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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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nämlich das Gerücht um von bevorstehenden großen Unruhen im Zusammenhang mit dem Machtkampf zwischen Ammon und dem Gott des Pharao. Wie du weißt, sind die Schenken die ersten, die in Zeiten des Aufruhrs zu leiden haben, indem ihre Läden aufgebrochen, ihre Wirte ausgepeitscht und in den Strom geworfen, die Krüge umgeschmissen und im schlimmsten Fall noch das Haus angezündet wird. Dies geschieht um so sicherer, wenn der Besitzer sich auf der falschen Seite befindet. Der Wirt hier ist ein Mann Ammons, was ein jeder weiß, weshalb er die Farbe nicht mehr wechseln kann. Nachdem er von Ammons Bodenverkäufen vernommen, hat er an diesem Gott zu zweifeln begonnen, und ich habe seine Zweifel natürlich in passender Weise geschürt, obwohl ein Mensch, der die Zukunft fürchtet, ebensogut auf einer Obstschale ausgleiten oder einen Dachziegel auf den Kopf bekommen oder von einem Ochsenschlitten überfahren werden kann. Bedenke, Herr, daß wir den Skarabäus besitzen, der zweifellos nebenbei auch den ›Krokodilschwanz‹ beschützen kann, obwohl er bereits mit der Wahrung all deiner unzähligen Vorteile viel Mühe hat.«
    Nach längerer Überlegung sagte ich schließlich: »Wie dem auch sei, Kaptah, ich muß jedenfalls zugeben: du hast in einem einzigen Tag sehr viel erreicht.« Kaptah wehrte sich jedoch gegen das Lob und meinte: »Du vergißt, Herr, daß wir das Schiff schon gestern verließen. Doch kann ich ruhig behaupten, daß kein Gras unter meinen Füßen gewachsen ist. Wie unglaublich es dir auch erscheinen mag, ich muß gestehen: meine Zunge ist müde, da ein einziger ›Krokodilschwanz‹ sie zum Stottern bringen kann.«
    Wir erhoben uns und nahmen vom Wirt Abschied; Merit begleitete uns zur Tür, wobei die Silberreifen an ihren Handgelenken und Fußristen klirrten. Im Dunkel der Türöffnung legte ich ihr die Hand an die Lenden und fühlte ihre Nähe, sie aber befreite sich entschlossen aus meinem Griff, stieß meine Hand beiseite und sagte: »Deine Berührung könnte mir wohl angenehm sein, aber ich wünsche sie doch nicht, weil der ›Krokodilschwanz‹ zu deutlich aus deinen Händen spricht.« Verblüfft hob ich meine Hände und betrachtete sie: sie erinnerten tatsächlich so lebhaft an Krokodilfüße, daß wir geradenwegs nach Hause gingen, unsere Matten ausbreiteten und in einen tiefen Schlaf versanken.

    7

    So begann mein Leben in dem früheren Haus des Kupferschmieds im Armenviertel von Theben. Wie Kaptah vorausgesagt, bekam ich viele Patienten, verdiente aber nicht viel, sondern verlor weit mehr dabei; denn ich brauchte viele kostbare Arzneien für meine Kranken, und es lohnte sich auch nicht, unterernährte Leute zu heilen, wenn sie nicht genügend Fett und Grütze bekommen konnten, um wieder zu Kräften zu gelangen. Die Geschenke, die ich erhielt, waren nicht wertvoll; aber sie bereiteten mir Freude. Noch größere Freude machte es mir, zu vernehmen, daß die Armen meinen Namen zu segnen begannen. Jeden Abend leuchtete der Himmel vom Widerschein der Lampen aus der Innenstadt rot über Theben; ich aber war von meiner Arbeit erschöpft und dachte abends noch an die Leiden meiner Patienten. Auch Aton, der Gott des Pharao, beschäftigte meine Gedanken.
    Zur Pflege unseres Haushalts stellte Kaptah eine alte Frau an, die mich nicht störte und des Lebens und der Männer in hohem Grad überdrüssig war, was man ihrem Gesicht ansehen konnte. Aber sie kochte gut, war schweigsam und stellte sich nicht auf die Veranda, um die Armen wegen ihres Geruches zu schmähen oder gar mit bösen Worten wegzujagen. Ich gewöhnte mich rasch an sie und beachtete ihre Anwesenheit nicht mehr als diejenige eines Schattens. Sie hieß Muti.
    So verstrich ein Monat nach dem anderen. Die Unruhe in Theben wuchs immer mehr, und von Haremhabs Rückkehr wurde kein Wort laut. Die Sonne versengte die Höfe, das Grau vergilbte, und die heißeste Zeit des Sommers nahte. Zuweilen sehnte ich mich nach Abwechslung, begleitete Kaptah in den »Krokodilschwanz«, scherzte mit Merit und blickte ihr in die Augen, obwohl sie mir noch immer fremd war und das Herz mir dabei weh tat. Aber ich nahm nie mehr von dem starken Getränk zu mir, das der Schenke ihren Namen verliehen hatte, sondern begnügte mich in der heißen Zeit mit kaltem Bier, das nicht berauschend, sondern erquickend wirkte und mich zwischen den kühlen Lehmwänden froh stimmte. Ich lauschte den Gesprächen, welche die Gäste der Weinstube untereinander führten, und merkte bald, daß

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