Sinnliches Versprechen auf Sizilien
wurde. In Ordnung, kein Problem. Sobald wir geschieden sind, nehme ich meinen Mädchennamen wieder an.“
„Das meinte ich nicht. Ich möchte meinen guten Ruf wiederherstellen.“
Verständnislos versuchte Marina in seinen Zügen zu lesen, doch er stand so am Fenster, dass sein Gesicht sich im schwachen Morgenlicht nur schattenhaft abzeichnete.
„Ich … verstehe nicht, wie du das meinst.“
Pietro trank noch einen Schluck Wasser, stellte das Glas auf den Fenstersims und kam zu ihr herübergeschlendert.
Hätte sie bloß nicht auf dem niedrigen Sofa Platz genommen! Beängstigend groß und überwältigend stand er vor ihr, doch wenn sie jetzt aufstand, würde er merken, wie unsicher sie sich fühlte. Also blieb sie sitzen und blickte gleichmütig zu ihm auf.
„Die Familie D’Inzeo ist ein alteingesessenes Adelsgeschlecht, das sich bis ins Mittelalter zurückverfolgen lässt. Wir genießen hier auf Sizilien viel Macht und Ansehen.“
„Das weiß ich. Du brauchst mich nicht daran zu erinnern. Ich weiß alles darüber.“
Nie würde sie vergessen, wie ihr zumute gewesen war, als sie sich dem Ehrfurcht gebietenden Castello d’Inzeo aus dem siebzehnten Jahrhundert genähert hatten. Es war im eleganten venezianisch-gotischen Stil erbaut und meisterlich restauriert worden. Jetzt war es Pietros Familiensitz … und für kurze Zeit war es auch ihrer gewesen. Stolz hatte man sie über die Bedeutung des Wappens über dem Kamin im großen Saal aufgeklärt, dessen Motto lautete: „Was mein ist, bleibt mein.“ An der Arroganz, dem übersteigerten Selbstwertgefühl, das die Familie D’Inzeo – und besonders ihre männlichen Vertreter – im Lauf der Jahrhunderte an den Tag gelegt hatten, gab es keinen Zweifel.
„Schließlich habe ich es persönlich erfahren … es gelebt!“
Der steife, von Etiketten bestimmte Lebensstil, den Pietros verwitwete Mutter ihr hatte aufzwingen wollen, hatte Marina buchstäblich die Luft zum Atmen genommen.
„Und wenn du nicht da warst, war mir der mittelalterliche Lebensstil verhasst.“
„Meine Mutter denkt nun mal altmodisch“, musste Pietro zugeben. „Und alles, was mit der Familie und dem Namen D’Inzeo zusammenhängt, ist ihr unerhört wichtig. Dazu gehört auch, dass man sich in unserer Familie nicht scheiden lässt.“
Pietro hielt inne, als wollte er ihr Zeit geben, die Bedeutung seiner Worte zu verarbeiten. Das Schweigen zwischen ihnen wurde immer drückender; auf einmal begriff sie, und ihr wurde elend zumute.
„Aber du hast gesagt … Wir wollten die Scheidungspapiere doch heute unterschreiben und die Angelegenheit ein für allem Mal zum Abschluss bringen.“
„So hatte ich es ursprünglich geplant.“
Der Ton, in dem Pietro das sagte, gefiel ihr nicht.
„Inzwischen hat sich alles geändert.“ Bedeutsam betrachtete er ihre zerknitterte Kleidung, die Stelle an ihrem Top, an der jetzt zwei Knöpfe fehlten. Ein Blick zur offenen Schlafzimmertür ließ keinen Zweifel mehr daran, worauf er anspielte.
„Das … war nichts!“
„‚Nichts‘ nennst du das? Es war ein Vulkanausbruch“, widersprach Pietro ihr gewandt, „eine Explosion, so heiß und feurig wie eine Eruption des Ätna – und ich denke nicht daran, das so leicht aufzugeben.“
Marina sprang auf, sie konnte unmöglich länger sitzen bleiben und zu ihm aufblicken. „Dir wird keine andere Wahl bleiben“, warnte sie ihn eisig.
Doch er blieb verdächtig ruhig. „Die bleibt mir jetzt wirklich nicht. Du weißt genau wie ich, was uns von Anfang an zueinandergetrieben hat – und uns selbst jetzt noch zusammenschmiedet.“
„Ach ja … Sex!“ Das konnte sie nicht bestreiten. „Aber zu einer Ehe gehört mehr als Sex.“
„Es ist ein gutes Fundament. Damit haben wir damals angefangen.“
Er sprach locker, fast flapsig, aber der Ausdruck in seinen Augen bewies ihr, dass Pietro es ernst meinte. So ernst, dass sie Angst bekam.
„Soll das heißen, du willst unsere Ehe fortsetzen … als rein sexuelle Beziehung?“
Ihre Stimme bebte, Marina war völlig durcheinander und hätte nicht sagen können, ob sein Vorschlag sie schockierte oder hoffen ließ.
„Es soll heißen, dass ich bei keiner Frau so empfunden habe wie bei dir.“
„Sexuell.“
Er nickte. „Sexuell.“
Marina hatte ihn immer wieder so erregt, dass er mit den Sinnen statt dem Verstand reagiert hatte. Aber da war noch viel mehr. Seit dem Moment, als er sie in Matteos Kanzlei wiedergesehen hatte, schien es ihm, als wäre er aus
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