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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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»Deine Rede klingt in meinen Ohren wie das Geplapper eines Negers; denn ich begreife wahrlich kein Wort davon. Tu also, was du für das Beste hältst. Du weißt ja, daß ich mich völlig auf dich verlasse. Deine Aufstellungen und Abrechnungen habe ich ebenfalls durchgesehen, muß aber zugeben, auch von ihnen herzlich wenig verstanden zu haben; denn sie wimmeln von Zahlen und Ziffern.«
    Kaptah lachte aus vollem Hals, und sein Lachen verlor sich in seinem Bauch, wo es wie unter weichen Kissen klang. Auch Merit lachte, denn sie hatte Wein mit mir getrunken und lehnte sich mit im Nacken verschränkten Händen zurück, damit ich sehen sollte, wie schön ihre Brüste sich immer noch unter dem Gewand wölbten. Lachend sprach Kaptah: »O Sinuhe, mein Herr, ich freue mich mächtig, zu sehen, daß du dir dein kindliches Gemüt bewahrt hast und von den vernünftigen Dingen des Alltags nicht mehr verstehst als ein Schwein von Perlen, wobei ich dich jedoch keineswegs mit einem Schwein vergleichen will, sondern allen Göttern Ägyptens mit deinem Namen Dank und Lob sage, weil sie mich dir gegeben haben! Denn ebensogut hätten sie dir als Diener einen Dieb oder Taugenichts zuweisen können, der dich an den Bettelstab gebracht hätte, während ich dich bereichert habe.«
    Ich machte ihn darauf aufmerksam, daß er diesen Umstand keineswegs den Göttern, sondern meinem Urteilsvermögen zu verdanken habe, da ich ihn für Silber auf dem Sklavenmarkt erstanden hatte, und zwar zu billigem Preis, weil ihm sein eines Auge in einer Schenke ausgestochen worden war. In der Erinnerung an all das ward ich von Rührung befallen und sagte: »Wahrlich, niemals werde ich den Tag vergessen, da ich dich zum erstenmal erblickte, als du mit dem Fußrist an den Sklavenpfahl gebunden standest, den vorübergehenden Frauen schamlose Worte zuriefst und die Männer um Bier anbetteltest. Zweifellos war es klug von mir, dich zu kaufen, obwohl ich es mir anfangs nicht einzureden wagte. Aber ich besaß damals nicht mehr Silber, weil ich noch ein junger Arzt war, und dein ausgestochenes Auge eignete sich übrigens gut für meine Zwecke, wie du dich erinnern willst.«
    Kaptahs Gesicht verfinsterte sich und legte sich in viele Falten, als er meinte: »Ich liebe es nicht, an so alte und unangenehme Dinge erinnert zu werden. Sie sind nicht mit meiner Würde vereinbar.« Alsdann begann er unseren Skarabäus in hohen Tönen zu preisen und sagte: »Du hast klug gehandelt, indem du mir den Skarabäus überließest, damit ich über deine Geschäfte wache. Wahrlich, er hat dich reich gemacht, reicher, als du dir wohl je geträumt hast, wenn auch die Steuereinheber des Pharao wie Fliegen über mich hergefallen sind, und ich zwei syrische Schreiber habe anstellen müssen, die besondere Bücher für die Steuereinhebung führen; denn aus der syrischen Buchführung können nicht einmal Seth und alle seine Teufel klug werden. Wenn übrigens von Seth die Rede ist, entsinne ich mich unseres alten Freundes Haremhab, dem ich auf deine Rechnung Gold geliehen habe, wie du wohl weißt. Aber ich wollte ja eigentlich nicht von ihm sprechen, obwohl meine Gedanken wie losgelassene Vögel in den Lüften herumkreisen vor Freude, dein unschuldsvolles Gesicht wiederzusehen, und vielleicht auch vor Freude über den Wein, den ich auf die Rechnung der Geschäftsunkosten setzen werde. Trinke daher, Herr, trinke so viel dein Magen verträgt! Einen solchen Wein wirst du kaum immer im Keller des Pharao finden. Jawohl, über deinen Reichtum wollte ich mit dir sprechen, wenn du auch nicht viel davon verstehst. So viel aber kann ich dir sagen, daß du durch mich reicher als viele Edelleute Ägyptens geworden bist. Zwar sind deine Reichtümer gleicher Art wie die der Vornehmsten; denn nicht der ist wirklich reich, der Gold besitzt, sondern derjenige, der Häuser, Lager, Schiffe, Landungsbrücken, Rinder, Grundstücke, Obstbäume und Sklaven sein eigen nennt. Das alles besitzest du, obwohl du es wahrscheinlich selbst nicht weißt, weil ich gezwungen gewesen bin, eine Menge davon auf die Namen unserer Diener, Schreiber und Sklaven überschreiben zu lassen, um die Steuereinheber zu täuschen. Die Steuern des Pharao treffen nämlich die Reichen schwer, und sie müssen mehr als die Armen zahlen. Wenn ein Armer dem Pharao ein Fünftel seines Getreidemaßes geben muß, so muß der Reiche diesen verfluchten Eintreibern ein Drittel, ja sogar die Hälfte seines Getreidemaßes abliefern und hat sie doch immer

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