Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
Vom Netzwerk:
Streitwagen der Hetiter das Untere Reich verheerend durchzogen.

Vierzehntes Buch

DER HEILIGE KRIEG

    1

    Während Haremhab Truppen und Vorräte in Memphis zusammenzog, ließ er die Begüterten Ägyptens zu sich rufen und wandte sich an sie mit den Worten: »Ihr alle seid reiche Leute; ich hingegen bin nur ein Hirtenknabe, der mit Mist zwischen den Zehen geboren wurde. Aber Ammon hat mich gesegnet, und der Pharao hat mir die Führung des Krieges anvertraut. Der Feind, der unser Land bedroht, ist, wie ihr wohl wißt, grausam und fürchterlich. Zu meiner Genugtuung habe ich euch alle mit großen Worten verkünden hören, der Krieg verlange von jedem seine Opfer, weshalb ihr die Getreidemaße für eure Sklaven und für die Bauern verkleinert und alle Warenpreise in ganz Ägypten verteuert habt. Eure Worte und Taten geben mir zu verstehen, daß auch ihr selbst, eurer Stellung gemäß, zu großen Opfern bereit seid. Das freut mich außerordentlich, weil ich beschlossen habe, die nötigen Mittel zur Kriegführung, zur Besoldung der Truppen, zum Bau von Streitwagen und zu manchen anderen Dingen, die ihr nicht verstehen könnt, durch ein Darlehen von euch zu beschaffen. Zu diesem Zwecke habe ich die Steuerlisten durchgesehen. Nicht genug damit: ich habe noch anderweitig Erkundigungen über euch eingeholt und dürfte nun auch Kenntnis von all jenem Besitz haben, den ihr zur Zeit des falschen Pharao den Steuererhebern verheimlicht habt. Heute regiert ein richtiger Pharao im Namen Ammons; daher braucht ihr euer Vermögen nicht mehr zu verbergen, sondern dürft es offen und voll Stolz für den Krieg opfern. Deshalb soll mir jeder von euch unverzüglich die Hälfte seines Besitzes leihen, wobei es mir gleichgültig ist, ob er die Zahlung in Gold oder Silber, in Getreide oder Vieh, in Rossen oder Wagen entrichtet; nur muß es sofort geschehen.« Als die Reichen solches vernahmen, brachen sie in lautes Wehklagen aus, zerrissen sich die Kleider und sagten: »Der falsche Pharao hat uns bereits an den Bettelstab gebracht, und die Erkundigungen, die du über uns eingezogen hast, widersprechen den Tatsachen! Welche Sicherheit aber bietest du uns, wenn wir dir die Hälfte unseres Besitzes leihen, und welchen Zinsfuß versprichst du uns?«
    Haremhab betrachtete sie freundlich und erklärte: »Die Sicherheit, liebe Freunde, liegt im Sieg, den ich mit eurem Beistand möglichst rasch zu erringen gedenke. Denn wenn ich nicht siegen sollte, kämen die Hetiter, um euch alles zu rauben; deshalb dünkt mich die Bürgschaft, die ich euch biete, völlig hinreichend. Den Zinsfuß werde ich mit jedem einzelnen vereinbaren und hoffe, jeden von euch zufriedenstellen zu können. Aber ihr habt zu früh mit dem Klagen begonnen; denn meine Rede war noch nicht zu Ende. Ich verlange also leihweise, nur leihweise, die Hälfte eures Besitzes, liebe Freunde. Nach vier Mondumläufen müßt ihr mir wiederum die Hälfte von dem, was ihr dann noch besitzt, und nach einem Jahr nochmals die Hälfte von dem, was euch übriggeblieben ist, zur Verfügung stellen. Ihr könnt selbst am besten ausrechnen, wieviel ihr dann noch habt; meinerseits bin ich überzeugt, daß es immer noch genügen wird, um eure Kochgeschirre für den Rest eures Lebens zu füllen, und daß ich euch somit keineswegs ausplündere.«
    Da warfen sich ihm die Reichen klagend zu Füßen, weinten jämmerlich, schlugen sich am Boden die Stirn blutig und beteuerten, sie wollten sich lieber den Hetitern ergeben. Haremhab meinte mit gespielter Bestürzung:
    »Wenn dem so ist, werde ich euren Wunsch erfüllen. Doch ich glaube, daß meine Soldaten, die im Krieg ihr Leben aufs Spiel setzen, sehr ergrimmt sein werden, wenn sie vernehmen, daß ihr euch weigert, Opfer zu bringen. Offen gestanden glaube ich beinah, daß meine Soldaten mit Stricken in den Händen schon vor allen Türen warten, um euch zu fesseln, an Bord der Schiffe zu schleppen und eurem Wunsch gemäß den Hetitern auszuliefern. Das tut mir äußerst leid; denn ich verstehe nicht, was euch noch an eurem zurückgelassenen Vermögen, das ich beschlagnahmen werde, freuen kann, wenn ihr mit ausgestochenen Augen die Mühlen der Hetiter drehen müßt. Aber da ihr dies wünscht, werde ich es den Soldaten mitteilen.«
    Als die Reichen das vernahmen, stießen sie laute Angstschreie aus, schlangen ihm die Arme um die Knie und gingen, indem sie ihn bitterlich verfluchten, auf alles ein, was er verlangte. Er aber tröstete sie mit den Worten:
    »Ich ließ

Weitere Kostenlose Bücher