Sinnlicher Maskenball in Venedig
wollt ihr mich ja auch nur bloßstellen, damit die D’Angelis im Gegensatz zu mir gut dastehen. Ich weiß genau, dass Renzo mir den Weltmeistertitel nicht gönnt.“
Erstaunt beobachtete er, wie sie noch blasser wurde.
„Du bist gemein, weißt du das?“, schoss sie zurück. „Und so eingebildet! Ich weiß nicht genau, warum ich dir das mit dem Baby erzählen wollte. Ich dachte, du hättest ein Recht, es zu erfahren.“ Sie rang nach Luft. „Auf jeden Fall kannst du dir sicher sein, dass ich nichts von dir will und keinerlei Erwartungen habe. Und wenn es dir jetzt nichts ausmacht, dann würde ich mich gern etwas ausruhen. Mir ist nämlich ziemlich übel.“
Entgeistert sah Nico sie an. Es schien ihr tatsächlich nicht gut zu gehen. Fast tat sie ihm etwas leid. Allerdings konnte er auch nicht einfach vergessen, dass sie ihn hereinlegen wollte.
„Offensichtlich ist dir ein wichtiges Detail entgangen, cara . Vielleicht hat deine Informantin vergessen, es zu erwähnen, aber wir haben in der besagten Nacht verhütet. Ich bin schließlich nicht blöd.“
„Ich weiß. Ich habe es nicht vergessen. Auf der Packung steht allerdings, dass es zu neunundneunzig Prozent sicher ist, stimmt’s? Scheinbar gehören wir zu dem einen Prozent, das Pech hatte.“
Mühsam beherrscht presste er die Lippen zusammen. „Netter Versuch, bella , aber so funktioniert das nicht. Sag Renzo, er soll sich etwas anderes ausdenken.“
Mit diesen Worten ging er zur Tür und ließ sie hinter sich ins Schloss fallen.
Am liebsten hätte sie Nico etwas hinterhergeworfen. Aber es war die Anstrengung einfach nicht wert. Besser, sie blieb auf der Couch sitzen, trank ihren Tee und versuchte, sich zu beruhigen.
Eigentlich sollte sie nun zufrieden sein. Sie hatte es ihm gesagt, und das war richtig gewesen. Stattdessen war Tina wütend und frustriert. Sie hätte nicht gedacht, dass er ihr so feindselig begegnen würde. Offensichtlich war er weit davon entfernt, den Streit mit Renzo zu vergessen. Damals, als sie noch fast Teenager gewesen waren.
Eine Sache war ihr jetzt allerdings klar. Sie würde Renzo auf keinen Fall erzählen, wer der Vater ihres Kindes war. Er würde sie drängen, es ihm zu sagen, aber sie würde sich hüten. Sie war vierundzwanzig Jahre alt und damit alt genug, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Bisher hatte sie immer zugelassen, dass Renzo alles für sie entschied. Und nun hatte sie sich selbst in diese Situation gebracht und würde mit den Konsequenzen leben müssen. Vielleicht war es sogar das Beste für sie, wenn Nico ihr nicht glaubte. Dann brauchte sie es auch niemand anderem zu erzählen.
Ihre Mutter würde ihr ihre Entscheidung sicher nicht übel nehmen. Wie konnte sie auch? Schließlich hatte sie ihr jahrelang verheimlicht, wer ihr Vater war.
Beim Gedanken an ihre Mutter runzelte Tina die Stirn. Ihre Mutter hatte so viele Männer gehabt. Jetzt war sie gerade mit ihrem aktuellen Freund auf Bora Bora. Tina hoffte, es wäre dieses Mal der Richtige. Ihre Mutter hatte es verdient, geliebt zu werden. Sie hatte sehr hart gearbeitet und viele Opfer für ihre Kinder bringen müssen, bis Renzo schließlich mit seinen Motorrädern Geld verdient hatte.
Tina seufzte. Wenigstens hatte sie nun etwas Zeit, sich zu überlegen, wie es weitergehen sollte. Ihre Mutter war im Urlaub, und Renzo war mit seiner Frau Faith und ihrem Kind auf einer Yacht in der Karibik unterwegs, um sich nach einer komplizierten Operation am Bein zu erholen. Auf keinen Fall wollte sie ihn mit schlechten Nachrichten aufregen.
Sie hätte zwar gern mit ihrer Schwägerin über ihre Schwangerschaft gesprochen, aber das musste wohl noch etwas warten. Jetzt würde sie erst einmal Zeit haben, sich Gedanken darüber zu machen, wie es weitergehen sollte.
Am Nachmittag fühlte sie sich bereits besser. Sie hatte sich vorgenommen, Rom früh am nächsten Morgen zu verlassen. Renzo besaß ein Ferienhaus auf Capri. Dort würde sie für die nächsten Tage Ruhe finden. Nach dem Treffen mit Nico hatte sie keine Lust mehr auf die hektische Großstadt. Außerdem wollte sie einfach weg. Von ihm. Zwar erwartete sie nicht, dass er sie noch einmal aufsuchen würde. Es reichte schon, zu wissen, dass er sich in derselben Stadt aufhielt wie sie. Dass er vielleicht schon in dieser Nacht wieder mit einer fremden Frau schlief, vielleicht nur einen Steinwurf von ihr entfernt.
Capri würde ihr guttun. Die frische Brise auf der Insel, der Duft der Zitronenbäume … Aber zuerst
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