Sintflut
weigere ich mich. Wenn es uns jetzt nicht gelingt, in mein Reich zu kommen, so wird es nie gelingen. Auf alle Fälle meine ich, daß Ihre Befürchtungen übertrieben sind. Da die Schweden uns unter den Dragonern gesucht haben, so ist es doch klar, daß sie keine Nachricht über uns haben. Von einem Verrat sehe ich hier nichts. – Beruhigen Sie sich, meine Herren! Babinicz ist fortgeritten, um auszukundschaften und wird sicherlich bald wiederkehren.«
Es verging mehr als eine Stunde; Pan Tyzenhauz war schon äußerst ungeduldig.
Plötzlich sah man mehrere Gestalten schnell heranreiten.
»Wer da?« rief Tyzenhauz.
»Nicht schießen!« donnerte Kmicic' Stimme.
Nach einigen Minuten hielt Pan Andreas vor Tyzenhauz an, und da er ihn im Dunkeln nicht erkannte, fragte er:
»Wo ist der König?«
»Da hinten bei der Schlucht!« antwortete der beruhigte Tyzenhauz. »Und was haben Sie da auf dem Sattel?«
Kmicic entgegnete kein Wort und ritt weiter. Er hielt erst an, als er wenige Schritte vor dem Könige stand.
»Majestät! Der Weg ist frei!«
»Sind die Schweden nicht in Zywiec?«
»Sie haben sich nach Wadowice zurückgezogen. In Zywiec war nur eine Abteilung deutscher Reiter. Sie können einen von ihnen selbst verhören.«
Mit diesen Worten setzte er ein nicht erkennbares Etwas auf die Erde nieder.
»Was ist das?« fragte Jan-Kasimir.
»Das? – Ein Reiter.«
»Sie haben uns also einen Gefangenen gleich mitgebracht. Wie haben Sie das nur angestellt? Erzählen Sie!«
»Majestät, wenn ein Wolf nachts einer Herde folgt, so wird es ihm nicht schwer, ein einzelnes Schaf wegzuschleppen.« Der König war ganz entzückt.
»Sie sind ein Soldat! – Ja, ja, mit solchen Leuten könnte ich durch das ganze schwedische Heer hindurchkommen.«
Der Reiter lag, ohne sich zu rühren, auf dem Boden.
»Befragen Sie ihn, Majestät«, sagte Kmicic, nicht ohne eine Spur von Selbstgefälligkeit.
Der Gefangene erzählte, daß er mit seinem Regiment polnische Dragoner überfallen habe, und daß sich dann alle nach Zywiec zurückgezogen hätten.
»Sind außer deinem Regiment noch viele schwedische Abteilungen im Gebirge?« fragte Kmicic.
»Ich weiß es nicht. General Douglas hat viele Patrouillen ausgeschickt. Aber sie weichen alle zurück, denn die Bauern überfallen sie.«
»Und in Zywiec waret ihr nur allein?«
»Ja, wir allein.«
»Ist Jan-Kasimir schon durch Zywiec gekommen?«
»Ja, er war unter den Dragonern. Viele haben ihn gesehen.«
»Und warum habt ihr ihn nicht verfolgt?«
»Wir fürchteten die Bergvölker.«
Hier wandte sich Kmicic auf polnisch an den König.
»Majestät, der Weg ist frei; in Zywiec werden wir Nachtquartier finden. Die Räuber haben nicht alles niedergebrannt.«
Der mißtrauische Tyzenhauz aber flüsterte dem einen der Bischöfe ins Ohr:
»Dies alles kann eine Falle sein; von der Gefangennahme des Reiters an bis zu seinen Aussagen, nicht wahr? Und wenn dem so ist, so werden die Schweden uns in Zywiec auflauern. Was dann, wenn der König ihnen in die Hände fällt?«
»Natürlich,« erwiderte der Bischof, »ist es richtiger, sich erst von der Wahrheit zu überzeugen.«
Dann wandte sich Tyzenhauz an den König.
»Gestatten Sie mir, Majestät, nach Zywiec vorauszureiten, daß ich mich überzeuge, daß der Kavalier und der Gefangene die Wahrheit sprechen.«
»Ja, ja, erlauben Sie das, Majestät,« fügte Kmicic eifrig hinzu.
»So reiten Sie,« sprach der König nach einiger Überlegung, »aber gleich. Es wird kalt hier.«
Pan Tyzenhauz gab seinem Pferde die Sporen; der König folgte ihm mit seinen Begleitern im Schritt, Jan-Kasimir war in heiterster Stimmung, und freundlich plaudernd näherte sich die königliche Gruppe Zywiec.
Es währte nicht allzulange, bis Tyzenhauz wieder vor dem Könige erschien.
»Majestät,« rief er außer Atem, »der Weg ist frei, und ein Nachtquartier für Sie bestellt.«
»Nun, was sagte ich, die Herren haben sich ganz umsonst beunruhigt«, entgegnete Jan-Kasimir erfreut. »Doch jetzt vorwärts! Wir bedürfen wirklich der Ruhe.«
Eine halbe Stunde darauf schlief der König fest und ruhig in den Grenzen seines Reiches.
Pan Tyzenhauz kam zu Kmicic ins Quartier.
»Verzeihen Sie mir, ich würde Ihnen nicht immer mißtrauen, wenn ich den König nicht so sehr liebte.« Mit diesen Worten hielt er Pan Andreas seine Rechte hin.
Kmicic zog seine Hand zurück.
»Nein«, entgegnete er, »ich kann nicht. Sie haben mich vor allen zum Verräter gestempelt.«
»Das
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