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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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Es gab einen königlichen Sandalenträger, der sich kaum je allein die Schuhe angezogen, einen königlichen Mundschenk, der nie Trauben gepflückt, einen königlichen Bäcker, der nie Teig kneten gesehen, und ferner gab es einen königlichen Beschneider und andere Beamte, während ich selbst königlicher Schädelbohrer war, ohne daß jemand von mir erwartet hätte, daß ich dem König den Schädel öffne, obwohl ich zum Unterschied von den übrigen Würdenträgern meine Aufgabe hätte ausführen können.
    Alle kamen unter Jubel nach Achetaton und sangen Hymnen zu Atons Ehren. Sie kamen in blumengeschmückten Fahrzeugen und brachten Hofdamen und viele Weinkrüge mit. Sie lagerten in Zelten und unter Sonnendächern am Ufer und aßen und tranken und genossen das Leben; denn die Wasser waren zurückgetreten. Es war Frühling, die Landluft war frisch wie junger Wein, die Vögel zwitscherten in den Bäumen, und allenthalben girrten die Tauben. Zu ihrer Bedienung waren so viele Sklaven und Diener nötig, daß ihr Lager eine ganze Stadt für sich bildete; denn ohne Diener und Sklaven wären sie hilflos gewesen wie Kinder, die eben erst gehen lernen.
    Trotzdem folgten sie tapfer dem Pharao, der ihnen die für die Straßen und Häuser vorgesehenen Plätze zeigte, und Sklaven schützten dabei ihre kostbaren Häupter mit Sonnenschirmen. Auch wurden sie plötzlich von Eifer ergriffen, am Bau ihrer Häuser mitzuwirken, weil der Pharao zuweilen einen Ziegel vom Boden aufhob und ihn an seinen Platz legte. Keuchend trugen sie Ziegel zu den wachsenden Hausmauern und lachten über die Schrammen an den Händen, und die vornehmen Frauen knieten auf dem Boden und kneteten Lehm. Waren sie jung und schön, so taten sie es, um sich der Kleider zu entledigen und nur das Lendentuch anzubehalten, wie es die Frauen des Volkes beim Getreidemahlen taten.
    Aber beim Lehmkneten mußten Sklaven Sonnenschirme über sie halten, damit die Sonne ihre sorgsam gepflegten Glieder nicht bräunen solle, und schon nach kurzer Zeit bekamen sie genug und gingen ihres Wegs, alles in so großer Unordnung hinterlassend, daß die Maurer erbittert über sie fluchten, und die von den vornehmen Händen eingemauerten Ziegel wieder herausrissen. Über die jungen vornehmen Frauen fluchten sie zwar nicht, sondern tätschelten sie gerne hie und da mit lehmbeschmierten Händen, worüber sie erschreckt und erregt laut aufkreischten. Wenn aber alte, häßliche Hofdamen kamen, um sie bei der Arbeit mit Worten zu ermuntern und dabei voller Bewunderung ihre Muskeln befühlten oder ihnen die lehmigen Wangen im Namen Atons streichelten, während sie den Schweißgeruch der Arbeiter gierig einsogen, da fluchten diese wiederum und ließen ihnen Ziegel auf die Füße fallen, um sie zu vertreiben.
    Die Hofleute waren stolz auf ihre Arbeitsleistungen, prahlten damit und zählten einander vor, wie viele Ziegel ein jeder aufgeschichtet hatte, und zeigten dem Pharao ihre schrammigen Hände, um seine Gunst zu erwerben.
    Nachdem sie sich eine Zeitlang mit Bauarbeiten abgegeben hatten, wurden sie dieser Spielerei überdrüssig und begannen, sich mit ihren Gärten zu beschäftigen und wie Kinder in der Erde zu graben. Die Gärtner riefen die Götter um Hilfe an und fluchten über die Höflinge, weil diese unablässig Bäume und Büsche von einem Ort zum anderen versetzen ließen; und die Arbeiter, die die Bewässerungskanäle gruben, nannten sie Söhne des Seth, weil sie jeden Tag neue Plätze ausfindig machten, wo Fischteiche ausgehoben werden sollten. Ich glaube zwar nicht, daß sie mit alledem irgendwelche bösen Absichten hegten; sie begriffen ganz einfach nicht, daß sie den Arbeitern unnütze Mühe verursachten, und bildeten sich im Gegenteil ein, ihnen eine wertvolle Hilfe zu leisten. Und jeden Abend tranken sie Wein und prahlten mit ihrem Tagewerk.
    Binnen kurzem hatten sie aber auch von dieser Spielerei genug und begannen, sich über die Tageshitze zu beklagen; und in ihre Zelte drangen Sandflöhe ein, so daß sie die Nächte hindurch auf ihren Matten stöhnten und am Morgen zu mir kamen, um heilende Salben gegen Flohbisse zu verlangen. Schließlich verfluchten sie das ganze Achetaton; viele reisten auf ihre Landgüter, und andere begaben sich heimlich nach Theben, um sich zu belustigen; die Getreuesten aber saßen im Schatten ihrer Zelte, tranken gekühlten Wein und spielten Würfel miteinander, wobei sie abwechselnd ihr Gold und ihre Kleider und ihren Schmuck gewannen und verloren

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