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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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Die Kriegsvorräte und Zelte schwammen in Böten auf dem Flusse.
    Alle diese Vorsichtsmaßregeln waren auch durchaus nicht überflüssig. Kaum setzte sich das Heer in Bewegung, als die Arrieregarde hinter ihrem Rücken polnische Reiter bemerkte, die ihnen unablässig folgten. Czarniecki hatte alle seine Regimenter und auch die in der Nähe befindlichen »Parteien« gesammelt und folgte den Schweden auf dem Fuße.
    Jan-Kasimir, den der Feldherr um weitere Verstärkung gebeten hatte, schickte ihm zwei prächtige Kavallerie-Regimenter mit der Zusicherung, daß die Hetmans bald mit ihren Truppen ins Feld ziehen würden, und daß er selbst die Beendigung der Unterhandlungen mit dem Chan, Rakoczy und dem römischen Kaiser beschleunigen wolle.
    Czarniecki war über diese Botschaft sehr erfreut, und als die Schweden am folgenden Tage weiter in den Keil eindrangen, der durch die San und Weichsel gebildet wird, äußerte er zu dem Oberst Polanowski:
    »Das Netz ist ausgeworfen, der Fisch geht in die Falle! Möchte nur Pan Marschall Lubomirski mit seinen Truppen herbeieilen!« »Heute sind mehrere Schlachtschitzen eingetroffen,« mischte sich Zagloba ins Gespräch, »die versicherten, daß der Marschall aufgebrochen sei. Es ist nur die Frage, ob er einwilligen wird, sich mit uns zu vereinigen, oder ob er selbständig vorgehen will?«
    »Warum sollte er das?« fragte Czarniecki scharf.
    »Weil dieser Mann eine unerhörte Eigenliebe und Ruhmessucht besitzt.«
    Pan Czarniecki dachte über Zaglobas Worte nach. Er kannte Lubomirskis Stolz und zweifelte nicht daran, daß dieser ihm entweder seinen Willen aufzwingen oder selbstständig operieren würde, wenn es auch der Republik zum Schaden gereichen sollte. Der Pan Kastellan wurde ärgerlich und begann seinen Bart zu streichen.
    »Meine Herren,« begann er endlich, »einer von Ihnen muß zum Pan Lubomirski mit einem Briefe von mir.«
    »Ich kenne ihn und bin bereit, ihm den Brief zu überbringen,« sprach Pan Skrzetuski.
    »Gut, desto bester, wenn der Gesandte ihm bekannt ist.« »Er spricht schon durch die Nase,« flüsterte Zagloba Wolodyjowski ins Ohr, »dann steht es schlimm.«
    In der Tat wurde Pan Czarnieckis Stimme, der nach einem Kugelschuß in den Mund einen silbernen Gaumen trug, in den Augenblicken des Zornes scharf und näselnd.
    Plötzlich wandte der Kastellan sich zu Zagloba um und sagte: »Vielleicht begleiten Sie Pan Skrzetuski?«
    »Gern,« entgegnete Zagloba, »und wenn ich keinen Erfolg habe, so wird keiner etwas ausrichten.«
    Eine halbe Stunde später waren Zagloba und Skrzetuski schon mit dem Briefe unterwegs.
    »Jan,« sagte Zagloba, »tu mir den Gefallen, laß mich allein mit dem Marschall reden. Ich kenne ihn wie meine fünf Finger und werde es schon verstehen, ihn zu nehmen. Nur bitte ich dich, sage nichts von Czarnieckis Brief, den ich mithabe. Erwähne ihn gar nicht, bis ich selbst auf ihn zu sprechen komme.
    »Wieso denn? Wollen Sie, daß ich meinen Instruktionen zuwiderhandeln soll? Um keinen Preis der Welt!«
    »Hast du schon mal gesehen, daß ich mich getäuscht habe? Ich versichere dir, daß dieser Brief eher Schaden als Nutzen anstiften wird. Der Pan Kastellan hat beim Schreiben zwei Federn zerbrochen. Schließlich, sobald du siehst, daß ich mich in meinen Berechnungen getäuscht habe, kannst du ihn ja erwähnen.«
    Pan Skrzetuski mußte widerwillig Zagloba recht geben, und beide Ritter gaben ihren Pferden die Sporen. Bald hatten sie ihr Ziel erreicht; denn der Pan Marschall hatte mit seinen Hauptkräften in Jaroslaw Quartier bezogen, wo noch vor kurzem der schwedische König weilte.
    Pan Lubomirski saß gerade beim Diner, umringt von seinen Offizieren, als unsere Ritter anlangten. Der Marschall ließ die Abgesandten sofort eintreten und fragte freundlich:
    »Steht vor mir der berühmte Ritter, der dem König aus dem belagerten Zbaraz Nachrichten gebracht hat?«
    »Ja, der bin ich,« antwortete Pan Jan.
    »Und ich bin Zagloba,« sagte der alte Ritter, indem er hervortrat und stolze Blicke um sich warf.
    Der Marschall, der stets bestrebt war, alle Herzen für sich zu gewinnen, rief sofort:
    »Wer kennt nicht den Mann, der Burlay besiegt und die Radziwillschen Truppen zur Rebellion angestiftet hat!«
    »Und der dem Pan Sapieha ein ganzes Heer gebracht hat. – Wenn ich die Wahrheit sagen soll, so hat das Heer nicht ihn, sondern mich zum Feldherrn gewählt,« fügte Zagloba hinzu.
    »Und Sie haben freiwillig auf einen so hohen Posten verzichtet und

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