mit dir rede.“
Khalil holte tief Luft und bemühte sich, ein ausdrucksloses Gesicht zu machen.
„Entschuldige, Vater. Ich war, äh, ich war …“
„Du hast an Layla gedacht.“ Der Sultan lächelte. „Das verstehe ich. Sie ist wirklich schön. Du wärst kein Mann, wenn du das nicht bemerken würdest.“
„Sie ist schön, ja, aber …“ Aber warum spricht sie wie eine Amerikanerin? Wieso behauptet sie, du würdest mich anlügen?
Die Worte lagen ihm auf der Zunge, doch im letzten Moment beherrschte er sich und erwiderte das wissende Lächeln seines Vaters.
„Aber sie ist nicht ganz das, was sie scheint, Khalil. Vielleicht solltest du das wissen.“
Khalils Puls beschleunigte sich. Na also. Jetzt kam die Erklärung, die er so dringend benötigte.
„Ist sie nicht?“, fragte er so unschuldig wie möglich.
Sein Vater schüttelte den Kopf. „Sie ist eine Frau mit, äh, unberechenbaren Launen.“
Was sollte das heißen? War sie keine Jungfrau mehr? Hier in Al Ankhara war das wichtig.
„Unberechenbar?“
Sein Vater nickte. „Sie ist schon seit Langem ein Problem für Omar. Sie widersetzt sich den Regeln. Spricht von Unabhängigkeit.“
„Und trotzdem hat sie zugestimmt, Butrus zu heiraten?“
Für den Bruchteil einer Sekunde wirkte der mächtige Sultan ein wenig verunsichert.
„Nun, ja. Omar sagt, sie bereut ihr Verhalten.“
„Und Butrus weiß, dass sie in der Vergangenheit Schwierigkeiten gemacht hat?“
„Nein, das natürlich nicht. Aber es ist einer der Gründe, weshalb Omar so zufrieden ist. Er sichert sich einen starken Verbündeten, dient dem Thron und findet auch noch einen Ehemann für eine Tochter, die ihm das Leben schwer macht.“
„Und was ist mit ihr? Was geschieht mit Layla, wenn Butrus herausfindet, dass er getäuscht wurde?“
„Jal und ich haben darüber gesprochen.“
„Jal“, wiederholte Khalil kalt.
Sein Vater beugte sich vor. „Omar sagt, ihre Mutter war eine Zauberin. Vielleicht ist sie es auch.“
Eine Zauberin, dachte Khalil verächtlich. Unter manchen Leuten seines Volkes war so eine Verleumdung ein altes und einfaches Mittel, um eine Frau als böse und verderbt abzustempeln.
„Das ist Unsinn“, entgegnete er brüsk.
Sein Vater zuckte die
Weitere Kostenlose Bücher