Sintflut
eigentümlich, daß Graf Wrzeszczowicz dem Lisola gleich alle seine geheimen Gedanken eröffnet haben soll, einem Katholiken, der sowohl uns als auch dem vertriebenen König wohlgesinnt ist. Und außerdem bedenken Sie, ich besitze eine Urkunde von Karl-Gustav, in der er verbrieft, daß unser Kloster für alle Zeiten von einer Einquartierung und Besetzung verschont bleiben soll.«
»Und was können Sie nun entgegnen, Kavalier?« fragte Zamoyski: »Warum, zu welchem Zwecke wollen Sie die Ruhe der heiligen Väter und die unsere hier stören?«
Kmicic stand wie ein vom Gericht Verurteilter. Einerseits quälte ihn der Gedanke, daß, wenn man ihm nicht Glauben schenkte, das Kloster eine Beute der Feinde würde, andererseits aber stieg ihm die Schamröte ins Gesicht bei dem Gedanken, man könne ihn hier für einen Betrüger halten; denn in der Tat widersprachen alle diese Gründe seinen Worten. – Die alte, halbwilde Natur erwachte in ihm, schließlich gelang es ihm doch, sich zu beherrschen, und er sagte mit dumpfer Stimme:
»Ich kann nur noch einmal wiederholen, was ich gehört habe. Weyhard Wrzeszczowicz wird das Kloster überfallen. Den Zeitpunkt kenne ich nicht; ich glaube aber, er ist nahe. Ich warne Sie, und wenn Sie nicht hören wollen, so fällt die Verantwortung nicht auf mich.«
Hier mischte sich Pan Piotr Czarniecki ein.
»Gestatten Sie mir« sagte er, »diesem Ankömmling ein paar Fragen zu stellen.«
»Erlauben Sie sich nicht, mich irgendwie zu beleidigen!« brauste Kmicic auf.
»Ich habe nicht die geringste Neigung dazu,« erwiderte Pan Piotr trocken. »Hier handelt es sich um die Heilige Mutter Gottes und ihre Stätte, da müssen Sie schon ein wenig Ihre Person vergessen. Wenn es Ihnen beliebt, ich bin jederzeit bereit, Ihnen Genugtuung zu geben. – Sie bringen uns Nachrichten, und wir wollen ihre Richtigkeit prüfen. – Wenn es Ihnen nicht beliebt, uns Rede und Antwort zu stehen, so fühlen wir uns berechtigt zu denken –«
»Gut, fragen Sie,« sprach Kmicic mit fest zusammengepreßten Zähnen.
»Sie sind aus Smudien, – so müssen Sie also wissen, was im Schlosse des Verräters dort vorgeht. Nun, z. B., so zählen Sie mir die Namen seiner Obersten auf.«
Kmicic wurde kreidebleich, aber er nannte mehrere Namen.
»Pan Tyzenhaus, mein Freund, erzählte mir besonders viel von einem, dem wichtigsten. – Wissen Sie nichts von diesem Erzhalunken?«
»Ich weiß nichts.«
»Wie, Sie haben nichts von dem gehört, der wie Kain seiner Brüder Blut vergossen hat? – Sie kommen aus Smudien und haben nichts von Kmicic gehört?«
»Heilige Väter!« schrie Pan Andreas aus, indem er sich wie im Fieber schüttelte, »möget ihr mich ausfragen, ich werde alles ertragen! – Aber um Gottes willen erlauben Sie diesem Schlachtschitzen nicht, mich weiter zu quälen!«
»Lassen Sie ihn!« rief der Prior.
»Noch eine Frage,« griff der Sieradzker Miecznik in das Gespräch ein. »Haben Sie nicht selbst daran gedacht, daß wir Ihren Worten wenig Glauben schenken könnten?«
»So wahr Gott lebt!« sprach Pan Andreas.
»Was für eine Belohnung haben Sie eigentlich erwartet?«
Statt einer Antwort steckte Pan Andreas seine beiden Hände in fieberhafter Erregung in ein kleines Ledertäschchen, das an seinem Gürtel befestigt war, und schüttete zwei Haufen Perlen, Smaragden, Saphire und andere kostbare Steine auf den Tisch.
»So eine!« rief er mit erstickter Stimme. – »Nicht des Geldes wegen bin ich hierher gekommen, – nicht eines Lohnes wegen. – Hier sind Perlen und verschiedene Steine, das alles ist meine Beute; – von Bojarenmützen habe ich sie heruntergerissen. – Habe ich denn eine Belohnung gefordert? Der heiligen Jungfrau wollte ich mich weihen dürfen, nachdem ich zuvor mein Herz in der Beichte erleichtert hätte, das sollte mein Lohn sein!«
Alle Anwesenden waren verwundert. Was anderes als der Wunsch nach Besitztum konnte diesen Mann verleitet haben, sie irre zu führen!
Kmicic stand mit hoch erhobenem Haupte. Der Ausdruck seines Gesichtes glich dem eines wütenden Adlers. Seine Augen brannten. Zornesröte lag auf seinen Wangen, und seine frische Wunde färbte sich dunkelblau. Er war schrecklich anzusehen mit seinem drohenden Blick auf Czarniecki gerichtet, der seine Empörung am meisten wachgerufen hatte.
»Selbst durch Ihren Zorn leuchtet die Wahrheit hervor,« sagte der Prior, »aber Sie müssen Ihre Schätze zurücknehmen. Die heilige Jungfrau kann das nicht annehmen, was man ihr im
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