Sinnliche Traeume auf Kyrene
so hatten sie nur noch eine einzige Hoffnung. Verborgen in der felsigen Klippe gab es einen Spalt, der zu einem Geheimgang führte, den nur die Wächter kannten und der nur in der größten Not benutzt wurde. Nun war der Augenblick gekommen.
Er ritt vorsichtig den Burggraben entlang. Verra folgte dicht hinter ihm. Als sie die südöstliche Ecke der Burgmauer erreicht hatten, fiel dort der Fels fast senkrecht zu der türkisfarbenen See hinab.
Thome sprang vom Pferd und spähte über den Rand. „Schaffst du das?“, fragte er Verra.
Der Spanier grinste, dass man die weißen Zähne im dunklen Gesicht aufblitzen sah. „Si. Um mich brauchen Sie keine Angst zu haben.“
„Wovor ich Angst habe, ist, dass wir zu spät kommen werden.“
Thome ließ sich auf die Knie nieder und betrachtete die Klippe. Er suchte nach einer Möglichkeit hinunterzuklettern. Erst ein Mal war er in dem engen Tunnel gewesen und wusste daher, dass die Schwierigkeit nicht nur darin bestand, an diesem gefährlichen Felsen nicht abzustürzen, sondern auch die enge Öffnung in der Klippe zu finden.
Doch ihr größter Feind war die Zeit. Vielleicht eine halbe Stunde oder mehr würden sie brauchen, um hinunterzuklettern, den Eingang zu finden und durch den Tunnel zu eilen, der zu den Burgverliesen führte.
Er betete zu Gott, dass die Verteidiger von Olwen Castle Forresters Mördern so lange Widerstand leisten konnten, bis er in der Festung war. Wenn nicht...
Thome unterdrückte ein Schaudern, während er sich vorsichtig über den Rand nach unten ließ.
Für Yates und seine Begleiter erwies es sich als ziemlich einfach, an Bord der Brigantine zu kommen. Die wenigen zurückgelassenen Seeleute leisteten keinen Widerstand, als er sie aufforderte, sich im Namen der Krone zu ergeben und seiner Aufforderung mit der Waffe Nachdruck verlieh. Die größte Schwierigkeit für Diana war, von ihren Röcken behindert aus dem kleinen Boot zu steigen und die Strickleiter hinaufzuklettern.
Einmal an Bord, nahmen sie die Crew fest, suchten das Deck ab und gingen dann nach unten. Wie vorausgesehen fanden sie von Forrester keine Spur. In der letzten Kabine jedoch lag seine Schwester in der engen Koje.
Zu Dianas Entsetzen war sie gefesselt und geknebelt.
Madames Blick zeigte erst Entsetzen, dann Erleichterung, und sie versuchte, sich aufzurichten.
„Darf ich ihr den Knebel abnehmen?“, fragte Diana Yates, der die Tür der Kabine schloss.
„Ja, aber nicht die Fesseln. Und seien Sie vorsichtig. Vielleicht ist das alles nur ein Trick.“
Diana gab ihm die Pistole, denn sie brauchte beide Hände, um Venus, deren Gesicht hochrot war, den Knebel am Hinterkopf zu lösen.
„Gott sei Dank! “, stieß die Frau mit heiserer Stimme hervor.
„Was für ein Spiel spielen Sie, Madame?“, fragte Yates.
„Das ist kein Spiel.“ Nachdem sie sich geräuspert hatte, bewegte Venus vorsichtig die Lippen. Ihre Mundwinkel waren aufgesprungen und wund von dem Knebel. „Wie Sie sehen können, bin ich nicht freiwillig hier.“
„Warum sind Sie hier?“, wollte Diana wissen.
Venus sah ihr, ohne mit der Wimper zu zucken, in die Augen. „Weil ich mich eingemischt habe, wo ich nicht erwünscht war.“ „Würden Sie sich bitte etwas deutlicher ausdrücken“, fauchte Yates, den ihre geheimnisvolle Antwort ungeduldig machte.
„Als ich erfuhr, was mein Bruder vorhatte, ging ich zu den Docks, um ihn aufzuhalten. Er nahm mich gefangen.“ „Warum?“, fragte Yates.
„Weil er fürchtete, dass ich Lord Thorne warnen würde. Sie wissen sicher schon, dass Sir Gawain in ernster Gefahr ist. Sonst wären Sie nicht hier.“
Yates blickte Diana fragend an, als wüsste er nicht, ob er Venus glauben sollte.
„Ich denke, sie sagt die Wahrheit“, meinte Diana ruhig.
„Ist Lord Thorne bei Ihnen? Hat ... hat er überlebt?“
Yates Gesichtszüge wurden hart. „Ja. Haben Sie seinen Tod gewollt?“
„Nein, natürlich nicht. Es war Thomas. Er hat meinen Diener beauftragt, Lord Thorne zu töten. Und jetzt will er Sir Gawain umbringen.“
„Das wissen wir.“
„Dann sollten Sie ihn aufhalten.“
„Genau das geschieht im Augenblick. Wir sind mehr daran interessiert zu erfahren, wieso er ihn umbringen will. Und warum er Nathaniel Lunsford ermordet hat.“
Venus senkte den Blick auf ihre gefesselten Hände und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. „Dürfte ich einen Schluck Wasser haben?“
„Natürlich“, sagte Diana. Ohne auf Yates Zustimmung zu warten, ging sie zu einem
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