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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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hörte nicht auf, ihm fest in die Augen zu sehen.
    »Eigentümlich,« sagte er, »aus Ihren Augen blicken Wahrheit und Aufrichtigkeit.«
    Kmicic brauste auf.
    »Gott möge mich auf der Stelle treffen, wenn ich die Unwahrheit sage!«
    »Jedenfalls sind die von Ihnen mitgebrachten Nachrichten von großer Wichtigkeit. Sie werden mir gestatten, daß ich die älteren Brüder und die Schlachtschitzen, die sich bei uns aufhalten und uns mit ihrem Rat unterstützen, hierher rufen lasse?«
    »Ich bin gern bereit, in ihrer aller Anwesenheit meine Nachricht zu wiederholen.«
    Kordecki ging hinaus und kehrte nach einer Viertelstunde mit vier Mönchen wieder. Bald kamen auch: Pan Rozyc-Zamoyski, der Sieradzker Miecznik, Pan Okielnicki, der Wielunsker Fahnenträger, Pan Piotr Czarniecki und noch mehrere Schlachtschitzen herein.
    Der Prior stellte ihnen Pan Babinicz aus Smudien vor und erzählte allen Kmicic' Mitteilung. Die Schlachta verwunderte sich sehr und begann, Kmicic mit prüfenden, mißtrauischen Augen zu betrachten.
    »Gott verhüte, daß ich diesen Kavalier einer Lüge oder einer schlechten Absicht zeihe,« hub Kordecki zu sprechen an, »aber die von ihm überbrachte Nachricht klingt so unglaublich, daß ich es für besser hielt, mit Ihnen, meine Herren, darüber zu beraten. Vielleicht hat sich der Ritter geirrt, sich verhört, oder ist von einem Ketzer getäuscht worden, damit er unsere Herzen mit Angst erfülle, Unruhe an diesem geweihten Orte hervorrufe und den Gottesdienst störe. Denn das sind so ihre Vergnügungen, deren sie nicht entraten können.«
    »Man müßte die ganze Sachlage einmal klar darlegen«, sagte Pan Zamoyski.
    »Die Sache ist die,« antwortete der Geistliche, »es sei denn, daß Gott und seine Heilige Mutter unseren Feind mit Blindheit geschlagen hätte, sonst würde er es nie wagen, sein Schwert gegen diese heilige Stätte zu erheben. Nicht durch eigene Kraft hat unser Feind die Republik erobert, unsere eigenen Brüder haben ihm dabei geholfen. Wie tief aber auch unser Volk gesunken sein mag, so gibt es doch selbst darin eine Grenze, die es nicht zu überschreiten wagt. Es hat sich von unserem Vaterlande, von seinem Herrscher losgesagt, aber es hat nicht aufgehört, seine Mutter, Beschützerin und Königin zu verehren. – Der Feind macht sich lustig über uns, er verspottet uns, er fragt uns, welche von unseren alten Tugenden uns noch geblieben sind. Und ich antworte ihm: Wir gehen zugrunde; aber eins ist uns noch geblieben, der Glaube an die heilige Jungfrau, – und auf diesem Fundament wird ein neues Gebäude errichtet werden. – Das sehe ich klar: wird nur eine einzige schwedische Kugel einen einzigen Stein aus diesen Mauern reißen, so werden selbst die Verblendetsten sich von den Schweden abwenden, und ihre gestrigen Verbündeten werden morgen ihre Feinde sein. – Und darum wiederhole ich, Gott müßte sie mit Blindheit geschlagen haben, sonst werden sie keinen Überfall auf Jasna-Gora wagen; denn dieser Tag wäre der Anfang ihres Endes und unserer Genesung.«
    Kmicic hörte mit Staunen den Worten des Geistlichen zu. Waren sie doch eine Antwort auf Wrzeszczowicz' Angriffe. Er zwang sich, seiner Herr zu werden und sprach:
    »Und warum, ehrwürdiger Vater, glaubt Ihr, daß der Herr Gott unsere Feinde nicht mit Blindheit geschlagen hätte? Denket an ihren Hochmut, an ihre Habgier, gedenket des unerträglichen Druckes, der Steuern, die sie der unglücklichen Bevölkerung auferlegt haben, und begreift, daß sie nicht vor einer Schändung des Allerheiligsten zurückschrecken werden.«
    Der Prior wandte sich zur Antwort an alle Versammelten.
    »Dieser Kavalier sagt, daß er Pan Lisola gesehen habe, als er auf dem Wege zum schwedischen Könige war. Wie aber kann das sein, da man mir von Krakau aus mitgeteilt hat, daß der König sich weder in Krakau noch in Klein-Polen befände, daß er gleich nach der Einnahme von Krakau nach Warschau gegangen sei?«
    »Das kann nicht sein!« antwortete Kmicic, »er erwartet von den Truppen des Pan Potocki die Erklärung ihrer Ergebenheit.«
    »Diese Erklärung wird General Douglas im Namen des Königs entgegennehmen,« sagte der Prior. »So hat man mir aus Krakau geschrieben.«
    Kmicic schwieg, er wußte nichts mehr zu erwidern.
    »Nehmen wir an,« fuhr Kordecki fort, »der König habe den kaiserlichen Gesandten nicht empfangen mögen und ihn absichtlich gemieden, Karl-Gustav liebt es, unerwartet zu kommen und zu gehen, – so ist es doch immerhin

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