Sintflut
einem Frauenkopfe. Sein Blick jedoch, der nicht frei von Frechheit und maßlosem Selbstbewußtsein war, ließ es nie vergessen, daß bei ihm leicht ein böses Wort von den Lippen und noch leichter der Degen aus der Scheide flog.
In Deutschland, Holland und Frankreich erzählte man wahre Wunder von seinen Kriegstaten, Abenteuern und Zweikämpfen. Er war es, der in Holland den unvergleichlichen spanischen Regimentern Fahnen und Kanonen wegnahm; der an der Spitze der Regimenter des Prinzen von Oranien Festungen eroberte, die bisher als uneinnehmbar galten; der am Rhein mit französischen Musketieren deutsche Regimenter schlug, die im Dreißigjährigen Kriege geschult waren; der den berühmten französischen Fechtmeister Tremouille im Zweikampf verwundete und den Baron von Goetz, ein bekannter Händelsucher, flehentlich beschwor, ihm das Leben zu schenken.
Zumeist hielt sich der Fürst im Auslande auf; seine Heimat langweilte ihn. Für gewöhnlich war er nur während der unruhigen Kriegszeiten in der Republik; denn der Krieg war sein Element. Es lag ein merkwürdiges Gemisch von wollüstiger Verweichlichung und unbändigem Wagemut in ihm.
Kmicic, der des Fürsten Gesicht genau im Spiegel beobachtet hatte, begann endlich zweimal zu hüsteln.
»Wer ist da?« fragte der Fürst, ohne seine Stellung zu ändern. »Ist es der Gesandte des Fürsten-Wojewoden oder nicht?«
»Kmicic ist mein Name,« antwortete Pan Andreas.
»Kmicic!« rief der Fürst. – »Derselbe berühmte Kmicic, der im letzten Kriege fortwährend dem Chowanski zu schaffen machte und dann auf eigene Faust wider den Feind zog? O, ich habe viel von Ihnen gehört!«
Fürst Boguslaw betrachtete Kmicic nicht ohne Vergnügen. Nach den Erzählungen über ihn glaubte er, daß er von gleichem Holze wie er wäre.
»Setzen Sie sich, Pan Kavalier,« sagte er. »Ich freue mich, Sie kennen zu lernen. Nun, was gibt es Neues in Kiejdane?«
»Ich bringe einen Brief vom Fürsten-Hetman,« antwortete Kmicic.
Die Diener, die inzwischen die Stiefel fertig zugeknöpft hatten, verließen das Zimmer. Der Fürst öffnete den Brief und begann ihn zu lesen. Sein Gesicht nahm während des Lesens den Ausdruck der Langweile und Unzufriedenheit an. Er warf den Brief unter den Spiegel.
»Nichts Neues. Der Fürst-Wojewod rät mir, mich nach Preußen, nach Tauroggen zu begeben, was ich, wie Sie sehen, ohne seinen Rat von selbst tue. – Sagen Sie übrigens, verstehen Sie französisch oder deutsch?«
»Deutsch verstehe ich.«
»Nun, Gott sei Dank, – so sprechen wir deutsch. Ich könnte mir sonst an Eurer Sprache die Zunge zerbrechen. Haben Sie noch mehr Briefe?«
»Was ich Eurer Durchlaucht zu überbringen hatte, habe ich Ihnen gegeben. Ich habe noch ein Schreiben bei mir an den König von Schweden. Wissen Euer Durchlaucht, wo ich ihn treffen könnte?«
»Ich weiß es nicht. In Tykocin ist er nicht. Warschau ist zwar schon in den Händen der Schweden; aber Seine Majestät werden Sie dort nicht finden. Er muß bei Krakau oder in Krakau selbst sein. – In Warschau werden Sie alles erfahren. Meiner Meinung nach müßte Karl-Gustav vor allem danach trachten, die preußischen Städte zu unterwerfen. Wer konnte vermuten, daß, während die Republik ihren König verläßt, die Wojewodschaften sich alle nacheinander mit den Schweden verbünden, – die preußischen Städte, Deutsche und Lutheraner, nichts von den Schweden wissen wollen und sich zur Wehr setzen? Sie allein wollen die Republik retten und Jan-Kasimir treu bleiben. Wir hatten uns die Sache ganz anders vorgestellt. Wir dachten, daß gerade sie uns helfen werden, diesen Kuchen, der sich Eure Republik nennt, zu zerteilen. Und sie rühren sich nicht von der Stelle. Es ist noch ein Glück, daß der Kurfürst sie nicht außer acht läßt. Er hat ihnen schon seine Hilfe gegen die Schweden versprochen; aber die Bevölkerung von Danzig scheint ihm nicht zu trauen und ließ ihm antworten, daß sie sich selbst helfen könne. Der Onkel Kurfürst, glaube ich, interessiert sich ebenso für das Schicksal der Republik wie ich oder der Fürst-Wojewod von Wilna.«
»Gestatten Sie, daß ich Ihnen widerspreche,« unterbrach ihn Kmicic ungeduldig. »Der Fürst tut alles im Interesse der Republik. – Er ist bereit, in jedem Augenblicke seinen letzten Blutstropfen für die Republik zu verspritzen.«
Fürst Boguslaw brach in ein schallendes Gelächter aus.
»Ach, Kavalier, wie jung Ihr noch seid, wie jung! Doch das gehört nicht hierher,
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