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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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Seth und allen Teufeln! Ich hätte nicht geglaubt, daß die Priester der Sekhmet immer noch Menschen opfern. Aber nachdem die Tore des Sekhmettempels mindestens vierzig Jahre geschlossen gewesen, ist ihnen die Wiedereröffnung zweifellos zu Kopf gestiegen. Ich fragte mich auch, weshalb sie wohl gefangene Hetiter und Syrier für die Festzeremonien verlangten, tat ihnen aber den Gefallen.«
    Seine Worte flößten mir ein solches Entsetzen ein, daß mir die Knie vor Schwäche zitterten, während er gleichgültig erklärte: »Hätte ich es geahnt, ich würde es kaum erlaubt haben. Du kannst mir glauben, Sinuhe, daß ich sehr erstaunt war, als man mir vor dem Altar ein blutiges, noch warmes Menschenherz in die Hand legte. Deshalb will ich mir rasch die Hände waschen. Wenn aber Sekhmets Waffengunst durch dieses Opfer gewonnen wird, so hat es sich doch gelohnt. Denn, wahrlich, ich brauche jede Hilfe, die ich bekommen kann, und mehr noch, obwohl einige hartgeschmiedete Speerspitzen vielleicht wertvoller wären als der Segen Sekhmets. Aber geben wir den Priestern, was den Priestern gebührt, damit wir vor ihnen Ruhe haben!«
    Er begann wieder mit seiner vor dem Volk gehaltenen Rede zu prahlen und hoffte wohl, auch ich werde seine Beredsamkeit loben. Ich erklärte ihm aber, daß die Ansprache, die er einst in Jerusalem an seine Soldaten gerichtet, mir besser als die heutige gefallen habe. Haremhab fühlte sich sehr beleidigt und sagte: »Es sind zwei ganz verschiedene Dinge, zum Volk oder zu den Soldaten zu sprechen! Du wirst schon noch Gelegenheit haben, eine meiner offenherzigen Ansprachen an die Soldaten zu hören! Die Rede hingegen, die ich vor dem Tempel der Sekhmet hielt, war auch für künftige Geschlechter bestimmt; denn ich habe allen Grund zur Vermutung, daß sie in Stein geritzt und für alle Zeiten aufbewahrt wird. Deshalb mußte ich mich anders ausdrücken, als wenn ich zu den Soldaten spreche, und meine Rede mit hochtrabenden und schönklingenden Worten schmücken, die dem Volk die Augen blenden und schwarz als weiß erscheinen lassen.«
    »Haremhab«, fragte ich, »gibt es etwas, was dir heilig ist?«
    Er überlegte eine Weile und sprach dann: »Ein großer Feldherr und Herrscher muß alle Begriffe und Wörter heranziehen und wie Waffen in seiner Hand zu nützen verstehen. Ich gebe zu, Sinuhe, daß dies eine schwierige Aufgabe ist, die das Leben schwer und freudlos macht; aber das Gefühl, andere Menschen durch seinen Willen beherrschen und zu großen Taten anfeuern zu können ist vielleicht ein Ersatz für die Freude. In meiner Jugend verließ ich mich auf meinen Speer und meinen Falken. Jetzt verlasse ich mich mehr auf meinen eigenen Willen, in dem, wie ich weiß, mein Schicksal liegt. Aber mein Wille nutzt mich ab wie der Schleifstein das Messer. Deshalb habe ich weder bei Tag noch bei Nacht, weder wach noch schlafend einen Augenblick Ruhe, und wenn ich mich ein wenig erholen will, sehe ich keinen anderen Ausweg, als mich zu betrinken. Als ich jünger war, glaubte ich an Freundschaft und vermeinte auch eine gewisse Frau zu lieben, deren Verachtung und Widerstand mich über alle Maßen reizte; jetzt aber weiß ich, daß mir kein Mensch an und für sich ein Ziel bedeutet: jeder Mensch, sogar jene Frau, ist für mich nur noch Mittel zum Zweck. Ich, Haremhab, bin der Mittelpunkt, von dem alles ausgeht und zu dem alles zurückkehrt. Ich bin Ägypten und das ägyptische Volk. Wenn ich daher Ägypten wieder groß und mächtig mache, mache ich auch mich selbst groß und mächtig. Du wirst verstehen, Sinuhe, daß dies nicht mehr als recht und billig ist.«
    Seine Worte hätten vielleicht einem anderen, der ihn nicht näher kannte, Eindruck machen können. Ich aber hatte ihn schon als großtuerischen Jüngling gekannt und in Hetnetsut seine Eltern gesehen, die, wenn er sie auch zu Vornehmen erhoben hatte, nach Käse und Vieh rochen. Deshalb vermochte ich ihn nicht recht ernst zu nehmen, obwohl er mit seinen Worten offensichtlich bezweckte, wie ein Gott vor mir dazustehen. Aber ich verbarg diese Gedanken vor ihm und begann ihm von der Prinzessin Baketamon zu erzählen, die äußerst beleidigt gewesen, weil sie den ihr im Festzug Tutanchamons angewiesenen Platz nicht ihrer würdig befunden hatte. Haremhab lauschte gierig meinen Worten und schenkte mir Wein ein, um mich zu veranlassen, ihm noch mehr über die Prinessin Baketamon zu berichten. So tranken wir Wein, während wir stromabwärts nach Memphis fuhren und die

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