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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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Könige:
    »Majestät, dieser Schlachtschitz gefällt mir mit jedem Tage weniger.«
    »Und mir immer mehr«, erwiderte Jan-Kasimir.
    »Heute hörte ich, wie einer seiner Leute ihn Oberst nannte, worauf er ihm einen drohenden Blick zuwarf. Sicherlich, da steckt etwas dahinter.«
    »Auch mir scheint es manchmal, daß er nicht alles erzählt. Aber, ich denke, das ist seine Sache.«
    »Nein, Majestät, das ist gar nicht seine Sache allein. Das ist unsere und der ganzen Republik Sache. – Wenn er ein Verräter ist und Euer Majestät ins Verderben führt, so werden auch alle die ihr Leben lassen müssen, die jetzt ihre Waffen erhoben haben. Dann geht die ganze Republik zugrunde, die Sie allein retten können.«
    »Gut, ich werde ihn morgen selbst verhören.«
    Der König war nach diesem Gespräch ernst und traurig.
    Am folgenden Tage gab er Kmicic ein Zeichen, zu ihm näher heran zu reiten.
    »Wo waren Sie Oberst?« fragte Jan-Kasimir plötzlich.
    Eine Minute trat Schweigen ein.
    Kmicic kämpfte mit sich selbst. Er wollte vom Pferde springen, sich dem Könige zu Füßen werfen und ihm die ganze Wahrheit eröffnen, um ein für allemal die unerträgliche Bürde von sich zu wälzen. – Aber welchen Eindruck mußte sein Name nach dem Briefe des Fürsten Boguslaw machen? Wie konnte er, einst die rechte Hand des Wilnaer Wojewoden, er, der unter dem Verdachte stand, ein Attentat auf den König selbst geplant zu haben, den König, die Bischöfe und Senatoren überzeugen, daß er sich gebessert habe und alle seine Vergehen mit dem eigenen Blute abwaschen wolle? Wer wird ihm glauben? Und er beschloß zu schweigen.
    »Majestät«, begann er endlich. »Die Zeit wird kommen, vielleicht sehr bald, wo ich ihnen meine ganze Seele öffnen werde, wie einem Geistlichen in der Beichte. – Aber ich möchte Ihnen meine grenzenlose Ergebenheit durch Taten und nicht durch leere Worte beweisen. Majestät, ich habe gegen Sie und das Vaterland gesündigt, aber ich suche jetzt nach Möglichkeit, meine Sünden zu sühnen. Majestät, wer von uns ist ohne Sünde? – Vielleicht habe ich schwerer gesündigt als andere, aber ich trage auch schwerere Buße. – Fragen Sie mich jetzt nach nichts, an meinen Taten werden Sie mich kennen lernen. Jetzt kann ich Ihnen nur das eine antworten, daß ich bereit bin, meinen letzten Tropfen Blut für Sie zu opfern.«
    Pan Andreas' Gesicht war bleich. Er sah freimütig und gerade auf den König.
    »Gott sieht meine Absichten,« fuhr er fort, »und er wird sie mir beim jüngsten Gerichte zugute schreiben. Aber wenn Sie mir nicht glauben, Majestät, so weisen Sie mich fort, entfernen Sie mich aus Ihrer Umgebung! Ich werde Ihnen in weiter Ferne folgen, um in schweren Augenblicken ungerufen da zu sein und mich für Sie zu opfern. Dann, Herr, werden Sie sehen, daß ich kein Verräter bin, daß ich Ihnen ein Diener bin, wie wenige aus Ihrer Umgebung, trotzdem man mich verschiedener Dinge beschuldigt.«
    »Ich glaube Ihnen auch jetzt,« sagte der König. »Bleiben Sie wie vordem in meiner Nähe. Verrat spricht nicht in solcher Sprache.«
    »Ich danke Ihnen, Euer Majestät,« antwortete Kmicic. Dann hielt er sein Pferd an und schloß sich den hinteren Reihen des Gefolges an.
    Pan Tyzenhauz hatte seinen Verdacht gegen Kmicic nicht allein dem Könige, sondern auch dem ganzen Gefolge mitgeteilt. Deshalb hörten bei Pan Andreas' Kommen laute Gespräche auf, man begann zu flüstern. Kmicic bemerkte das, er bemerkte, daß man anfing, jedes seiner Worte, jede seiner Handlungen scharf zu beobachten. Es wurde ihm unbehaglich unter diesen Leuten.
    Auch der König behandelte ihn mit der Zeit kühler und nicht wie früher. Kmicic fing an, sich zu grämen, er verlor den Mut, und ließ den Kopf hängen. Gewohnt, immer der erste zu sein, schleppte er sich jetzt mehrere Schritte hinter der Kavalkade her, mit traurigen Gedanken beschäftigt.
    Endlich zeigten sich den Blicken unserer Reiter die Karpathen. Dichter Schnee bedeckte die Abhänge der Berge, und dunkle Wolken lagerten auf ihren Spitzen. Des Abends, als die Sonne unterging, kleideten sich die Berge in flammende Gewänder, und lange noch, als die Täler schon in Dunkelheit gehüllt waren, schimmerten sie in allen Farben des Regenbogens. Bewundernd betrachtete Kmicic das ihm noch fremde Naturschauspiel.
    Mit jedem Tage zeigten sich die Bergriesen den Augen der Reiter größer, majestätischer. Dann mit einem Male öffnete sich vor ihnen eine Schlucht, in die sie

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