Sintflut
glänzendes Beispiel geben. Jetzt naht er mit einem mächtigen Heere, und Gerüchten zufolge will er es meinem Oberbefehle unterstellen, um der Welt zu zeigen, wie man den eigenen Ehrgeiz zum Wohle des Vaterlandes eindämmen soll. Reiten Sie zu ihm, und sagen Sie ihm, ich will dieses Opfer nicht, ich kann es nicht annehmen. Ich habe ihn immer für den besten Feldherrn der Republik gehalten! Gebe der Herr unserm Kasimir ein langes Leben, – bei einer neuen Königswahl sind wir bereit, für Lubomirski unsere Stimmen abzugeben.«
Zagloba erschrak bei diesen Worten selbst, er fühlte, daß er jedes Maß überstiegen habe. Und wirklich, nach seinem letzten Ausrufe war im Zimmer Totenstille eingetreten. Die Befürchtungen des alten Schlachtschitzen waren jedoch unbegründet. Pan Lubomirski erblaßte zuerst ein wenig, dann errötete er, und vor Erregung kaum Atem holend, antwortete er:
»Die Republik war, ist und bleibt für immer die Herrin ihres Willens und ihres eigenen Schicksals; denn auf diesem Fundamente ruhen alle unsere Überlieferungen und Rechte. Ich bin nur ein Diener ihrer Diener, und Gott ist mein Zeuge! – ich wage es nicht, meine Augen auf Dinge zu richten, die einem einfachen Bürgersmann nicht zukommen! – Ich will all denen ein Beispiel geben, die denken, daß sie ihrer hohen Geburt wegen keine Gewalt über sich anzuerkennen brauchen. Also, ohne aus unangebrachter Bescheidenheit meine militärischen Verdienste zu verleugnen, stelle ich, Lubomirski, mich unter den Oberbefehl des Pan Czarniecki und bitte zu Gott, uns den Sieg über die Feinde zu schenken!«
»Ein echter Römer! Ein Vater des Vaterlandes!« rief Zagloba, indem er die Hand des Marschalls ergriff und an seine Lippen preßte.
»Wein her!« rief der Marschall. Und als die Becher gefüllt waren, wurde zuerst ein Toast auf Czarniecki ausgebracht: dann ließ man die Abgesandten leben. Zagloba blieb keine Antwort schuldig. Er versetzte alle in hohe Begeisterung, so daß der Marschall ihn beim Abschiede bis zur Schwelle begleitete; seine Offiziere brachten ihn sogar bis zum Weichbilde von Jaroslaw.
Als Zagloba mit Skrzetuski allein geblieben war, hielt er sein Pferd an und sagte:
»Nun, was?«
»Bei Gott!« antwortete Skrzetuski, »ich traue einfach nicht meinen Augen.«
»Na also! Czarniecki selbst, glaube ich, dachte höchstens daran, sich mit Lubomirski die Macht zu teilen. Und weißt du, was er erreicht hätte? Lubomirski würde seine eigenen Wege gegangen sein. Denn, wenn im Briefe, wie ich bestimmt annehme, Beschwörungen im Namen des Vaterlandes gestanden haben, so hätte der Marschall sofort die Backen aufgeblasen: »Was? Er will mich belehren, wie ich dem Vaterlande dienen soll?« – Ich kenne diese Art Leute. Es ist nur ein Glück, daß der alte Zagloba die Sache in die Hände bekommen hat. Kaum hat er seinen Mund aufgetan, als Lubomirski sich sogar unter fremden Oberbefehl begibt! – Was, versteht Zagloba nicht mit Magnaten umzugehen?«
»Ich gestehe Ihnen, daß ich vor Staunen kein Wort hervorbringen kann.«
»Ich kenne sie, diese Magnaten! Zeig' ihnen eine Krone und den Rand eines Hermelinmantels, und du kannst sie streicheln wie ein Hündchen. Sie werden ihren Rücken noch vor dir krümmen. Dem ehrlichsten von ihnen springen die Augen vor Lüsternheit heraus, und jeder von ihnen ist dabei, wie der selige Wojewod von Wilna, das Vaterland zu verraten. Gebe Gott unserem Könige ein langes Leben, aber im Falle einer Königswahl werde ich eher für mich als für Lubomirski meine Stimme abgeben! Roch Kowalski wird als zweiter für mich stimmen, und Pan Wolodyjowski wird meine sämtlichen Gegner zum Zweikampf fordern. Bei Gott! Dich würde ich sofort zum Kronhetman und Pan Michail an Stelle Sapiehas zum litauischen Hetman machen! Es ist ja natürlich alles nur Unsinn. Die Hauptsache ist, daß ich diesen Lubomirski gefangen und die Strippen in Czarnieckis Hände gelegt habe. Der Baum ist gefällt, und seine Späne werden den Schweden auf die Köpfe fliegen. Und wer hat das alles gemacht? Von einem anderen würden die Geschichtsschreiber Gott weiß was für ein Wesen machen; aber solch ein Glück blüht mir nicht. Ich bin schon zufrieden, wenn Czarniecki den alten Mann nicht ausschilt, daß er den Brief nicht abgegeben hat. – Undank ist der Welt Lohn!«
5. Kapitel.
Pan Czarniecki hatte in der Tat nicht im entferntesten daran zu denken gewagt, daß der Kronmarschall sich seinem Oberbefehle unterstellen würde. Es hätte ihm
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