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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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heiter und voll rosigster Hoffnungen. Nicht wenig trug dazu ein Ereignis bei, das von allen günstig ausgelegt und von zeitgenössischen Geschichtsschreibern besonders vermerkt wurden. Als Jan-Kasimir nämlich aus Glogau herausritt, erschien ein unbekannter, weißer Vogel, der über dem Haupte des Königs zu kreisen begann und die Luft mit Freudengeschrei erfüllte. Man erinnerte sich mit einem Male, daß ein gleichartiger, aber schwarzer Vogel über des Königs Haupte schwebte, als er aus Warschau aufbrach, um gegen die Schweden zu ziehen.
    Überall erwies es sich,, daß Kmicic' Rat ein sehr guter war. In Morawien sprach man nur von dem unlängst erfolgten Durchritt des polnischen Königs. Mache behaupteten sogar, ihn mit eigenen Augen gesehen zu haben, in einem Panzer, das Schwert in den Händen und die Krone auf dem Kopfe.
    »Nun«, fragte der König, »was meinen Sie, Pan Tyzenhauz, hatte Babinicz recht?«
    »Majestät, wir sind erst an der Grenze«, antwortete der junge Magnat.
    Am meisten zufrieden mit sich und seiner ganzen Umgebung war Kmicic. Zumeist ritt er mit den drei Kiemlicz' dem Zuge voran, um den Weg zu besichtigen, bisweilen schloß er sich auch dem Gefolge an und erzählte zum hundertsten Male Episoden von der Belagerung Czenstochaus. Und mehr und mehr schloß der König den jungen, tollkühnen Ritter in sein Herz.
    »Sagen Sie, woher rührt die große Narbe in Ihrem Gesichte?« fragte einstmals der König Pan Andreas. »Sie müssen einen guten Säbelhieb erhalten haben.«
    »Majestät, die Wunde stammt nicht von einem Säbelhieb. Man hat auf mich aus nächster Nähe geschossen.«
    »Ein Feind oder ein Landsmann?«
    »Ein Landsmann, aber mein ärgster Feind, mit dem ich noch einmal abrechnen werde; jedoch ehe ich das nicht getan habe, spreche ich nicht gern darüber.«
    »So nachtragend sind Sie?«
    »Das bin ich gar nicht, Majestät. Auf meinem Kopfe habe ich eine noch größere Narbe; fast wäre die Seele aus diesem großen Loche entflohen! Aber diese Wunde brachte mir ein wackerer Mann bei, und ich bin ihm absolut nicht gram!«
    Kmicic nahm seine Mütze ab und zeigte seinen Kopf.
    »Wer war denn der Mann?« interessierte sich der König.
    »Pan Wolodyjowski!«
    »Pan Wolodyjowski? Ja, den kenne ich. Er hat bei Zbaraz Wunder vollbracht. Und dann waren wir zusammen auf Skrzetuskis Hochzeit, derselbe, der mir die erste Nachricht aus dem belagerten Zbaraz brachte. Das sind beide wackere Ritter! Dazumal war in ihrer Gesellschaft noch ein dritter, den das ganze Heer vergötterte. Es war ein dicker Schlachtschitz, der so witzig war, daß wir oft Tränen lachten bei seinen Erzählungen.«
    »Ich kann's erraten, das war Pan Zagloba,« sagte Kmicic. »Das ist wirklich ein Mann von großem Geiste.«
    »Was sie jetzt tun, das wissen Sie wohl nicht?«
    »Wolodyjowski befehligte die Dragoner des Fürsten Wojewod von Wilna.«
    Der König zog die Augenbrauen zusammen.
    »So dient er jetzt mitsamt dem Fürsten den Schweden?«
    »Der? Den Schweden? Nein, Majestät, der ist jetzt bei Sapieha. Ich habe es selbst mit angesehen, wie er dem Fürsten nach dem Verrat seinen Oberstenstab vor die Füße warf.«
    »O, so ist er ein ehrlicher Soldat!« rief Jan-Kasimir. »Wir haben Kunde aus Tykocin von Pan Sapieha erhalten. Möge Gott ihm beistehen! Wenn alle dem glichen, so würden die Schweden nicht mehr mit ihren Füßen auf unserem Erdboden stehen.«
    Hier fragte Tyzenhauz, der kein Wort der Unterhaltung außer acht gelassen hatte, plötzlich:
    »Sie waren also in Kiejdane bei Radzwill?«
    Kmicic wurde sehr verlegen.
    »Das war ich.«
    »Und was taten Sie am Hofe des Fürsten?«
    »Ich war bei ihm zu Gaste«, antwortete Kmicic, »und aß das fürstliche Brot, bis ich mich infolge seines Verrates von ihm wandte.«
    »Und warum sind Sie nicht wie andere ehrliche Leute zu Sapieha gegangen?
    »Weil ich gelobt hatte, nach Czenstochau zu gehen.«
    Tyzenhauz schüttelte seinen Kopf und seufzte. Der König bemerkte dies und sah Pan Andreas prüfend an.
    Pan Andreas wandte sich ärgerlich und zornig an Tyzenhauz:
    »Sagen Sie mal, warum frage ich Sie nicht danach, wo Sie waren und was Sie früher taten?«
    »Bitte, fragen Sie mich ruhig; ich habe nichts zu verbergen.«
    »Ich stehe hier nicht vor Gericht, und wenn ich mal vor Gericht stehen sollte, so werden Sie nicht mein Richter sein. Ich rate Ihnen, lassen Sie mich zufrieden, ehe meine Geduld sich erschöpft hat.«
    Am Abend desselben Tages sprach Tyzenhauz zum

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